Sonnenfinsternis: Kriminalroman
musterte mich argwöhnisch. «Und wofür brauchst du das?»
«Sorry, Sigi, das kann ich dir nicht sagen.»
«Dann verlangst du zu viel!»
«Ich weiss.»
Nach einem langen Moment des Schweigens sagte sie schliesslich leise: «Es ist gut, dass ich weiss, wie eng du mit Mina befreundet bist. Aber damit das gesagt ist: Ich wäre sehr enttäuscht von dir, wenn der Junge Probleme bekommt, nur weil er schwul ist. Vor allem, weil er immer noch im Schrank steckt.»
Verärgert erwiderte ich: «Du weisst genau, dass es mir scheissegal ist, wen er vögelt. Aber dass er und seine Kumpels vielleicht jemanden umgelegt haben, das ist mir nicht egal.»
Sie seufzte. «Also gut. Weisst du, wir filmen öfters mal im Klub, das fällt also wohl nicht gross auf. Ich sehe, was ich machen kann . » Sie verschwand mit Minas Kamera und kam nach wenigen Minuten zurück. «Hat geklappt», sagte sie und reichte mir den kleinen Camcorder.
«Was genau hat geklappt?», wollte ich wissen.
«Ich hab sie beim Tanzen gefilmt.»
«Irgendetwas Intimes? Küssen, Händchen halten, sowas?»
Sie schüttelte den Kopf. «Ich glaub nicht, nein.»
«Mist!»
«Gern geschehen», sagte sie sarkastisch.
«Sorry», erwiderte ich zerknirscht. « Vielen Dank trotzdem .»
«Keine Ursache. Was willst du jetzt machen?»
«Warten, bis sie gehen. Falls sie zusammen weggehen.»
«Willst du nicht reinkommen?»
«Nein, Grubenhauer kennt mein Gesicht und ich will auf keinen Fall, dass er mich sieht.»
«Okay, wie du meinst. Du würdest sowieso sofort auffallen.»
«Weil ich so männlich bin, meinst du?»
Sie grinste. «Weil du so mies angezogen bist.»
Es war kalt und die Warterei ödete mich langsam aber sicher gewal tig an. Gegen Mitternacht hatte sich bereits eine ordentliche Wut in mir aufgestaut, als ich endlich einen eleganten Mittvierziger mit ebenholzschwarzer Haut aus dem Klub kommen sah. War das vielleicht Jean? Gleich darauf erschien auch Gruben hauer . Mit mir im Schlepptau machten sich d ie beiden zu Fuss auf den Weg .
Die Gässchen des Niederdorfs waren praktisch leer. Die beiden gingen in einer Art verstohlener, linkischer Zweisamkeit nebeneinander her: n icht offen zusam men und doch klar mehr als nur Fr eun de. In besonders dunklen Ecken und Ni schen griff Grubenhauer jeweils verstohlen nach Jeans Hand und liess dann sofort wieder los, wenn die Beleuchtung besser wurde. Das erste Mal verpasste ich, aber beim zweiten und dritten Mal war die Kamera bereit. Sie verfügte über einen vierzig fachen optischen Zoom, und wegen ihres speziellen Nacht pro gramms reichte das Licht völlig aus, um das alle s sauber zu doku men tieren. Ein mal küssten sie sich sogar lange und leiden schaft lich, ver steckt hinter ein paar Bäumen beim Bürkliplatz. Die Kamera war auch da zur Stelle. Die beiden waren so miteinander beschäftigt, dass sie mich wohl nicht einmal bemerkt hätten, wenn ich ihnen die Brieftasche n aus der Hose geklaut hätte. Wäre ich nicht von Gruben hauer und seiner Glatzenschwadron verprügelt worden, hätte ich das Ganze richtig süss gefunden.
Totale, Nahaufnahme . Totale, Nahaufnahme . Einen Oscar würde ich dafür nicht bekommen, aber so gab es keine Möglichkeit für Gruben hauer, sich heraus zu reden.
Irgendwann gingen sie dann weiter, und bald darauf war auch klar, wohin sie wollten: z um Sheraton neben dem Kongresshaus. Ich folgte ihnen bis zum Hotel. Wer weiss, vielleicht konnte ich sie in flagranti filmen. Die Aussicht darauf erfüllte mich zwar nicht gerade mit Entzücken, aber andererseits wäre zwei Männern beim Sex zuzu schauen nicht das Schlimmste gewesen, was ich zur Aufklärung des Falls bisher unternommen hatte.
Eine halbe Stunde später hatte ich genug. Ich wusste noch nicht einmal, in welches Zimmer sie gegangen waren, und so musste mein erster Amateurporno wohl weiter warten. Einiges auf Band hatte ich ja trotzdem.
Ich ging zu Fuss zurück zum Bellevue und nahm mir dort ein Taxi in der Hoffnung, dass Fiona trotz meiner Verspätung immer noch wie versprochen in einem gewagten Negligé auf mich wartete. Aber natürlich schlief sie bereits, als ich endlich bei ihr ankam.
Kapitel 36
Es war Zeit für den Durchbruch im Hasanović-Fall , und Gruben hauer war mein Ticket dafür. Ich musste ihn fertig machen. Und zwar gründ lich.
Erneut war ich bereits um sieben Uhr morgens im Büro. Langsam wurde ich mir selb er unheimlich. Zuallererst musste daher eine grosse Tasse dampfende r Kaffee her. Dann verbrachte ich
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