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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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halten. Der Platz am Braunen Flügel war ein scheußliches Viertel, es lag zwischen den Kanalisationsmauern und dem Gefängnis. Dort hausten die niedrigsten Bürger, die nur einen Rang über den Dienern standen. »Deine Schwester wird Konkubine, deine Brüder werden ein Bauerndasein fristen und in den Kornkammern arbeiten.«
    Die dünnen Lippen des Fürsten Cheong verzogen sich zu einem Grinsen. »Kornkammern. Wie passend.« Er kicherte, und mit ihm kicherte der ganze Hof. Dann nickte er dem Hofkanzler zu, der daraufhin vortrat.
    »Die Versammlung des Hofes ist beendet.«
    Ying machte Anstalten aufzustehen, doch der Schatzmeister schüttelte den Kopf. »Bleib sitzen.«
    Der Thronsaal leerte sich rasch. Der vor Angst zitternde Chin Ying saß allein seinem Herrn gegenüber, nur der Hofkanzler und der Schatzmeister waren noch da, um seinen Urteilsspruch zu hören. Jeder kannte die Gerüchte von den Folterkammern, in denen es qualvollere Todesarten gab als die öffentliche Hinrichtung durch Enthauptung. War ihm ein so grauenvolles, schreckliches Schicksal bestimmt, daß die vornehmen Höflinge es nicht hören durften, weil sie sich darüber entsetzen würden? Da sprach Fürst Cheong: »Wie willst du die Gelder zurückzahlen und Wiedergutmachung leisten für die abscheulichen Verbrechen deines Vaters?«
    Ying antwortete mit schwacher, zittriger Stimme: »Majestät, im Augenblick weiß ich es noch nicht. All dies kommt sehr überraschend für mich, doch ich werde sicher einen Weg finden.«
    »Wir glauben, daß du dir etwas vormachst, du nichtsnutziger Schweineschwanz. Ohne Unsere Führung wird es dir nie gelingen, den Schaden wiedergutzumachen.«
    »Ich will mich gern von Euch führen lassen, Majestät, glaubt mir.«
    »Unter Unserer Führung bekommst du vielleicht die Gelegenheit, deine Mutter und deine Frau wieder in einen höheren Stand zu erheben, und deine Brüder könnten gemeine Soldaten werden.«
    »Vielen Dank, Majestät. Und meine Wenigkeit?«
    »Deine Zukunft hängt von deinen Leistungen ab«, erwiderte der Fürst.
    Was immer es bedeutete, dachte Ying, es klang zumindest so, als würde sein Kopf auf den Schultern bleiben. Er haßte diesen Mann. »Eure Majestät, Ihr seid unendlich weise.«
    »Und du bist jung und kräftig«, sagte Cheong. »Du wirst in die Welt hinausziehen und mit Gold zurückkommen. Nicht nur mit einer Handvoll, sondern mit prall gefüllten Truhen. Was deine Familie betrifft, werden wir einen Vertrag abschließen, den du innerhalb einer gewissen Frist erfüllen mußt.«
    Ying blickte verwirrt um sich. War Cheong verrückt, oder wollte er ihn nur quälen? »Majestät, ich würde gerne Eurem Befehl gehorchen, doch wo finde ich solche Reichtümer?«
    »Siehst du«, entgegnete Cheong, »schon jetzt brauchst du Unsere Führung. Es gibt dieses Gold, und du wirst es Uns bringen.« Ja, dachte Ying bitter. Es gingen Gerüchte um, daß die wilden Mongolen weit weg, jenseits der Grenzen, Gold besaßen. Aber was erwartete der Fürst von ihm? Sollte er etwa in das Land der Barbaren eindringen und ihnen das Gold aus den Zelten stehlen? »Weg mit ihm«, sagte Cheong plötzlich, und unter zahlreichen Verbeugungen ging Ying in Begleitung des Schatzmeisters rückwärts hinaus.
    Ying bekam weder Gelegenheit, seine Familie aufzusuchen, noch hatte er Zeit, sich über das ganze Ausmaß seines Unglücks bewußt zu werden oder sich mit Freunden zu beraten. Man brachte ihn zur Bibliothek des Lehrers Wang-tse.
    Eigentlich war er der Hauslehrer der Familie des Fürsten Cheong, aber da es deren Mitgliedern sowohl an der nötigen Klugheit als auch am Wissensdurst gebrach, konnte sich Wang-tse ungestört seinen Studien, insbesondere der Naturwissenschaft, widmen.
    Als sie mit dem Lehrer Tee tranken, lüftete der Schatzmeister endlich das Geheimnis. »Du wirst hier bei Wang-tse bleiben, bis du dir ausreichende Kenntnisse in drei wichtigen Fächern angeeignet hast – in Geographie, Geologie, und was war das dritte?«
    »Metallurgie«, seufzte Wang, der offensichtlich von dem neuen Schüler, den man ihm zugewiesen hatte, nicht sehr begeistert war.
    »Dein ehrenwerter Lehrer wird dir zeigen, wo man Gold findet«, fuhr der Schatzmeister fort, »und er wird dir alles erklären, was du darüber wissen mußt, einschließlich der Art und Weise der Gewinnung. Ist das richtig?«
    »Das ist richtig«, bestätigte Wang-tse.
    »Vergeude keine Zeit«, warnte der Schatzmeister. »Du wirst in Wang-tses Obhut bleiben, bis ich nach dir

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