Sonnenkoenig
Sicherheitskräfte Rolozkos Wagen zum
Stehen bringen würden.
»Ich bin mir überhaupt nicht
sicher. Es ist eine reine Vermutung. Lediglich der GPS-Sender in der Hülle ist
mein einziger Hinweis.«
Wieder eine Kurve im letzten
Moment gerade so geschafft. Ein Schild neben der roten Ampel, die Ninus
geflissentlich ignorierte, wies auf den Flugplatz hin: noch drei Kilometer.
»Lassen Sie das MEK noch raus aus
der Sache. Wenn ich falsch liege, gibt das bestimmt einen Riesenärger.« Wie
Ninus Staatsbeamte einschätzte, war das das Letzte, was sie wollten.
»Sie sind sich nicht sicher?«,
hakte der Staatsanwalt nach.
»Überhaupt nicht.«
»Gut, bleiben Sie dran. Berichten
Sie alles, was Sie sehen und unternehmen. Ich bleibe hier und werde je nach
Lage entscheiden.«
»Von mir aus«, brummelte Ninus vor
sich hin und schaffte es im letzten Moment, einem entgegenkommenden Wagen
auszuweichen. Linkskurven sollte man grundsätzlich nur schneiden, wenn man sie
überblicken kann.
Jetzt kam wieder Helfrichs Stimme
aus dem Lautsprecher. »Zielobjekt ist kurz vorm Flughafen. Ein Learjet, der
einer südafrikanischen Immobilienfirma gehört, wurde kurzfristig gebucht und
soll in etwa 20 Minuten starten. Ziel Marokko.«
Hagen versuchte, das Gaspedal noch
mehr durchzutreten, was jedoch nicht möglich war. Weiter ging es einfach nicht.
Links vorne sah er bereits den in gleißendem Licht liegenden Flughafen. Ein
Schild wies auf mögliche Parkgelegenheiten hin.
»Helfrich, Mann, wie sieht es
aus?«
»Zielobjekt biegt jetzt ab …
warten Sie … noch ein bisschen zoomen … der zweite Parkplatz … jetzt wird das
Fahrzeug langsamer.«
Parkplatz 2. Ein blaues Schild
wies nach rechts. Ninus schleuderte in die Kreuzung hinein, steuerte gegen. Das
Heck scherte aus, streifte einen Begrenzungspfosten, der in hohem Bogen
Richtung Acker flog. Mit großer Mühe und wilden Lenkbewegungen brachte der
Detektiv den Wagen wieder unter Kontrolle. Vor ihm schlich ein VW-Polo auf der
Suche nach einem freien Platz die Parkreihen entlang. Ninus wollte gerade zum
Überholen ansetzen, da sah er sie. Carla! Hinter ihr Rolozko. Er trug einen
Aktenkoffer. Den rechten Arm hielt er waagerecht hoch, ein zusammengelegtes
Jackett bedeckte die Hand. Ninus hatte sie voll in seinem Scheinwerferlicht.
Was tun? Er musste handeln, und das schnell. Es waren nur noch wenige Meter bis
zur Eingangshalle. Immer mehr Menschen strömten darauf zu. Kamen aus allen
Richtungen.
»Herr Hagen, was ist?«
Ströcker!
»Ich sehe sie. Laufen zum Eingang.
Rolozko scheint eine Waffe auf Frau Cosian zu richten …«
»… und Wanninger?«
»Nicht dabei. Ich geh los …«
»Hagen! Was haben Sie vor?«
Ninus bremste. Er riss die
Fahrertür auf. Bevor er hinausstürzte, brüllte er ins Telefon: »Jetzt können
Sie Ihre Kavallerie herschicken!«
Hagen ließ den Wagen mit laufendem
Motor mitten auf dem Fahrweg stehen und spurtete los. Er durfte die beiden
nicht aus den Augen verlieren und musste sie nach Möglichkeit noch vor den
automatischen Glastüren überholen – und Rolozko durfte ihn nicht erkennen.
Jetzt war er auf gleicher Höhe, Carla etwa vier Meter seitlich von ihm
entfernt. Zwischen ihnen bewegte sich lediglich ein älteres Ehepaar, das zwei
Trolleys hinter sich herzog. Carla, schau hierher, dreh deinen Kopf nach links,
flehte Ninus innerlich. Ich bin’s. Ich will dir helfen. Hier! Ninus zuckte
zusammen. Carla hatte ihren Kopf wirklich zu ihm hingedreht. Suchende Augen. Da
sah sie ihn, wollte reagieren. Schnell legte er seinen ausgestreckten
Zeigefinger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Carla begriff. Sie blickte
wieder nach vorne, nach rechts, wieder nach vorne. Rolozko stieß sie in den
Rücken, sagte etwas, das Ninus nicht hörte. Sie waren an den Türen angekommen,
die sich auseinanderschoben. Vier Jugendliche, braun gebrannt und sichtlich
angetrunken, verließen das Gebäude, alberten herum, stießen sich und grölten.
Einer verlor das Gleichgewicht, torkelte auf Carla zu. Hielt sich an ihr fest,
zerrte sie mit sich. Jetzt oder nie! Ninus machte zwei Schritte zur Seite und
warf sich mit einem Hechtsprung auf Rolozko. Der Sprung war zu kurz geraten,
Hagen erwischte nur Andrej Dorans Beine. Dieser strauchelte zwar, fiel jedoch
nicht. Er drehte sich mit wutverzerrtem Gesicht zu dem am Boden liegenden Hagen
um. Doch das war Ninus zunächst völlig egal. Er brüllte: »Lauf, Carla, lauf!«
Als er zu Rolozko aufblickte, sah er ein blitzendes Messer auf
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