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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Zurück im Lager stürmte er sofort in Yings Zelt. »Du hast es gewußt!« schrie er. »Verdammt noch mal, du hast es genau gewußt! Den beiden anderen armen Teufeln ist dasselbe widerfahren, nicht wahr? Und du sitzt nur faul auf deinem Hintern und unternimmst nichts!«
    »Was kann ich denn schon tun? Soll ich den anderen sagen, was wirklich geschehen ist? Willst du sie vollkommen verrückt machen? Trink einen Whisky, er wird dich beruhigen. Es sei denn, du willst dein Mitgefühl auf die Art zeigen, daß du den sowieso schon zu Tode verängstigten Kulis die Wahrheit erzählst.«
    Mit zitternden Händen nahm Lew die Tasse mit Whisky und trank sie in einem Zug aus. »Du hättest mich einweihen sollen«, murmelte er erschöpft.
    »Durch mein Schweigen habe ich dir nur einen Gefallen getan. Seit dem ersten Zwischenfall hat Yuang Pan die Nachhut bewacht, aber er mußte nach vorne kommen, als zwei Trägern der Korb zerbrochen war.«
    Lew goß noch einen Whisky hinunter und fühlte sich immer elender. Wenn Yuang Pan dabeigewesen wäre, hätte er die beiden armen Teufel vielleicht retten können.
    »Das war ein Glück«, fuhr Ying fort. »Der geheimnisvolle Feind schleicht sich so leise heran, daß er auch Yuang Pan hätte töten können. Das wäre sehr unangenehm für mich gewesen.«
    »O mein Gott!« seufzte Lew und füllte die Tasse erneut. Warum hatte er sich nur auf diesen Alptraum eingelassen? Zwei Führer, deren Ansichten meilenweit auseinanderlagen, wenn es um Leben und Tod ging, und die in dieser grünen Hölle herumirrten. Der Whisky schwappte über, und die Tasse entglitt seiner Hand …
    »Legt ihn auf sein Bett«, hörte er Ying wie durch dichten Nebel sagen, und während ihm schwarz vor Augen wurde, schoß ihm noch durch den Kopf, daß der Chinese irgend etwas in den Whisky getan haben mußte.

4
    M it der Zeit verlor Luka die Scheu vor ihrer Tochter. Schließlich erlaubte sie sogar, daß Kagari sie berührte, ihre Hand nahm und ihr mit leiser Stimme von der Vergangenheit erzählte. Allerdings weigerte sie sich, Kagari zu glauben, als diese von ihrem Verschwinden berichtete. Wenn sich die anderen Frauen neugierig um Luka scharten, prahlte sie mit ihrer Tochter, die aus der Traumzeit zurückgekehrt war. War nicht ihr Vater ein Mann mit großen Zauberkräften gewesen?
    Inzwischen wußte Kagari, daß es ein nahezu unverzeihlicher Fehler gewesen war, als sie den Namen ihres Vaters laut ausgesprochen hatte. Niemand erwähnte die Namen der Toten. Das hätte sie wissen müssen, denn dieses Gesetz galt auch bei anderen Stämmen, die sie kennengelernt hatte. Was war sie nur für eine Närrin! Kein Wunder, daß Tajatella sie geschlagen hatte. Ein uraltes Volk, das an den Sitten seiner Vorfahren festhielt. Kagari fühlte sich gleichzeitig zu ihnen hingezogen und abgestoßen, und sie fragte sich, ob sich die Aborigines in Brisbane oder auf Caravale an Stämme wie diesen erinnerten. Obwohl die Weißen schon vor hundert Jahren in dieses Land gekommen waren, hatten die wilden Stämme im Norden keinerlei Vorstellung von der Kultur der Europäer. Sie wußten nur, daß die Weißen ihnen ihr Land wegnahmen, und das machte sie zornig. Aufgeregt unterhielten sich die Frauen über den Krieg, den ersten seit vielen Generationen. Sie mischten die Farben, sammelten besondere Nahrung für die Krieger und riefen sich die legendären Kriegsgesänge wieder ins Gedächtnis. In dieser wichtigen Zeit im Leben des Stammes sorgte Kagaris Erscheinen nur kurze Zeit für Aufsehen. Da sie schweigsam neben Luka und Meebal in der Höhle hockte und lieber zuhörte als sprach, achtete bald niemand mehr auf sie.
    In der riesigen, verrauchten Höhle lebten viele Menschen, von denen die meisten mit Luka verwandt oder befreundet waren oder zum selben Totem gehörten. Luka war nun wieder verheiratet – mit einem Greis, den sie mit zwei anderen Frauen teilen mußte. Da er zu alt war, um noch selbst auf die Jagd zu gehen, war es ihre Aufgabe, ihn mit Nahrung zu versorgen. Zuerst hatte Kagari geglaubt, an der rauchgeschwängerten Luft ersticken zu müssen, aber schließlich gewöhnte sie sich an den Gestank nach verbranntem Fell, der daher rührte, daß man Beutetiere ungehäutet im Feuer röstete. Endlich hatte sie das gefunden, wonach sie sich jahrelang gesehnt hatte. Und doch wußte sie, daß sie hier nicht bleiben konnte. Die Stammesangehörigen waren stolz auf ihre kräftigen Körper, die sie unbekleidet zur Schau stellten, und die alten Frauen

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