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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Ostvel, und als Sioned unglücklich nickte, stieß er einen Pfiff aus. »Ich kann es kaum erwarten, diesen Prinzen zu sehen. Jeder Mann, der schuld daran ist, dass ein Lichtläufer von deinem Rang einen derartig gravierenden Fehler macht …«
    »Es war nicht er, ich war es«, erklärte ihm Sioned. Dann platzte sie los: »Und Cami hat mir erzählt, ich hätte nichts zu befürchten!«
    »Wenn du etwas zu befürchten hast«, murmelte Ostvel, »dann ist das zu viel Licht. Zu viel FEUER . Nicht die Schatten, Sioned – die niemals.«
    »Ich könnte mich in dem einen ebenso leicht verlieren wie in dem anderen«, flüsterte sie und starrte auf ihre Hände hinab.
    Rohan schaffte es, seiner Tante bis zum Abend nach der Drachenjagd aus dem Weg zu gehen. Nachdem sie Tobin fortgeschickt hatte, damit diese sich ausruhte und von dem Zugriff auf ihre Energie erholte, hatte Andrade den jungen Prinzen gesucht, aber nicht gefunden. Ihre Würde untersagte es ihr, irgendjemanden zu fragen, wo er sich aufhielt. Schließlich musste sie auf ihren Ruf achten, und so weigerte sie sich zuzugeben, dass sie nicht in der Lage war, einen einzigen Mann in einem begrenzten Gebiet zu finden. Wütend über seine Fähigkeit zu verschwinden, wann immer er es wollte, und obwohl sie seit seiner Kindheit mit dieser Fähigkeit vertraut war, beschloss sie, noch sturer zu sein als er. Sie wusste nur zu gut, dass er Zeit und Ort ihres Treffens festlegen wollte.
    Einen Teil des Tages verbrachte sie mit Tobin und gab ihrer Nichte die Erklärungen, die sie verdient hatte. Chay schlief seine körperliche und emotionale Erschöpfung aus – und all den Wein, den er auf leeren Magen bei dem Versuch getrunken hatte, den Anblick von Zehava zu vergessen, wie er vom Drachen durchbohrt wurde –, als Andrade am späten Vormittag an der Tür von Tobins Zimmer erschien. Die beiden Frauen begaben sich für ein Gespräch unter vier Augen in den Garten.
    »Es war äußerst merkwürdig«, gab Tobin zu, als Andrade sich nach ihrer Reaktion auf das Geschehen vom Vorabend erkundigte. »Ich habe mich schon immer gefragt, wie die Faradhi’im mit dem Licht der Sonne arbeiten.«
    »Glaube nur ja nicht, du könntest es allein tun, nur weil du mir einmal dabei geholfen hast«, warnte Andrade. »Es ist schwer, das Gleichgewicht zu halten, und die Kontrolle erfordert eine gründliche Ausbildung.« Sie unterbrach sich, als ein Bodenmeister sich unter Verbeugungen aus ihrer Gegenwart in der Nähe der Rosen zurückzog. »Aber ich glaube, ich werde dir einiges von Sioned beibringen lassen, wenn sie kommt.«
    »Ist das ihr Name? Sioned?«
    »Ja, aber betone die zweite Silbe stärker. ›Sh- ned ‹«, wiederholte Andrade.
    »Ein hübscher Name«, meinte Tobin nachdenklich. »Weiß Rohan schon, dass von ihm erwartet wird, dass er diesem Namen ein ›Prinzessin‹ hinzufügt?«
    »Ich dachte mir schon, dass du sicher dahinterkommen würdest. Ja, sie soll seine Frau werden. Er weiß es noch nicht, aber das wird sich bald ändern.«
    »Sie hat mir gefallen. Es kommt mir vor, als hätte ich sie irgendwie berührt. Da waren – Farben, fast so, als könnte ich sie in meinen Händen halten. Schöne Farben.«
    »Ich glaube nicht, dass dir diese Art der Berührung so völlig neu ist.« Andrade sah die Prinzessin mit hochgezogenen Brauen prüfend an.
    »Manchmal, wenn ich mit Chay zusammen bin, fühle ich etwas Ähnliches«, gab Tobin zögernd zu. »Fast so, als könnte ich in ihn hineinsehen und als bestünde er aus allen Arten von Farben. Heißt das, ich könnte auch lernen, Faradhi zu sein?«
    »Sioned könnte dir ein wenig beibringen – aber wirklich nicht mehr. Es ist gefährlich.«
    »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Kessel den Schattentod starb«, erwiderte sie still. »Mutter und ich haben ihn bis zu seinem Tod gepflegt.«
    Andrade wandte sich ab. Sie erinnerte sich auch an den hübschen jungen Lichtläufer, der eine Zeitlang in Stronghold einen Posten innegehabt hatte. Er hatte das Licht am späten Nachmittag falsch eingeschätzt. Der Schattentod war das am meisten gefürchtete Risiko, das ein Faradhi’im eingehen konnte, denn Gedanken, die durch die Dunkelheit entwirrt wurden, ließen sich nie wieder neu weben, und Farben, die durch die Nacht in Vergessenheit gerieten, erblickten nie wieder das Licht der Sonne. Der geistlose Körper starb bald darauf, und seine Essenz folgte der Sonne ins Wasser der Dunkelheit.
    »Dann kennst du ja die Folgen einer Selbstüberschätzung«,

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