Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
schüttelten mißbilligend die Köpfe über die jungen Leute. Es berührte Kagari unangenehm, daß Luka ständig die weiblichen Reize ihrer Tochter anpries. Man hatte ihr die Baumwollunterwäsche weggenommen, aber nach einiger Zeit fand sie die Sachen wieder und wusch sie zur großen Erheiterung von Lukas Freunden in der Quelle.
    Alles erschien ihr wie ein seltsamer Traum, in dem die Zeit stillzustehen schien, und sie ließ sich treiben. Luka wurde besitzergreifender. Jedesmal, wenn sie Kagari ansah, strahlte sie vor Freude, und diese wußte, daß es richtig gewesen war heimzukehren.
    Sie bürstete Lukas Haar, rieb ihr die rauhe Haut mit Kokosöl ein und saß im Schneidersitz bei ihr. Zusammen schuppten sie Fische, zerstießen Wurzeln zu feinem Mehl und lasen die Nüsse und Beeren aus, die sie auf ihren täglichen Streifzügen gesammelt hatten. So versuchte Kagari nach besten Kräften, ihrer Mutter eine Freude zu machen.
    Kagari haßte die Höhle, doch tagsüber, wenn sie fernab der Kriegspfade den Wald erkundete, genoß sie das Leben in vollen Zügen. Freunde begleiteten sie, und wenn sie auf ihren Wanderungen anderen Eingeborenen begegneten, wurde Kagari willkommen geheißen wie ein neugeborenes Kind. Überall tollten die gut genährten Kinder ausgelassen herum. Die Familien hüteten sie wie ihren Augapfel, und niemals wurden sie geschlagen, ganz gleich wie frech und ungezogen sie auch sein mochten. Bis zum Eintritt der Geschlechtsreife wurden sie von der rauhen Wirklichkeit ferngehalten. Nun wurde Kagari klar, warum sie so erschüttert gewesen war, als die Haushälterin im Haus des Gouverneurs sie geohrfeigt hatte. Doch das war jetzt nicht mehr so wichtig. Die Haushälterin hatte einen Fehler gemacht, und nun war sie tot. Kagan überlegte, ob sie ihrer Mutter davon erzählen sollte, aber diese würde es wohl nicht verstehen. Überhaupt verstanden Luka und Meebal nichts von dem, was Kagari ihnen von der Welt der Weißen erzählte. Also sagte sie einfach, daß sie aus der Traumzeit kam. Allerdings sang sie Meebal die Lieder der Weißen vor, die Mrs. Beckmann ihr beigebracht hatte und die man in Perfys Haus in Bowen mit Klavierbegleitung gesungen hatte. Wie verzaubert lauschte er, und sein Gesicht verklärte sich. Er glaubte, Musik aus der Traumzeit zu hören, in die er eines Tages eingehen würde, weil er sich trotz seiner Blindheit in der Stammesgemeinschaft bewährt hatte.
    »Immer hatte ich Angst vor dem Tod«, gestand er ihr, »weil es für einen Blinden so schwer ist, sich seinen Platz zu verdienen. Ich tauge nicht zum Krieger, nicht einmal zum Kundschafter, und keine Frau will mich. Ich lebe bei den Frauen. Was sollten die Geister mit einem nutzlosen Menschen wie mir anfangen? Aber nun, da ich dich singen höre, Schwester, weiß ich, daß du für mich ein gutes Wort eingelegt hast. Sag mir die Wahrheit, gibt es für mich einen Platz in der Traumzeit?«
    Kagari traten die Tränen in die Augen, doch ihre Stimme blieb fest. »Du wirst sogar einen Ehrenplatz bekommen«, antwortete sie, »denn du hast viel gelitten und dir dein gutes Herz bewahrt. Wir brauchen Menschen, die die wundersame Musik um uns herum hören und das erkennen, was sehende Menschen oft nicht bemerken. Du allein hast meine Stimme wiedererkannt. Die Geister der Traumzeit lieben dich sehr.«
    Fast hörte Kagari Mrs. Beckmann sprechen. Wie oft hatte die gute Frau gesagt, Schwierigkeiten seien nur dazu da, uns zu prüfen! Aber das spielte jetzt keine Rolle. Meebal umarmte sie; er würde in Frieden sterben, wenn seine Zeit gekommen war.
    Eines Tages führte Luka ihre Tochter zur Spitze der Hügelkette, von der aus sie, Herrschern gleich, weit über das umliegende Land blicken konnten. Die Landschaft ähnelte der rauhen, häßlichen Gegend um Townsville, wo es nur Bäume, Termitenhügel und hüfthohes Speergras gab.
    »Da unten«, Luka spuckte verächtlich aus, »leben die Merkin. Sie sind böse. Aber auch sie kämpfen nun gegen die Weißen. Die Weißen sind schmutzig«, fuhr sie fort. »Sie lassen ihren Kot offen herumliegen und graben ihn nicht ein.« Dann lachte sie. »Sie sind leicht aufzuspüren, nicht wahr? Man muß nur dem Gestank nachgehen!«
    Kagari und sie saßen auf einem hohen, vorspringenden Granitfelsen.
    »Luka, weißt du, warum die Weißen hierher gekommen sind?«
    »O ja«, erwiderte Luka von oben herab. »Sie wollen uns die Nahrung wegnehmen und unsere Frauen stehlen. Jeder weiß, daß die Irukandji-Frauen die besten Kinder der

Weitere Kostenlose Bücher