Sonnenfinsternis: Kriminalroman
jedoch erhängt in seiner Zelle gefunden , bevor er seine Aussage machen konnte . Daraufhin wurde der Fall Lembke den lokalen Behörden entzogen und dem Bundeskriminalamt in Bonn zu ge wiesen. Ein Jahr später wurde er mit der Schlussfolgerung, dass Lembke tat säch lich ein Einzeltäter gewesen sei, abgeschlossen. Dies verstörte vor allem diejenigen, die einen klaren Zusammenhang zwischen dem Fall Lemb ke und einem besonders abscheu lichen Verbrechen sahen: d em Münch ner Oktoberfestanschlag.
Am Samstagabend, dem 26. September 1980 , um genau zweiundzwanzig Uhr neunzehn , explodierte beim Haupteingang zur Teresienwiese in München eine gewaltige Bombe. Zeugen beschrieben den Ablauf: e in scharfes Zischen, eine immense Feuersäule, eine gewaltige Detonation, dann mehrere Sekunden Grabesstille, bevor das Wimmern, Stöhnen und Schreien der Verletzten, die Angstschreie der wie durch ein Wunder unverletzt Gebliebenen und die verzweifelten Hilferufe der ihre Freunde und Angehörigen Suchenden begann. Dreizehn Menschen wurden getötet und über zweihundert zum Teil schwer verletzt. Viele entwickelten aufgrund des Erlebten oder wegen des Verlustes von Angehörigen psychische Probleme, insbesondere posttraumatische Störungen.
Noch am Tatort beschuldigten Vertreter der regierenden konservativen CSU Linksextremisten der Tat. Bereits am gleichen Abend titelte jedoch die Münchner Abendzeitung in einer Sonderausgabe: « Wiesn-Mörder sind Neonazis » . Als Täter eruiert wurde der einundzwanzigjährige Geologie stu dent Gundolf Köhler, der sich unter den Toten befand. Dieser war Mitglied der Anfang 1980 verbotenen rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann gewesen und hatte den Untersuchungen zufolge die Bombe in einem Papier korb am Eingang zur Wirtsbudenstrasse deponiert.
Bereits zwei Tage nach dem Attentat verkündete der bayrische Innen minister, dass es sich bei Köhler um einen Einzeltäter gehandelt habe. Zu dieser Zeit hatten die Untersuchungsbehörden jedoch noch nicht einmal Köhlers Kameraden in dessen Heimatstadt Donaueschingen vernommen. Der acht Monate später publizierte Abschlussbericht des bayrischen Landeskriminalamtes stützte die Einzeltäterthese und kam zum Schluss, dass Köhler das Attentat nicht aufgrund politischer Motive, sondern wegen einer schweren persönlichen Krise ausgeführt und die Bombe selbst gebaut, transportiert und gezündet habe. Daraufhin wurden die Ermittlungen abgeschlossen. Verschiedene Ungereimtheiten liessen jedoch bald Zweifel an der offiziellen Version aufkommen. So hatten verschiedene voneinander unabhängige Zeugen den Täter noch kurz vor der Explosion mit mehreren anderen Menschen in grünen Parkas am Tatort sprechen sehen. Vor allem ein Zeuge, der anfangs von der Polizei als sehr glaubwürdig eingestuft wurde, machte eine ausführliche Aussage dazu und konnte auch detaillierte Angaben zur Bombe machen, bis hin zu deren exakten Abmessungen. Die Behörden versuchten diesen Zeugen nachweislich mehrfach dazu zu bringen, seine Aussage so abzuändern, dass sie mit der Einzeltäterthese über einstimmte. Er weigerte sich konsequent, starb aber einige Wochen später völlig überraschend im Alter von nur sechsunddreissig Jahren an Herz ver sagen. Zwei weitere Zeugen hatten Köhler mit vier bis fünf weiteren Perso nen bereits eine Woche vor dem Anschlag in München gesehen. In beiden Fällen wurden keine Versuche unternommen, die anderen Personen zu ermit teln. Im Oktober 1980 wurde Walter Behle, ebenfalls Mitglied der Wehr sportgruppe Hoffmann , an einer Hotelbar in Damaskus vom Barkeeper dabei belauscht, wie er damit prahlte, dass seine Gruppe den Anschlag aus geführt hatte. Der Barkeeper informierte daraufhin die deutschen Behörden.
Deutsche Journalisten deckten auch bereits kurz nach dem Anschlag Ver bindungen zwischen der Wehrsportgruppe Hoffmann und Heinz Lembke auf, die aber offiziell nie untersucht wurden. So hatten zwei Mitglieder der deutschen Aktionsgruppen bereits am Tag nach dem Attentat überein stim mend ausgesagt, dass Lembke ihnen Waffen, Sprengstoff und Munition ange boten und von umfangreichen Waffendepots erzählt habe. Auch diese Spur wurde zunächst ignoriert und erst ein knappes Jahr später doch noch ver folgt, als Lembkes Waffenversteck in der Lüneburger Heide entdeckt wurde. Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Rechts aus schus ses, Herta Däubler-Gmelin, wollte in einer 1981 gestellten parlamentari schen Anfrage wissen, ob nicht doch eine
Weitere Kostenlose Bücher