Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
Vom Netzwerk:
zeigte auf die Mitte der linken Halsseite, gleich neben der Halsschlagader.
    Ich wusste, was eine Punktion war, aber ich fand Gefallen daran, sie zu irritieren, und so unterbrach ich sie ein drittes Mal. «Einen Einstich?»
    Sie verdrehte die Augen. «Genau, einen Einstich. Aber nicht von einem Mes ser, eher von einer grossen Spritze. So was wie die alten Tetanusspritzen, die man früher verwendet hat. Allerdings hätte man damit natürlich nicht in den Bereich der Carotis gestochen.»
    Mit meinem besten Pokergesicht hakte ich erneut nach: «Sie meinen die Hals schlag ader?»
    Ihr Tonfall war nun deutlich gereizt. «Genau!»
    Ein Einstich also . Der toxikologische Bericht nahm plötzlich eine ganz neue Bedeutung an. Wenn dem Verstorbenen etwas injiziert worden war, müsste dieser Bericht die entsprechenden Antworten enthalten. Sofern sich noch etwas nachweisen liess nach den zehn Tagen, die er im Wasser verbracht hatte. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, ob dies der Fall war, aber ich sah keinen Grund, der dagegen sprach. Aber weshalb ausgerechnet in den Hals? Und wieso war nicht einfach eine handelsübliche dünne Spritze verwendet worden? Deren Einstich wäre bedeutend schwieriger zu finden gewesen.
    Doktor Vetach wollte es nun offensichtlich schnell hinter sich bringen. «Die innere Untersuchung zeigt Verletzungen insbesondere der Nieren sowie einen Riss in der Leber und ist somit kongruent mit der äusseren Untersuchung.»
    «Ist er daran gestorben?» Ich wusste, dass solche Verletzungen mit hohem Blutverlust verbunden waren.
    Sie lächelte mich an wie Hugo Egon Balder seine Promikandidaten in Genial daneben . E s lächelt sich halt einfacher, wenn man die Antworten schon im Voraus kennt. Dann antwortete sie: «Nein, obwohl auch diese Verletzungen unbehandelt innert kurzer Zeit zum Tod geführt hätten.»
    Meine Geduld neigte sich langsam dem Ende zu. «Also, woran ist er denn nun gestorben? Ist er ertrunken ?»
    «Nein. Auch das wäre natürlich möglich gewesen, vor allem wenn man be denkt, wo und wie er gefunden wurde. Aber nein… E r ist an akutem Versagen des Atemzentrums verstorben.»
    Ich war perplex. «Sie meinen, er ist erstickt?»
    «Ja, genau.»
    «Erwürgt?»
    «Nein, das Zungenbein ist weder gestaucht noch gebrochen. Also wahr schein lich keine Strangulation.»
    «Wie kann er also erstickt sein? Haben sie ihm die Nase zugehalten, nachdem sie ihm den Mund zugenäht hatten?»
    Sie schaute mich nun mit unverhohlenem Missfallen an. «Ich glaube nicht, dass die Angelegenheit zum Scherzen ist. Und nein, in Zusammenhang mit der Punktierung am Hals gehen wir von einer Droge oder einem Nervengift aus. Der toxikologische Bericht wird uns hoffentlich Aufschluss darüber geben.»
    Steiner mischte sich ein. «Den Sie uns natürlich zukommen lassen werden, wenn er reinkommt», sagte er charmant, «nicht wahr?»
    «Selbstverständlich.»
    «Was ist mit den verwendeten Materialien», wollte ich wissen, «Angelschnur, Isolier band, Kette, Stahlträger? Konnte der wissen schaftliche Dienst deren Herkunft schon bestimmen?»
    Steiner schüttelte den Kopf. «Ein klares ‹Nein › bezüglich des Isolierbandes, der Kette und auch des Stahlträgerstücks. Anscheinend gibt es keine Möglichkeit, die Herkunft von Isolierband oder Kette zu bestimmen. Beide könnten von praktisch überall her stammen. Beim Stahlträger handelt es sich um einen sogenannten HEB300-Träger. Seine Herkunft kann ebenfalls nicht bestimmt werden, aber es ist etwas ungewöhnlich, dass das Stück für den vorgesehenen Verwendungs zweck geradezu ideal ist. Neunzig Zentimeter lang, dreissig breit und dreissig hoch. Damit wiegt es genau einhundertacht Kilo und…»
    «…ist damit also mehr als schwer genug, um einen Körper auf dem Seeboden in Position zu halten.» Ich pfiff durch die Zähne.
    Steiner nickte. «Gleichzeitig kann es bei diesem Gewicht von zwei bis drei kräftigen Männern noch herumgeschleppt werden. Höchstwahr scheinlich hatte also jemand Zugriff auf ein passendes Stück. Oder es wurde extra dafür zugeschnitten.»
    «Zugeschnitten?»
    «Genau, wohl mittels Wasserstrahl. Das ist eine verhältnismässig moderne Methode, und es gibt in der Schweiz nicht allzu viele Anlagen dafür. Ausserdem hat jemand extra ein Loch ins Mittelstück ge schweisst, durch das die Kette geführt wurde. Wir sind an der Sache dran. Was die Angelschnur anbelangt, so besteht sie aus Dyneema, einer hochfesten Polyethylenfaser. Sie ist äusserst haltbar und

Weitere Kostenlose Bücher