Sonnenfeuer
Arbeit, denn meine Angestellten haben sich alle zu den Goldfeldern aufgemacht. Können Sie am Montag wiederkommen?«
Darcy schüttelte den Kopf. »Morgen fährt ein Schiff nach Bowen, und das soll die ganze Bestellung mitnehmen. Je eher die Sachen unterwegs sind, desto früher kommen sie auf der Farm an. Ich habe sogar schon einen Mann mit einem Pferdegespann nach Bowen geschickt, der auf die Lieferung wartet.«
»Ach so. Gut, dann mache ich alles fertig. Kommen Sie morgen früh vorbei, wir gehen die Lieferung durch und kümmern uns um das, was Sie sonst noch brauchen. Ich habe viele neue Waren auf Lager, die Ihrer Mutter sicher gefallen würden, und die können wir uns dann in aller Ruhe ansehen.«
»Aber morgen ist Sonntag.«
»Um so besser, dann stört uns niemand. Ich kann meine Kunden vom Lande doch nicht im Stich lassen!«
»Das ist nett von Ihnen, Mr. Campbell.«
»Nicht der Rede wert. Aber was ist mit Ihnen, Darcy? Immer noch keine Frau gefunden?«
»Wenn ich eine Frau hätte, dann würde sie einkaufen und nicht ich.« Darcy lachte. »Wir sehen uns also morgen früh.«
In Gingers Club, dem Treffpunkt der Viehzüchtervereinigung, begegneten sie alten Freunden und schlossen neue Bekanntschaften. Am Nachmittag sahen sie sich die Pferderennen an und genossen den Tag in vollen Zügen.
Am kommenden Morgen erwachte Darcy wieder mit dem Gefühl, als sei sein Schädel unter die Hufe einer Rinderherde geraten. Dann stöhnte er auf – Jock Campbell! Er mußte in den Laden gehen und die Lieferung für Caravale überprüfen. Am vernünftigsten wäre es wohl, wenn er gleich aufs Schiff gehen und zusammen mit den Waren nach Bowen segeln würde. Denn erholen würde er sich wohl kaum, wenn er jeden Morgen mit einem Kater aufwachte.
2
H ester Campbell stürzte ins Eßzimmer, wo ihre Tochter Amy damit beschäftigt war, den Tisch zu decken. »Ist das Silber auch geputzt? Zieh noch einmal das Tischtuch glatt und stell die Lilien in die Mitte. Mein Gott, Mädchen, was machst du denn da? Die Suppenlöffel gehören nach außen, wie oft soll ich dir das noch sagen? Was hat dein Vater sich bloß dabei gedacht, in der letzten Minute noch einen Gast zum Essen einzuladen! Was soll der nur von uns denken? Wenn ich das früher gewußt hätte, hätte ich ein anständiges Sonntagsessen vorbereitet. Aber wo wir nun gerade erst aus der Kirche zurückgekommen sind, kann ich es auch nicht mehr ändern. Jock meint ja, es würde Mr. Buchanan nichts ausmachen, wenn wir nur kalte Platten anbieten. Hol noch ein paar Tomaten. Nein, ich schneide diese hier ein wenig dünner; kümmere du dich um die Zwiebeln. Und sag deinem Bruder, ihr beide dürft nichts vom Schweinefleisch nehmen. Es reicht gerade für die Männer. Diese Viehzüchter sind sicher an ein üppiges Sonntagsessen und an Dienstmädchen gewöhnt. Ob er wohl Wein zum Essen trinkt? Oh, mein Gott, der Kuchen verbrennt …«
Der Redeschwall ihrer Mutter regte Amy auf. Auch ihr tat es leid, daß sie Darcy Buchanan nicht mit einem richtigen warmen Essen beeindrucken konnten, aber wenigstens kam er als Gast in ihr Haus. Amy hatte ihn, seinen Bruder und Ginger Butterfield im Laden beobachtet. Auch Ginger war ein wohlhabender Junggeselle und galt als gute Partie, aber Darcy sah besser aus. Er war stattlicher und vor allem männlicher als seine beiden Begleiter. Wie gut, daß Dad die Geistesgegenwart besessen hatte, Darcy einzuladen. So bekam sie endlich einmal die Gelegenheit, einen feinen Herrn kennenzulernen. Einen reichen noch dazu.
Amy half im Laden ihres Vaters aus, seit sie denken konnte. Eine Zeitlang hatte sie sich um andere Stellen beworben, aber nichts Anständiges finden können. Sie kannte natürlich alle Kunden, besonders die Farmer. Besser gesagt, sie hatte von ihnen gehört, denn die meisten kamen nur selten in die Stadt und sandten lediglich Listen mit Bestellungen. Die Caravale-Farm führten sie seit vielen Jahren in ihren Büchern, und immer hatten die Buchanans pünktlich gezahlt. Amy wußte, daß viele der Viehzüchter wie Könige lebten und auch erwarteten, so behandelt zu werden, besonders wenn es um offene Rechnungen ging. »In schlechten Zeiten können sie nicht zahlen, und in guten wollen sie nicht«, pflegte ihr Vater zu sagen. Aus diesem Grunde war er dazu übergegangen, eine zweite Lieferung immer erst dann loszuschicken, wenn die erste bezahlt worden war. Wechselten die Kunden daraufhin zu einem anderen Händler, lachte er nur. »Soll der sich mit ihnen
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