Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)
am besten ist! “, sagte eine andere.
„Jawohl!“, sagte ein Langohr mit wachsender Überzeugung. „Sie werden für uns sorgen.“
Schatten hörte zu und war erstaunt, wie schnell die Fledermäuse umschwenken konnten von der Klage über verlorene Gefährten und Kinder zu dieser aufgeregten Begeisterung.
„Die Menschen werden für uns sorgen!“
„Ich bin sicher“, sagte Arkadia und ihre Stimme wurde immer zuversichtlicher und füllte den ganzen Wald, „dass wir bald mit denen wieder vereint werden, die von uns genommen worden sind. Fürchtet nicht für die, die hinweggenommen worden sind. Sie sind die Glücklichen. Sie sind vorausgegangen zu einem noch besseren Ort. Sie sind auserwählt worden, so wie ihr zur rechten Zeit auserwählt werdet!“
„Auserwählt!“, wiederholten die Fledermäuse, und es wurde ein Chor: „Auserwählt! Auserwählt! Die Glücklichen! Auserwählt!“
„Wir dürfen uns nicht gestatten zu verzweifeln“, sagte Arkadia und Schatten sah, wie sie ihre mächtigen Augen auf ihn richtete, „oder uns beunruhigen lassen von den wenigen, die sich vor Nocturnas Willen fürchten.“
Du wirst deinen Weg hier hinaushorchen.
Das hatte ihm Frieda gesagt. Im Augenblick schien das kein sehr nützlicher Rat. Hatte er schließlich nicht schon das Dach und die Mauern abgesucht nach Rissen und Öffnungen, die einen Weg nach draußen darstellen könnten?
Seit ein paar Stunden war es Tag und der Wald schlief. Er hing von seinem Platz herab, schloss die Augen und drehte die Ohren hin und her. Er bemühte sich ruhig zu atmen. Er schaltete alle Gedanken ab und sandte auch keinen Klang aus.
Er horchte.
Was höre ich? Alles. Zu viel. Insektenflügel, Blätterrauschen, das Atmen von Fledermäusen. Er versuchte, immer nur ein Geräusch herauszugreifen, zu horchen, es dann abzuschalten und weiterzugehen.
Was nützt das alles?
Er öffnete die Augen. Es hatte keinen Sinn. Horchen würde ihm hier nicht heraushelfen. Er verschwendete nur seine Zeit. Er sollte lieber fliegen und mit Augen und Ohren Ausschau halten.
Nur noch einen Versuch.
Er horchte wieder.
Das Fließen von Wasser.
Das war der Hintergrund für jedes andere Geräusch im Wald, das Plätschern dieses Baches in seinem felsigen Bett. Seine Augen klappten auf. Natürlich: der Bach!
Das war der Weg nach draußen.
Schatten folgte dem Bach auf seinem gewundenen Weg durch den Wald, wobei er mit den Flügelspitzen das Wasser berührte. Warum hatte er nicht früher daran gedacht? Der Bach kam von irgendwoher, also musste er auch irgendwohin fließen. Er streifte das Wasser, tauchte unter Laub und langen, federnden Ästen hindurch, die den Weg versperrten.
Der Wald endete an einer senkrechten Felswand und der Bach verengte sich und floss direkt in diese Mauer hinein. Schatten breitete die Flügel aus, bremste und ließ sich unten auf einem Sims nieder, um sich das näher anzuschauen. Das Wasser verschwand in einem glatten Tunnel, der in den Fels gemeißelt war, mit nur einem schmalen Spalt Luft darüber. Er war sich nicht einmal sicher, ob es genug zum Atmen war.
Wenn er schwimmen würde ...
Wenn das der einzige Weg nach draußen war, dann würde er schwimmen. Er würde die Nase hoch halten, um so viel Luft zu bekommen, wie da war, und hoffen, dass der Tunnel ihn bald irgendwo hinausbringen würde. Fledermäuse schwammen nicht viel. Mit Schaudern dachte er daran, wie er unbeholfen mit Marina in den Abwasserkanälen herumgepaddelt und vergeblich versucht hatte den Ratten zu entkommen. Mit Flügeln konnte man eigentlich nicht richtig schwimmen.
Er flog zum Ufer des Baches hinunter und starrte auf das schnell fließende Wasser, um sich zu wappnen.
„Was machst du da?“
Überrascht schaute er hoch und sah, wie Marina an seine Seite herabgeflattert kam.
„Nur eine kleine Reise flussabwärts“, antwortete Schatten.
„Du bist verrückt! Du kannst nicht einmal besonders gut schwimmen und es gibt keine Möglichkeit zu atmen!“
„Das Wasser muss irgendwo wieder rauskommen. Es muss.“
„Sicher. Aber wann? Du könntest vorher ertrunken sein.“
„Ich habe die Strömung auf meiner Seite“, erinnerte sie Schatten.
„Das ist gut, solange du hinaus willst. Aber was ist, wenn du wieder zurück möchtest?“
Schatten atmete heftig aus. Daran hatte er nicht gedacht. Er spürte einen Anflug von Angst, aber auch Verärgerung. Sie machte wieder Löcher in seine Pläne wie gewöhnlich.
„Ich habe dich nicht gebeten mitzukommen“, sagte er
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