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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Zukunft voraussagte. Es hieß, dass Voxzaco mit Zotz selbst redete. Aber das kann ich auch, dachte Goth, und sogar ohne die Hilfe von Beeren und Tränken.
    Trotzdem spürte er ein Zittern in den Eingeweiden. Er wollte mehr wissen.
    „Was seht Ihr hier?“, fragte ihn der Priester.
    „Einen Kreis“, antwortete er. „Die Sonne.“
    „Schaut genauer hin.“
    „Ein Teil von ihr fehlt.“
    „Und hier drüben ...“ Voxzaco lenkte seinen Klangblick auf das nächste Bild, auf dem ein noch größeres Stück der Sonne fehlte.
    „Was bedeutet das?“
    „Es wird eine vollständige Sonnenfinsternis geben“, sagte Voxzaco. Seine Stimme war brüchig vor Aufregung. „Vollkommene Nacht mitten am Tag.“ Er führte Goth durch die Bilder, die sich jetzt in engeren Spiralen zum genauen Mittelpunkt des Heiligen Steins bewegten: Die Sonne wurde immer schmaler, bis sie ganz verschwunden und durch ein Auge ersetzt war, das Auge von Zotz. Und dann gab es keine Bilder mehr, weil sie in das Loch gefallen waren, das sich im Zentrum des Heiligen Steins befand: ein Kreis der Dunkelheit.
    „Erkennt Ihr die Bedeutung von all dem?“, fragte ihn Voxzaco.
    Goth schaute ihn hochmütig schweigend an.
    „Dann wisst Ihr nichts von den Göttern.“
    „Ich weiß von Zotz“, knurrte Goth.
    „Vielleicht, aber wisst Ihr auch von Nocturna?“
    Goth sträubten sich vor Wut die Haare. „Die kleine Fledermaus Schatten, sie hat von Nocturna gesprochen. Existiert die denn?“
    „Genauso wie Zotz. Sie sind Zwillinge. Nocturna regiert die obere Welt. Sie bringt die Abenddämmerung und auch die Morgendämmerung. Sie ist ein Wesen der Nacht, aber sie bezieht ihre Macht von der Sonne. Sie ist selbstsüchtig. Sie hält ihren Zwillingsbruder Zotz in der Unterwelt, denn sie weiß, wenn er oben wäre, würde seine Macht die ihre zunichte machen.“
    „Niemand ist mächtiger als Zotz“, beharrte Goth. Er war empört über die Vorstellung einer Rivalin von Zotz, noch empörter, dass er davon nichts gewusst hatte. Zu denken, dass diese Knirpse von nördlichen Fledermäusen Nocturna als ihre Göttin hatten!
    „Einst waren Zotz und Nocturna einander ebenbürtig“, erzählte ihm Voxzaco, „aber durch die Jahrhunderte hat Zotz viele seiner Anhänger in der oberen Welt verloren. Den Menschen, die diesen Tempel hier erbaut, die diesen Stein geschnitten haben, denen war er einst bekannt und sie haben ihn verehrt. Aber dann haben sie sich von ihm abgewandt, vielleicht um die Sonne zu verehren. Trotzdem, es gibt mehr Seelen in der Unterwelt als darüber, so viel ist sicher, und die wollen einen Weg zu dieser Oberwelt. Nocturna benutzt die Sonne, um Zotz unten zu halten. Aber die Sonnenfinsternis wird uns unsere Chance geben. Wir können unseren Gott zurückbringen, ihn in die Oberwelt bringen, damit er über die ganze Schöpfung herrsche.“
    Goth konnte den Priester nur verwundert anstarren. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob Voxzaco verrückt war. Zu viele Tränke, zu viele Visionen. Aber auch du hast Visionen gehabt, erinnerte er sich und dachte an die Höhle.
    „Wie?“, fragte er.
    Voxzako trippelte über den Heiligen Stein. „Wir hatten schon einmal eine Gelegenheit und haben versagt. Vor dreihundert Jahren, schaut. Das war die letzte vollkommene Sonnenfinsternis, aber der Priester damals, er war nicht vorbereitet, er wusste nichts. Dies hier ist unsere Chance. Wir werden Erfolg haben.“
    „Aber wie?“, fragte Goth noch einmal mit knirschenden Zähnen.
    „Ich war mir nicht sicher, bis ich Euch gesehen habe, König Goth. Aber dann wusste ich es.“ Mit ausgebreiteten Flügeln sprang er vom Heiligen Stein herab und landete neben der Metallscheibe. Bevor Goth ihn daran hindern konnte, hatte er die Kette mit seinen Krallen ergriffen. Er hob die Scheibe hoch in die Luft empor und trug sie über den Heiligen Stein.
    „Nein!“, schrie Goth. „Sie wird explodieren, wenn sie auftrifft.“
    Voxzaco hörte nicht. Unsicher nach unten schwankend fügte er die Scheibe in den Mittelpunkt des Heiligen Steins.
    Sie passte genau hinein, als wäre sie nur dafür gemacht, das Loch im Zentrum auszufüllen.
    „Seht Ihr“, keuchte der Priester. „Jetzt ist die Zeit gekommen. Dies vollendet den Heiligen Stein. Es ist das Ende des Heiligen Steins, das Ende der Zeit, wie wir sie kennen. Nun müssen wir ein Doppelopfer darbringen und Zotz darum bitten, dass er uns zeigt, wie wir die Sonne vernichten können.“
    Goth beobachtete, wie man die zwei nördlichen

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