Sonnenfinsternis: Kriminalroman
Damit war der Fall für mich erledigt und nun offiziell Sache der Polizei, wie er es von Anfang hätte sein sollen. Ich dankte Steiner und legte auf.
Kaum hatte ich das Telefon hingelegt und mich wieder auf meine abgewetzte Couch fallen lassen, klingelte es erneut. Diesmal war es Kulenović, der mir wie erwar tet mitteilte, dass mein Engagement beendet war. Ich drückte erneut mein Be dauern aus und bat ihn, dies es auch an Jasmina Hasanović weiterzugeben. Wir verein barten, dass Kulenović am nächsten Tag in meinem Büro vorbeischauen würde , um die Sache abzuschliessen und mir mein restliches Geld zu bringen . Dann hängte ich auf, legte den Hörer meines Telefons neben die Gabel, schaltete mein Handy aus, trank in rekordverdächtigem Tempo den Rest einer noch halb vol len Flasche Jameson Irish Whiskey und fiel in einen bleiernen, traumlosen Schlaf.
Kapitel 7
Der Herbst war dieses Jahr früh gekommen. Zürich erstrahlte im Glanz der vielfarbigen Blätter, und das goldene Licht der Spätsommer sonne liess sogar die übelste Betonwüste irgendwie edel aussehen. Es war nicht mehr heiss, aber immer noch warm genug, um einen lauen Herbst abend gemütlich bei einem Bier in einer der vielen Strassenbars ausklingen zu lassen, mit denen die Innenstadt übersät war.
Ich war auf dem Weg zu Fiona, in der Hand eine Orchidee, zu der mir Mina geraten hatte. Mit en Orchidee liechst du bei kener Frau falsch , war ihr Ratschlag gewesen. Die Orchidee war ein Friedens geschenk. Wir hatten uns am Vorabend wieder einmal gestritten, und heute hatte mich Fiona angerufen und mich explizit zu sich zum Essen eingeladen. Explizit deshalb, weil ich in letzter Zeit sowieso viel Zeit bei ihr verbracht hatte. Meistens kochte allerdings ich.
Seit meinem abschliessenden Bericht an Kulenović und Jasmina Hasanović waren knapp drei Monate vergangen. Es kam mir viel länger vor, fast wie aus einem anderen Leben. In den ersten Wochen danach hatte ich fast ständig daran herum gegrübelt. Hätte ich etwas anders machen können? Sollen? Wollen? Ich wusste es nicht. In letzter Zeit war ich aber so beschäftigt gewesen, dass ich nur noch selten an die Hasanović-Sache gedacht hatte.
Fiona lebte auf dem Höngg, Zürichs Mittelklassehügel par excel len ce , obwohl sie definitiv in keiner Weise zu m Mittel stand gehörte. Tatsächlich stammte sie aus einer alteingesessenen Industriellen-Familie, und obwohl sie nie mit ihrem Reichtum protzte, konnte man ihre Herkunft in vielen kleinen Dingen erkennen. Ihre schöne Fünfzimmerwohnung befand sich im obersten Stockwerk eines frisch renovierten, rechteckigen Bauhausstil-Mietshauses an der Regensdorfer strasse, von dem aus sich die halbe Stadt südlich der Limmat überblicken liess. Auf dem Flachdach vor der Wohnung breitete sich eine mit riesigen Topfpflanzen aller Art regelrecht übersäte Dachterrasse aus, die fast so gross wie der Rest der Wohnung war. Mein gesamtes Appartement hätte in der Hälfte davon Platz gefunden .
Trotz ihrer Promotion in Wirtschaftswissenschaften war Fiona in vielerlei Hinsicht nicht gerade der Inbegriff einer Respektsperson. Auf die gute Art. Ich mochte ihren Sinn für schrägen Humor. Das gleiche konnte nicht für alle ihrer Mitarbeiter und vor allem Mitarbeiterinnen an der Uni Zürich gesagt werden, aber wen interessierten die schon? Ich hatte selber in meinen jungen Jahren vier Semester Geschichte an eben dieser Uni studiert und hänselte sie öfters damit, sie ginge keinem anständigen Gewerbe nach. Ihre Antwort war meistens lediglich ein tolerantes Lächeln bei hochgezogenen Augenbrauen, ab und zu unter stützt von ihrem Mittelfinger. Sie war einsachtundsechzig gross und hatte lange schwarze Haare, welche sie oft in einem Pferdeschwanz trug. Ihre Figur war das, was mich zuerst auf Fiona aufmerksam gemacht hatte, auch wenn sie nicht den momentan gängigen Model mas sen entsprach. Die so genannten Top-Models, welche in Zeitschriften und Fernsehen auftraten, glichen meiner Meinung nach eher Hutstän dern als Frauen. Fiona hingegen war sportlich , aber kurvig, mit einem flachen Bauch, breiten Hüften und grossen Brüsten. Aber natürlich waren mir ihr geheimnisvolles Lächeln und ihre tiefgründigen Augen zuerst aufgefallen, zumindest offiziell. Ihre sonnige und liebevolle Art, ihre Unternehmungslust und der Schalk, der ihr öfters aus den geheim nisvollen Augen blitze, zogen mich immer sofort in ihren Bann, wenn ich mit ihr zusammen war.
Andererseits war sie auch
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