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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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etwas Härteres, etwas wie Stein oder Metall, einen festen Schlag jedenfalls. Oder machte er sich einfach nur Hoffnungen?
    Er bog von Chinook ab und kam dann in einem Bogen wieder zurück, als wollte er zum Rasten landen. Er konnte sehen, wie Chinook sich zusammenriss.
    „Leg die Flügel an!“, rief er.
    Chinook faltete die Flügel eng zusammen und in dem Sekundenbruchteil bremste Schatten und krallte sich mit allen Klauen fest. Dabei versuchte er der Metallscheibe auszuweichen, die unter Chinooks Bauch baumelte. Er machte sich an dessen rechter Flanke ganz flach, duckte sich, wenn die Flügel über ihm flatterten.
    Niemand explodierte. Sie wurden nur langsamer und Chinook schwankte wie verrückt hin und her, als er versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Durch Chinooks Fell konnte Schatten fühlen, wie sich dessen Brustmuskeln spannten.
    „Wie bist du bloß so schwer geworden, Schatten?“, knurrte er. „Früher warst du immer schön klein.“
    „Aber du bist groß und stark, Chinook“, sagte Schatten aufmunternd. „Sollte für dich kein Problem sein.“
    „Ist kein Problem.“
    Sie fielen ziemlich schnell, und Schatten wusste, dass er nicht viel Zeit hatte. Immerhin hatte der Knopf in seinem Ohr endlich aufgehört zu singen. Er rückte abwärts zu Chinooks Bauch und reckte den Hals auf die Kette zu, an der die Scheibe hing. Er prüfte sie mit den Zähnen, mit knirschenden Schneidezähnen. Die Kette zeigte keine Anzeichen nachzugeben. Er würde sie niemals rechtzeitig durchbeißen können.
    Er schaute auf die Metallöse, die an Chinooks Bauch festgenäht war. „Ich werde das ganze Ding rausreißen müssen.“
    „Was?“
    „Die Stiche. Ich werde sie aufreißen.“
    „Bist du sicher?“
    Er verschwendete keine Zeit mit Klarstellungen. Er grub seine Zähne in Chinooks Haut und versuchte die sorgfältigen Fadenschlingen der Menschen zu packen. Er fühlte, wie eine nachgab, dann eine zweite.
    Er schmeckte Chinooks salziges Blut und fühlte, wie der Schmerz durch seine angespannten Muskeln zuckte. Es tut mir Leid, dachte er, tut mir Leid. Aber es war die einzige Möglichkeit.
    Drei Stiche hatte er losgemacht. Seine Schnauze war voller Blutspritzer. Fast fertig. Die letzte Schlinge des Fadens wurde von dem Gewicht des Metalls herausgerissen und Schatten beobachtete, wie die Scheibe von ihnen weg nach unten stürzte.
    „Sie ist weg!“, rief er, taumelte los von Chinook und breitete die eigenen Flügel aus. Unter ihnen schoss mit einem Ohren betäubenden Krachen eine Feuerfontäne von einer Menschenstraße empor. Schatten war unangenehm überrascht, wie viel näher sie inzwischen dem Boden waren.
    „Nun mich“, sagte er. „Reiß meins los.“
    Er hatte Angst, dass Chinook es vermasseln würde, Angst, dass er das Gewicht der größeren Fledermaus nicht würde tragen können. Angst, dass ihnen die Höhe ausgehen würde.
    „Tu deine Flügel weg, ich komm rüber!“, rief Chinook ihm zu.
    Schatten fühlte, wie sich Krallen um sein Fell schlossen und kippte fast auf den Rücken unter der Last. Er entfaltete seine Flügel wieder, schlug so heftig, wie er konnte, und bemühte sich, sie beide in der Luft zu halten. Langsam aber sicher glitten sie auf die höchsten Punkte der Stadt zu. Schnell schätzte er ihren Kurs zu einer Reihe von Bäumen ab, um welche Nebel waberte. Aus ihrer Höhe wirkte das sanft und kühl einladend und er sehnte sich danach seinen müden Körper darin zu betten und zu schlafen.
    Chinooks Zähne schnitten in ihn hinein und er zuckte. Er biss die Zähne zusammen, stellte sich vor, dass sich die Metallscheibe lockerte und abfiel. Von oben traf ihn ein heißer Wind und drückte ihn nach unten. Zum Ausgleich schlug er schneller mit den Flügeln. „Chinook?“
    „Nur noch ein paar.“
    „Chinook, lass los, wir schlagen gleich auf!“
    Die Bäume kamen auf sie zugejagt.
    „Ich muss nur noch ein paar ...“
    „Lass los!“
    Chinook rollte weg. Schatten äugte zu seinem Bauch hinab und sah, dass die Metallscheibe nur noch an einem lockeren Stich hing.
    Fall ab, dachte er inbrünstig, fall ab!
    Er glitt niedrig über die Baumwipfel hin, nahe genug, um die Wassertröpfchen in den hochgebogenen Blättern funkeln zu sehen. Es war schön und er würde gleich sterben. Die Scheibe schlug an ein paar Blätter und er verzog entsetzt das Gesicht, aber nichts passierte, noch nicht.
    Plötzlich öffneten sich die Bäume zu einer Lichtung und unter ihm lag ein langes Band sumpfigen Wassers. Verzweifelt

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