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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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gleiche Blick wie in dem Moment, als Ninus sie
über der Leiche ihres Bruders gebeugt vorfand, stellte er schmerzlich fest. Wie
kurz das erst her war, und wie lange dieser Irrsinn nun schon andauerte.
    »Carla! Komm zu dir.« Er
schüttelte sie leicht. »Wo ist Kommissar Wanninger?«
    »Wanninger, Wanninger«, stammelte
sie. In der Ferne hörte Ninus Sirenen, sah kurz darauf einen Konvoi mit
Polizeiwagen und zivilen Dienstfahrzeugen auf das Flughafengebäude zurasen.
Vermummte Männer sprangen aus zwei Mannschaftswagen, Polizisten in Uniform
rannten los, blockierten die Zufahrten und umstellen das Gebäude. Aus einem der
schwarzen Mercedes-Limousinen stieg ein Mann im Anzug. Das musste Ströcker
sein. Ninus hakte Carla unter und drängelte sich durch das Menschengetümmel zu
ihm hin. Er winkte ihm zu. Jetzt hatte Ströcker ihn gesehen.
    »Sind Sie Hagen? Mensch, warum
melden Sie sich nicht?«, brüllte er.
    Ninus keuchte: »Rolozko ist
abgehauen. Sie müssen alle Starts verbieten lassen, sonst ist er weg.«
    »Bereits geschehen. Den kriegen
wir. Helfrich hat ihn immer noch auf dem Schirm. Ist schon eine Ironie des
Schicksals, oder? Die CD, die er unter so großem Einsatz zurückerobert hat,
führt uns direkt zu ihm.«
    Mit einem Blick auf Carla: »Wie
geht es ihr?«
    »Schock.«
    »Wanninger?«
    Ninus hob die Schultern.
    Carla murmelte etwas.
    »Was hast du gesagt?«
    »Auto. Koffer…«, flüsterte sie,
bevor sie wieder verstummte.
    Ninus geriet erneut in Panik.
»Passen Sie auf Frau Cosian auf und schicken Sie mir ein paar Männer nach, die
einen Kofferraum knacken können.«
    Ninus rannte zurück zum Parkplatz,
dorthin, wo er Carla und Rolozko gesehen hatte. Hier musste sein Wagen stehen.
Welcher war es? Er musterte jedes Fahrzeug. Die Klein- und Mittelklasseautos
ignorierte er. Vier Luxusschlitten standen in der näheren Umgebung. Hagen
rannte vom einen zum anderen. Mittlerweile hatten sich zwei MEK-Leute mit
Brechstangen bewaffnet zu ihm gesellt. Der erste Wagen hatte ein Frankfurter Kennzeichen,
der zweite kam aus Darmstadt. Der dritte aus Wiesbaden. Ninus schrie: »Das muss
er sein.«
    Es dauerte keine Minute, schon
hatten die beiden Beamten den Kofferraum aufgebrochen. Die Alarmanlage heulte
los. Gähnende Leere.
    Ninus war zum vierten Wagen
gespurtet. Ebenfalls ein Wiesbadener Kennzeichen. »Der ist es!«
    Die Beamten zögerten.
    »Verdammt, machen Sie schon.«
    Ninus entriss dem einen die
Brechstange und setzte sie an. Er rutschte ab und startete einen erneuten
Versuch. Es klappte nicht. Die Polizisten schoben ihn zur Seite und knackten
mit zwei gezielten Hebelbewegungen das Schloss. Der Deckel sprang auf. Vor
ihnen lag der leblose Körper des Kommissars.

     

III. Sie hängten ihn hin,
um nicht selbst zu hängen
    Lena Rotmilch saß
aufrecht im Krankenbett. Sie hielt einen kleinen Taschenspiegel vors Gesicht
und musterte sich kopfschüttelnd. Sie war blass, hatte schwarze Ringe um die
Augen, ihre roten Haare lagen glatt an und wirkten fettig.
    »Du siehst gut aus«, sagte ihr
Besucher.
    »Scheiße sehe ich aus«, raunzte
Lena hinter dem Spiegel hervor.
    »Du lebst und wirst wieder
völlig gesund werden.«
    Sie legte den Spiegel zur Seite,
ihre Mine wurde ernst. »Wie geht es dir?«
    Ninus Hagen versuchte, eine
ehrliche Antwort zu geben. Zu viel war in den letzten Tagen geschehen. Sein
Leben hatte sich verändert, nichts war mehr so wie noch vor zwei Wochen. Was
sollte er Lena sagen? Die Achterbahn, mit der er gefahren war, stand
anscheinend still, aber seine Empfindungen drehten sich weiterhin im Kreis, auf
und ab, als ob er noch immer durch eine unendliche Nacht rasen würde, ohne
jemals an ein Ziel zu gelangen. Abgesehen vom physischen Chaos in ihm schmerzte
jeder Muskel, jeder Knochen.
    Lena rutschte im Bett etwas zur
Seite und deutete mit der flachen Hand auf die Bettkante. »Setz dich hierher,
du Schnüffler.«
    Hagen gehorchte. Allerdings wusste
er nicht, ob er anschließend wieder in der Lage sein würde aufzustehen, doch
die Vorstellung, neben Lena zu sitzen, wischte alle Bedenken fort.
    Lena strich ihm durchs Haar. »Was
quälst du dich denn noch? Es ist vorbei. Du bist der große Retter, der Held,
der Sieger.«
    »Ein trauriger Sieger, ein
geschundener Held, nicht nur am Leib. Ein Retter? Na, ich weiß nicht? Ein Sieg
mit Toten, Verletzten und zerstörten Leben …«
    »Dafür kannst du doch nichts. Du
bist in diese Geschichte hineingeraten, da war sie längst voll im Gange, da
rasten die

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