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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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dem sich die Hütte befindet, gehört Rappolder. Wie auch die Hütte selbst. Entsprechend beruft er sich bei Bedarf sicher darauf, dass alles, was in dieser Waldhütte geschieht, im rein privaten Rahmen abläuft und das Antirassismusgesetz daher keine Anwendung findet. Bisher ist der Fall allerdings noch nicht eingetreten.»
    «Und wo genau befindet sich diese Hütte?»
    «Warte.» Er hantierte an seinem iPhone herum und zeigte mir dann den genauen Punkt auf GoogleMaps. Dann emailte er mir diesen gleich auch noch. Ich war beeindruckt.
    Schliesslich fragte er: «Weshalb musst du das so genau wissen?»
    Ich zuckte mit den Achseln. «Vielleicht werde ich mir die Sache mal aus der Nähe betrachten.»
    Er starrte mich einen Moment lang schweigend an und sagte dann mit Nachdruck: «Das lässt du besser bleiben. Mit den Kerlen ist nicht zu spassen.»

Kapitel 14
     
    Trotz Gunnars Warnung wollte ich möglichst bald selbst einen Augenschein bei Kalle Rappolders Waldhütte nehmen, und so kam es, dass ich mich bereits am nächsten Abend, einem Mittwoch, auf einem matschigen Feldweg im Zürcher Unterland wiederfand. Es war Neu mond . Das eintönige Trommeln des Regens auf dem Blechdach meines Wagens wirkte in höchstem Masse einschläfernd. D ie Uhr zeigte kurz vor sieben Uhr an.
    Am Wochenende hatte wieder die Winterzeit Einzug gehalten , und so war es bereits dunkel. Z u meiner Linken hob sich der dunkle Wald kaum vom wolken ver hangenen Himmel ab. Zu meiner Rechten befand sich ein einsames, windgepeitschtes Maisf eld. Mein Standort hatte einen gewissen morbiden Charme, aber ich hatte ihn nicht deshalb gewählt , sondern weil ich von hier aus die schmale Zufahrtsstrasse zu Rappolders Hütte gut im Auge behalten konnte. Diese befand sich mitten in einem dichten Waldstück, gleich neben dem Rhein und ganz in der Nähe des soge nannten Tösseggs, wo die Töss in den Rhein mündet.
    Ich gähnte. Mein bisheriger Tag war äusserst ereignisarm gewesen, abgesehen von einem kurzen Treffen mit Mahir Kulenović. Dabei hatte ich ihn gefragt, ob seine Gemeinde je mit Rechtsradikalen Probleme gehabt hätte. Sein erstauntes Nein hatte mir auch nicht weitergeholfen.
    Ich wusste nicht recht , was ich mir von heute Abend versprechen sollte . Gun nar hatte erwähnt , dass sich Rappolders Spinnertruppe jeweils am Mittwochabend traf, und heute war Mittwoch. Ich wollte einfach schauen, was da so vor sich ging. U m ein Gefühl für die Gruppe zu kriegen.
    Um mich abzulenken, trommelte ich mit meinen Fingern leise den Radetzky marsch auf dem Steuerrad, als ich in der fernen Dunkelheit plötzlich rasch näherkommende Scheinwerfer bemerkte .
    Ich griff nach meinem Nachtsichtgerät. Trotz des Namens Gigant war es erstaunlich klein und handlich und erlaubte dank der Fünf fach ver grösserung und des zuschaltbaren Infrarotstrahlers Beobachtungen bis zu einer Distanz von etwa dreihundert Meter. Und das in absoluter Dun kel heit. Bisher hatte ich der Versuchung, es eines Nachts einmal an der Studentinnen-WG im Nachbarhaus mit den immer offenen Vorhängen auszuprobieren, erfolgreich widerstanden.
    Die Klarheit des grünen Bildes versetzte mich immer wieder in Erstaunen. Nach ein paar Sekunden war der Wagen nahe genug, um zu erkennen, dass es sich um einen grossen Audi handelte. Das Gesicht hinter der Windschutzscheibe war unverkennbar das von Kalle Rap pol der. Neben ihm sass ein kahlgeschorenes, bartloses Milchgesicht mit grimmigem Blick, dessen einziges besonderes Merkmal eine grün schattierte Zickzacklinie über dem linken Auge war. Wahrschein lich eine Narbe.Ein paar Sekunden später verschwanden sie im Wald.
    Ich wartete weiter .
    Eine gute halbe Stunde lang passierte nichts mehr. Dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag. Ein Wagen nach dem anderen fuhr an mir vorbei wie an einem McDonald’s Drive- i n-Schalter. In den meisten Autos sass mehr als eine Person, und ich schätzte daher nach dem letzten der insgesamt elf Fahrzeuge, dass sich etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Personen bei Rappolders Hütte versammelten, also gemäss Neumanns Informationen wohl praktisch die ganze Bruder schaft.
    Um sicherzugehen, dass ich keine Nachzügler übersehen hatte, wartete ich noch eine weitere halbe Stunde . V ergeblich. Rappolder schien Wert auf Pünktlichkeit zu legen.
    Es war Zeit zu handeln. I mmer noch schüttete es wie aus Kübeln. Ich stieg aus und schmierte grosszügig Schlamm und Dreck auf meine vordere und hintere Autonummer. Dann stieg ich wieder ein

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