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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mir Ihre Karten ansehe? Ich glaube, ich weiß jetzt, wo mein Volk lebt.«
    Als sie näher herantrat, zog er ihr hastig die Karten weg.
    »Entschuldige, sie sind vertraulich.« Ying hatte auf einer den Palmer River markiert.
    »Ich möchte mir nur die Küste ansehen«, meinte sie. »Da ist doch nichts dabei.«
    »Komm später wieder, ich habe gerade zu tun.«
    Doch Diamond blieb reglos vor ihm stehen. »Mr. Chin, es ist für mich von größter Wichtigkeit. Ich brauche Ihre Hilfe. Wenn ich die Karten nicht anschauen darf, dann sehen Sie doch bitte selbst nach, wo der Endeavour River liegt. Mehr will ich gar nicht wissen.«
    »Warum eigentlich?« fragte er verblüfft.
    »Weil dort die Irukandji leben.«
    »Tatsächlich?« Er setzte sich an den Tisch. Wo der Endeavour River war, wußte er sehr wohl. Genau dort wollte er auf seinem Weg zum Palmer vor Anker gehen. Er suchte eine Karte heraus, in die er nichts eingetragen hatte, und gab vor, sie zu studieren. »Ah, da haben wir ihn.«
    Diamond lief um den Tisch herum und starrte auf die Karte. Inzwischen war sie eine Schönheit geworden; sie versteckte das Haar nicht mehr unter einem Turban, und die feinen Löckchen, die Fan Su ihr gelegt hatte, umrahmten anmutig das Gesicht. Das lange Haar am Hinterkopf war zusammengebunden und hochgesteckt. Tatsächlich ein entzückender Anblick.
    »Da ist er!« rief sie und fiel ihm vor Freude um den Hals.
    »Ich muß doch sehr bitten«, tadelte Ying und machte sich von ihr los.
    »Verzeihen Sie, Mr. Ying, aber ich bin so froh. Jetzt weiß ich, wohin ich gehen muß.«
    »Es ist aber ein ziemlich rauhes Land«, gab er ihr zu bedenken, »und kaum erforscht. Wenn du dein Volk gefunden hast, was dann? Sprichst du denn ihre Sprache?«
    »An ein paar Worte erinnere ich mich noch, und der Rest fällt mir dann ganz bestimmt wieder ein.«
    Ying nickte. Wenn sie recht hatte und der Ankerplatz tatsächlich im Gebiet der Irukandji lag, war es von unschätzbarem Vorteil, von einem Stammesmitglied begleitet zu werden, das ihre Sprache beherrschte und Führer beschaffen konnte. »Ich reise morgen nach Townsville«, murmelte er. »Wenn du mich begleiten willst, bitte sehr.«
     
    Fan Su schloß die Tür auf und bat Lew Cavour herein. Dieser sah sich erstaunt in der Eingangshalle um, wo sich elegant gekleidete Herren in Plüschsesseln und auf Sofas räkelten und von einem hübschen chinesischen Mädchen Getränke und Zigarren reichen ließen. »Wünschen Sie Sekt, Sir?« fragte Fan Su. »Oder vielleicht Whisky?«
    »Nein, danke«, erwiderte Lew und mußte ein Lachen unterdrücken. »Mr. Chin erwartet mich.« Er hätte nicht im Traum daran gedacht, daß Ying in einem Bordell wohnte – oder, was wohl eher zutraf, eines besaß. Von diesem vornehmen, namenlosen Haus, das immer nur »das Bordell des Chinesen« genannt wurde, hatte er schon gehört. Dann war also Chin Ying dieser Chinese! Der Bursche war doch immer für eine Überraschung gut …
    Er öffnete die Tür zu Yings Räumen und fragte sich, wozu der Wandschirm da war. Um das Gefühl von Privatheit zu vermitteln, oder wegen des Aberglaubens, daß das Böse sich immer auf einer geraden Linie fortbewegte, woran es durch den Wandschirm gehindert wurde?
    »Ah, Lew! Sehr gut. Ich habe schon befürchtet, du würdest dich verspäten.« Ying schien sich nicht lange mit Begrüßungsfloskeln aufhalten zu wollen. »Ich habe wunderbare Neuigkeiten für dich.«
    »Sag mal, ist das dein Haus? Du hast mir nie davon erzählt.«
    »Warum auch? Das ist doch unwesentlich. Ich betrachte es lediglich als einen Ort, wo ich vor Gesindel sicher bin.«
    »Und verdienst gleichzeitig noch ein bißchen dazu«, ergänzte Lew lachend. »Soll ziemlich teuer sein, wie man so hört.«
    »Selbstverständlich.« Mit einer wegwerfenden Handbewegung tat Ying das Thema ab. »Möchtest du etwas trinken? Ich habe feinsten schottischen Whisky.«
    »Da sage ich nicht nein. Durch das Gebräu, das man auf den Goldfeldern bekommt, sind meine Geschmacksnerven schon fast abgestorben.« Er sah sich um. »Du hast ja gepackt und schon alles reisefertig. Wir müssen uns also sputen?«
    Zu Lews Erstaunen schenkte Ying selbst die Drinks ein. Was war aus dem chinesischen Edelmann geworden, der sonst jeden Handgriff von seinen Dienern ausführen ließ?
    »Ich habe schon ungeduldig auf deine Ankunft gewartet«, sagte Ying. »Komm her und sieh dir diese Karten an. Wie ich erwartet habe, hat Mulligan tatsächlich

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