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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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konnte ihren Schlag überlebt haben.
    „Die Menschen suchen sich Nachtflieger aus“, erklärte Caliban ruhig über seinen Flügel nach hinten. „Fledermäuse, Eulen, beide verfügen über Echosehen. Das ist wichtig. Das benutzen sie, um uns zu lenken. Ich habe einmal eine tote Eule gesehen. Sie hatte auch eine Sirene im Ohr, diesen Metallknopf, weißt du, genauso wie wir. Die Menschen wählen ihre Ziele aus und schicken uns hin, um für sie die Arbeit zu tun. Sie selbst werden nicht verletzt. Die Eulen können mehr Metall tragen. Viel größere Explosionen, wie die hinter uns.
    Zum Glück sind die Ziele gewöhnlich weit außerhalb der Stadt. Bislang jedenfalls.“
    Schatten dachte an die große Scheibe an Goths Bauch. Würde die auch so eine Explosion verursachen? Aber er wusste, Goth würde überleben. Er überlebte immer. Er war irgendwo da draußen im Dschungel und trug seine Scheibe mit sich, eine fliegende Katastrophe.
    „Wir sind jetzt fast da“, sagte Caliban und deutete mit dem Kinn nach vorn. „Da oben.“
    Es war der letzte Platz auf der Welt, zu dem Schatten jetzt geflogen wäre, um sich eine sichere Zuflucht zu suchen. Hoch auf einem Felsen über der Stadt ragte eine riesige Statue aus Metall auf: ein Mann, der flehentlich die Arme ausstreckte – nur war der rechte Arm oberhalb des Ellbogens abgesprengt, vermutlich durch Feuer, wenn man nach dem geschmolzenen, verdrehten Stumpf ging.
    „Die Zuflucht“, sagte Caliban und führte sie hoch zur Spitze. Schatten konnte nun das Gesicht des metallenen Menschen sehen. Der Ausdruck hatte etwas schmerzlich Gütiges an sich, und das machte ihn wütend. Welches Recht hatten die Menschen so auszusehen nach dem, was sie ihnen angetan hatten? Es war verlogen. Die Menschen waren böse, wie Goth es die ganze Zeit gesagt hatte. Er wollte nicht näher heran, aber Caliban tauchte zu dem amputierten rechten Arm hinab und Schatten folgte ihm mit Chinook.
    In dem zusammengeschmolzenen und verbogenen Metall des Stumpfes befand sich eine kleine Öffnung und Schatten trimmte die Flügel zur Landung. Als er sich näherte, konnte er gleich hinter dem Eingang zwei Fledermäuse erkennen, die dort Wache hielten. Mit Erstaunen bemerkte er, dass sie gefährlich angespitzte Stöcke hielten.
    Caliban rief den Wachen etwas zu und die Stöcke wurden schnell eingezogen. Nie hatte Schatten davon gehört, dass Fledermäuse sich Waffen anfertigten, und es ließ ihn schaudern – gegen was für furchtbare Sachen mussten sie sich schützen? Das Insekt, das ihn beinahe gefressen hatte, war Furcht erregend genug. Er stellte sich eine ganze Armee von ihnen vor, die die Statue hinaufgesprungen kam und hineinflutete. Die Fledermäuse brauchten solche Waffen.
    Er landete hinter Caliban und rückte weiter hinein, um Platz für Chinook zu machen. Schatten betrachtete die Wächter, einen Glanzflügel und einen Grauflügel, beide vom Hunger ausgemergelt, aber mit wilder Entschlossenheit in den erschöpften Gesichtern.
    „Wir sind froh euch bei uns zu haben“, sagte einer von ihnen zu Schatten, als sie vorbeigingen.
    Der Gang stieg im Arm der Statue nach oben an und führte, überlegte sich Schatten, zur Schulter. Dort, am Gipfel, endete der Gang und öffnete sich in eine gähnende senkrechte Höhle, das hohle Innere der Statue. Das erinnerte ihn, nur ein wenig, an den Baumhort, sein und Chinooks verlorenes Zuhause in den nördlichen Wäldern, und er spürte, wie sein Hals gefährlich vor Heimweh anschwoll, als er die Echos der flatternden Flügel, das Quieken der Stimmen hörte.
    „Wie viele sind hier?“, fragte er Caliban. Er konnte sich nicht dazu durchringen, sofort nach seinem Vater zu fragen – er hatte zu viel Angst davor, dass Caliban den Kopf schütteln und einen Ausdruck des Bedauerns murmeln könnte. Schon allzu oft war das passiert.
    „Sechsunddreißig mit euch beiden“, sagte Caliban mit einem müden Seufzer. Schatten sah, dass er es gewohnt war, Tag und Nacht den Überblick zu behalten, während die Zahlen in dieser Zufallskolonie wechselten, manchmal zum Guten, manchmal zum Schlechten. „Aber wir wollen hoffen, dass wir mehr Überlebende dort bei dem Gebäude finden.“
    Es war eine traurige Ansammlung von Fledermäusen, die er jetzt sah, als er hinab in die Höhle flatterte. Er strich mit dem Klang-Sehen über die Simse und suchte verzweifelt nach einem beringten Männchen der Silberflügel. Viele von den Fledermäusen hatten noch Stücke der Metallkette an ihrem Bauch

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