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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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hat?«
    »Töchter«, verbesserte Tobin ihn sanft. »Das ist der Unterschied, Chay.«
    »Nein«, erklärte Andrade. »Palila starb, weil sie sich des Verrats schuldig gemacht hatte.«
    »Ianthe ebenso«, gab Rohan zu bedenken. »Roelstra ist arrogant, aber nicht dumm. Er muss wissen, dass sie hinter allem steckte. Pandsala ist klug genug, um sich die Variante auszudenken, aber nur Ianthe konnte den ursprünglichen Plan aushecken. Die Tatsache, dass Roelstra sie mit Feruche belohnt, bestätigt dies in meinen Augen.« Er hielt Sioneds Finger noch fester und blickte auf sie hinab. »Er will, dass sich Ianthes Talente gegen uns richten. Vor allem gegen dich.«
    »Das macht es noch wichtiger, dass ich heute Abend mit dir erscheine, genauso, wie wir es geplant hatten«, erklärte sie. »Das wird ein Schlag in sein Gesicht, und ich habe mich schon so darauf gefreut.« Sie schenkte ihm ein angespanntes Lächeln. »Ich habe keine Angst vor ihr, Rohan. Und du ebenso wenig.«
    »Gut so«, lobte Tobin, was ihr einen wütenden Blick von ihrem Bruder einbrachte. »Und abgesehen davon muss sie heute Abend noch gesund und lächelnd auftreten. Das ganze Lager wird inzwischen von Gerüchten voll sein über – wie hast du es genannt, Tante?«
    » Dranath . Schweig, Rohan, die beiden haben recht.«
    Chay beugte sich vor und fragte direkt: »Wie können wir helfen?«
    Andrade musterte Sioned noch einmal. »Du siehst furchterregend aus. Tobin, du und Cami, ihr müsst etwas dagegen tun.«
    »Dann muss sie als Erstes einmal Ruhe haben«, entschied Tobin. »Chay, Rohan – raus!«
    »Ich lasse sie nicht allein«, widersetzte sich Rohan.
    »Hör zu, Liebster«, murmelte Sioned. »Ich kann mich nicht ausruhen, wenn du neben mir sitzt und aussiehst wie ein Rache-Drache.«
    Chay packte Rohan am Kragen und zerrte ihn auf die Füße. »Komm schon. Wir müssen dich auch ein bisschen hübsch machen, weißt du. Walvis kann deine Kleider und so weiter in mein Zelt bringen. Lass das Mädel schlafen. Weiß der Himmel, du hast sie letzte Nacht sicher kaum zur Ruhe kommen lassen!«
    Nachdem er noch ein Weilchen trotzig protestiert hatte, ließ sich Rohan schließlich mitziehen. Sioned erwiderte Tobins Blick und flüsterte: »Er war so glücklich. Und nun dies.«
    »Ihr werdet schon bald frei sein«, versprach Andrade.
    »Und habt alle Zeit der Welt, um glücklich zu sein«, schloss Tobin. »Mach die Augen zu, Sioned. Camigwen und ich werden uns um alles kümmern.«
    Bei Sonnenuntergang blickte Sioned in den Spiegel und sah sich einer Fremden gegenüber. Ihre Augen waren mit dunkelgrünem Stift umrahmt worden, und ein Hauch Goldpuder auf den Lidern verlieh ihrem Blick eine Spur des gewöhnlichen Leuchtens. Cremes waren auf ihre Wangen und Lippen aufgetragen worden, um gesunde Farbe vorzutäuschen. Alle Geschicklichkeit von Tobin und Camigwen zusammen war nötig gewesen, um den Anschein zu erwecken, als sei das Make-up auf ihr normales Gesicht aufgetragen worden. Sie hatten ihr Haar zu einer Vielzahl feiner Zöpfe geflochten, die sich um ihren Kopf legten und wie ein Feuer über ihren Nacken ergossen. Sie nahm an, dass sie schön war.
    »Wo ist denn Walvis mit dem Schmuck hin?«, sorgte sich Camigwen, während Tobin den Rock des Gewandes über Sioneds Haar streifte und um ihre Taille zurechtzupfte.
    »Man sollte doch meinen, mein dummer Bruder wäre inzwischen zu seiner eigenen Zufriedenheit gekleidet und besäße so viel Anstand, an Sioneds Smaragde zu denken.«
    Sioned war damit fertig, die Spitzen des Rockes zu binden, und starrte verwirrt auf ihr Spiegelbild. Das Kleid war genau so, wie sie erwartet hatte, als sie die schwere Seide das erste Mal in der Bude des Händlers erblickt hatte. Sah so eine Prinzessin aus?
    »Perfekt«, erklärte Cami und trat einen Schritt von ihr zurück.
    »Das finde ich auch«, bemerkte Rohan leise.
    Sioned wandte sich um. Seiner schlichten, schwarzen Kleidung, ähnlich der, die er in Stronghold getragen hatte, hatte er eine ärmellose schwarze Seidentunika hinzugefügt, die auf der Vorderseite von der Taille bis zum knietiefen Saum geschlitzt war und die ein Silbergürtel schmückte. Er und Sioned starrten einander an, bis Tobin mit ihrem Lachen den Bann brach.
    »Seht zu, dass ihr eure Augen wieder in die Köpfe bekommt!«
    »Ist das meine Sioned unter alldem?«, staunte Rohan spöttisch.
    »Willst du einen Beweis?« Sie hielt die Hand mit dem Smaragd hoch.
    »Oh, bitte, etwas Wichtigeres«, schlug Cami lachend

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