Sonnenfinsternis: Kriminalroman
einen guten Teil des Morgens damit, Minas Schnittsoftware auf meinem Laptop zu installie ren und die gestern gemachten fünfzehn Minuten Video zu einem knapp zwei Minuten langen, chronologischen Best of zusammen zu schnip seln. Grubenhauer beim Tanzen. Grubenhauer beim Händchenhalten. Gru ben hauer beim zärtlichen Stelldichein am Seeufer. Ah, Romantik pur. Und das alles mit einem Mann. Einem dunkelhäutigen Mann. Zu letzt baute ich noch ein süffisantes Intro und einen Abspann ein, in wel chem ich Grubenhauers vollen Namen samt Adresse und Arbeitsort ein füg te. Wenn das nicht reichte, dann war der gute Markus wirklich aus einem anderen Holz geschnitzt, als ich dachte.
Um halb elf rief ich bei Grubenhauers Arbeitgeber an und verlangte ihn zu sprechen. Ich wollte sichergehen, dass er da war und nicht ausgerechnet heute blau machte. Aber nein, eine fröhliche Telefonistin mit Innerschweizer Dialekt versicherte mir, sie habe ihn gerade erst im Pausenraum gesehen. Ich legte auf, bevor sie fragen konnte, worum es ging.
Danach machte ich einen Abstecher zumArzt und liess mir endlich die Fäden ziehen. Es tat weh .
Um halb drei Uhr nachmittags bezog ich schliesslich meinen Posten vor Grubenhauers Betrieb in Glattbrugg. Kurz nach halb fünf kam der schmächtige Skinhead in seiner üblichen Kluft zur Tür heraus, setzte sich auf seinen Roller und knatterte los. Der Feierabendverkehr sorgte dafür, dass ich ihn mehr als einmal aus den Augen verlor. Allerdings war bald klar, wohin er wollte , und tatsächlich kamen wir wenige Minuten später bei seinem Wohnsilo an.
Ich parkierte um die Ecke, wartete fünf Minuten und betrat dann das Gebäude durch einen Seiteneingang. In meinem Schulterholster steckte meine P226, verdeckt von einem halblangen schwarzen Filzmantel. Über der Schulter trug ich wieder meinen schwarzen Rucksack. Darin war mein Laptop, auf dessen Fest platte sich mein filmisches Meisterwerk befand. Zur Sicherheit hatte ich den Video clip zusätzlich auf dem USB-Stick i n meiner Hosentasche gespeichert .
Ich kletterte zu Fuss die vier Stockwerke hoch und atmete vor Grubenhauers Wohnung ein paar Mal tief durch, bevor ich klingelte. Durch die Tür drang gedämpfte Rockmusik. Wie immer hielt ich das kleine Guckloch mit einem Finger zu. Nichts passierte. Ich läutete erneut. Dannklopfte ich laut. Auch das fruchtete nicht.Schliesslich hielt ich den Klingelknopf gedrückt und läutete Sturm, bis er nur mit einem Handtuch bekleidet die Tür einen Spalt breit aufriss und verärgert hinaus kläffte: «Was zum Geier soll der Sch…?»
Bevor er ausreden konnte, zwängte ich einen Fuss in die Spalte und rammte meine Schulter hart gegen die Tür. Diese schwang wuchtig auf , so dass ihn die Klinke schmerzhaft an der Seite erwischte . U nwill kür lich machte e r einen Schritt zurück. Sekundenbruchteile später stand ich auch schon in der Wohnung und hielt dem völlig verdatterten, halb nack ten Skinhead meine Waffe an die Stirn. «Umdrehen! Sofort!»
Er reagierte nicht, sondern starrte mich einfach mit offenem Mund an. Sein Körper war schmal , aber drahtig. Das Handtuch war verrutscht, so dass am oberen Rand einige dunkle Schamhaare herausschauten. Die Narbe in seinem Gesicht glühte in einem besonders wütenden Rot und auf seiner Hühnerbrust prangte ein grosses, schon etwas verblichenes Hakenkreuz. Er erinnerte mich an Edward Norton in American History X , nur hässlich und ohne Muskelpakete. Ich fragte mich plötzlich, wie Grubenhauers schwarzer Liebhaber wohl auf die Swastika reagiert hatte. Wahrscheinlich machten sie es nur im Dunkeln.
Ich knallte ihn gegen die Wand, stiess mit dem Fuss die Tür zu und zischte halblaut : «Umdrehen, du Arsch! Sofort !»
Diesmal folgte er der Anweisung und drehte sich wortlos um.
«Hände hinter den Kopf!»
Auch diesen Befehl befolgte er, diesmal ohne Zögern und ohne Murren. Leider verlor sein Handtuch dabei den restlichen Halt und fiel zu Boden. Es war kein schöner Anblick. Er bückte sich, drehte sich halb um, ergriff das Handtuch und band es sich wieder um die Hüften. S eine Augen blitzten .
Ich liess ihm keine Zeit zum Nachdenken. «Und jetzt die Hände wieder hinter den Kopf! Gut so. Mit der Stirn an die Wand lehnen… Beine auseinander… Beine auseinander ! Ja, brav. Und jetzt einen Schritt zurück… Lass die verdammten Hände am Kopf! »
Sobald er auf diese Weise hilflos dastand, steckte ich meine Pistole ins Holster und fesselte seine Hände mit Kabelbindern auf
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