Sonnenkoenig
ihn und um die Frau, die bei ihm war. Beide werden seit
Stunden vermisst. Vielleicht ist der Sender unsere einzige Chance. Versuchen
Sie es doch bitte.«
»Na schön, bleiben Sie dran.«
Ninus befand sich kurz vor der
Erbenheimer Abfahrt, als Helfrich sagte: »Steht. Ich empfange das Signal ganz
deutlich.«
»Wo?«
»Moment, ich muss noch etwas näher
ran. So, jetzt haben wir es. Mmh, eher auf dem Rhein.«
»Auf dem Rhein? Heißt das, das
Signal kommt von einem Schiff?«
»Sieht ganz danach aus.«
»Auf- oder abwärts?«
»Moment. Es bewegt sich nur sehr
langsam … Ich würde sagen, quer rüber. Auf der Höhe von Bingen.«
»Bingen. Was ist auf der anderen
Rheinseite?«
»Rüdesheim.«
»Na klar, das Signal kommt von der
Fähre. Von Rüdesheim nach Bingen gibt es eine Autofähre.«
»Könnte passen. Ist jetzt am Ufer
von Bingen angekommen.«
Klar, Rolozko hatte seinen Helfer
losgeschickt, eventuelle Verfolger in die falsche Richtung zu locken. Er selbst
ist auf der Bundesstraße am Rhein entlanggefahren, um jetzt auf die andere
Seite zu wechseln. Wo will er hin?
»Fährt jetzt Richtung Autobahn.
A 60«, kam es aus dem Lautsprecher.
»Bleiben Sie dran. Ich versuche,
dorthin zu gelangen. Geben Sie mir ständig die Position durch.«
Ninus fuhr bis zur Schiersteiner
Ausfahrt, um von dort auf die Rheinbrücke Richtung Mainz zu gelangen. Während
er durch die Nacht raste, um diese Zeit war wenig Verkehr, überlegte er
fieberhaft, wie es weitergehen sollte. Angenommen, er erreichte das Fahrzeug,
wer befand sich darin? Rolozko? Carla und Beppo? Wenn ja, was hatte Rolozko
vor? Sich nach Frankreich abzusetzen?
Sollte er Helfrich bitten,
Verstärkung anzufordern? Das Bild des sich überschlagenden Volvos gab den
Ausschlag, sich dagegen zu entscheiden.
»Ist jetzt auf der Autobahn.
Richtung Bad Kreuznach.«
Hagen holte alles aus dem alten
Vectra heraus. Immer wieder gab er Helfrich durch, wo er sich befand. Dieser
aktualisierte fortwährend die Position des Senders.
»Jetzt auf die A 61
gewechselt. Großrichtung Köln-Bonn.«
Doch nicht nach Frankreich. Nach
Holland?
»Dorsheim … Waldlaubersheim
… Sie kommen näher. Ich würde sagen, noch zehn Kilometer Abstand.«
»Stromberg … noch acht
Kilometer, bald haben Sie ihn.«
Ninus hatte es aufgegeben, die
rechte Fahrspur zu nehmen. Er blieb stur links, betätigte ununterbrochen die Lichthupe.
Einem ungarischen Lastwagenfahrer schien dies völlig egal zu sein. Er wechselte
seelenruhig auf die Überholspur. Ninus stieg voll in die Bremsen, der Vectra
kam ins Schleudern, nur mit größter Mühe bekam Ninus ihn wieder unter
Kontrolle. Er wechselte nach rechts, dort schlich ein holländisches
Wohnwagengespann gemächlich die Steigung hinauf.
»Scheiße, was soll’s«, fluchte
Ninus und schoss über die Standspur an den beiden Fahrzeugen vorbei. Der
Holländer, der bestimmt noch von vergangenen Tagen an der Riviera oder Costa
Brava träumte, erschrak, verzog das Lenkrad, sein Anhänger geriet ins
Schlingern und wäre beinahe gegen den Lkw gestoßen. Das war knapp.
»Verlässt die Autobahn bei
Rheinböllen. Etwa fünf Kilometer.«
Rheinböllen? War da nicht dieser
Flughafen in der Nähe, Hahn? Das Mekka der Billigflieger? Für einen Euro in die
schöne weite Welt.
»Auf der B 50 Richtung
Simmern. Willkommen im Hunsrück.«
Tatsächlich, Rolozko wollte nach
Hahn. Vielleicht hatte er ein Privatflugzeug dort stehen.
»Helfrich, können Sie abchecken,
ob auf dem Flughafen in Hahn eine Maschine für Andrej Doran Rolozko
bereitsteht?«
Aus dem Lautsprecher kam
plötzlich eine andere Stimme. »Herr Hagen. Hier Oberstaatsanwalt Dr. Ströcker.
Was geht da vor?«
Hagen erinnerte sich, dass Ströcker
die Ermittlungen gegen Rolozko leitete. Beppo hatte ihm davon erzählt. »Herr
Dr. Ströcker, das kann ich jetzt nicht erklären. Nur so viel: Ich vermute,
Rolozko hat Hauptkommissar Wanninger und Carla Cosian entführt, beziehungsweise
die beiden als Geiseln genommen. Ich bin hinter ihm her. Wie es aussieht, will
er sich absetzen. Mit einem Privatflieger. Von Hahn aus. Ich muss ihn stoppen.«
Ströcker schwieg zunächst,
räusperte sich und sagte: »Wenn das stimmt, müssen wir das MEK einschalten.
Sind Sie sich sicher?«
Ninus bekam Panik, nicht weil er
fast die Abfahrt Rheinböllen verpasst hätte und es nur im letzten Moment
schaffte, die scharfe Kurve zu nehmen, ohne im Acker zu landen, sondern wegen
der Vorstellung, wie die schusswütigen
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