Sonnenlaeufer
bereits bei dem Gedanken, dass wir in ein paar Tagen den Faolain überqueren müssen.«
»Das ist für lange Zeit der letzte Fluss, den du überqueren musst«, erinnerte er sie, und seine Augen funkelten belustigt im Feuerschein. »Die Wüste ist genau der richtige Ort für euch Lichtläufer. Sag mal, Sioned, bist du auch wie Camigwen, der schon übel wird, wenn sie bloß eine Badewanne sieht?«
Cami hieb ihm die Faust in die Rippen. »Pass auf, was du sagst, sonst speie ich noch auf dich, wenn wir den Fluss überqueren!«
Brummend stand Ostvel auf. »Kommt schon, Meath, Antoun – werfen wir lieber einen Blick auf die Pferde, ehe meine sanfte und empfindsame Geliebte noch beschließt, mir den Arm zu brechen.«
Mardeem, der mit seinen Liedern bei Sioned nicht mehr als ein leichtes Erröten hervorgebracht hatte, erklärte, er hätte seine Stimme verloren und benötige Schlaf. Die meisten anderen folgten seinem Beispiel und rollten sich in ihren Decken auf dem Boden in der Nähe zusammen, taktvoll außerhalb der Hörweite von Sioned und Camigwen, die am Feuer sitzen blieben. Ohne Musik war es zu still. Sioned langte nach einem Zweig, zog ihn aus dem Feuer und betrachtete schweigend die kleine Flamme.
»Cami – du und Ostvel, würdet ihr eine kleine Weile mit mir dort bleiben? Wenn ich …« Sie brachte es nicht über sich zu sagen: … verheiratet bin. Die Bezeichnung Prinzessin aber galt erst der Frau, die sie vor Jahren im Feuer gesehen hatte. »Ich glaube, ich werde jemanden brauchen, mit dem ich reden kann«, schloss sie.
»Wir bleiben so lange, wie du willst. Aber du wirst uns nicht brauchen, Sioned. Du hast doch ihn.«
»Davor habe ich ja Angst«, murmelte sie.
»Was ist denn los? Seit Jahren hast du gehofft, dass es passiert, und heute warst du den Tag über doch so glücklich.«
»Was, wenn wir nicht miteinander reden können?«, brach es aus Sioned heraus. »Wenn wir nichts zu sagen finden? Cami, sieh mich an. Ich bin ein Nichts. Eine Lichtläuferin mit sechs Ringen, die kaum ihr Handwerk versteht, geboren in einer Burg, von der noch nie jemand etwas gehört hat! Kannst du in mir wirklich eine Prinzessin sehen?«
»Du fürchtest die Schatten, Lichtläuferin«, bemerkte Camigwen. »Sei nicht so albern. Natürlich werdet ihr einander lieben.«
»Und wenn wir es nun nicht können? Ich kenne ihn nicht, und er kennt mich noch weniger. Ich will mich nicht an einen Mann binden, den ich nicht lieben kann.«
»Hör mir zu, Sioned. Schau ins FEUER . Es gibt keine Schatten, in denen du dich verlierst und aus denen du niemals mehr herausfindest. Es gibt nur Licht.«
Auf die Bitte ihrer Freundin hin ließ Sioned den Zweig zurück ins Feuer fallen und betrachtete die Flammen, und in ihnen war sein Gesicht zu sehen. Sie zuckte zusammen angesichts des Kummers, der seine Augen und seinen sensiblen Mund gezeichnet hatte. Unwillkürlich streckte sie die Hände aus und schrie auf, als FEUER ihre Finger und ihren Geist versengte.
»Sioned.«
Sie war sich des kalten Wassers kaum bewusst, das Camigwen über ihre verbrannten Finger goss, ebenso wenig wie der besorgten Stimmen um sie her. Der Schmerz war über die Hände und die Arme zu ihrem Herzen geeilt und tief hinein in jenen Teil ihres Denkens, der wusste, wie man auf den gewebten Strahlen des Sonnenlichts reitet. Sie schaukelte hin und her und hüllte den Schmerz in Stöhnen, bis er langsam verging und sie wieder klar sehen konnte.
Ihre Freunde hatten sich besorgt um sie versammelt. »Es tut mir leid«, murmelte sie beschämt, senkte den Kopf und verbarg ihre verbrannten Finger in ihrem Schoß.
»Das Feuer hat Funken gesprüht«, erzählte Camigwen den anderen.
»Sei in Zukunft vorsichtiger, Sioned«, warnte Meath und tätschelte ihr in rauher Zärtlichkeit die Schulter. Sie nickte wortlos. Sie war unfähig, auch nur einen ihrer Freunde anzusehen.
»Ja«, fügte Ostvel hinzu. »Wir sollten dem Prinzen eine Braut bringen, die nicht vor Schmerzen aufschreit, wenn er ihr die Hand küsst. Alle sollten jetzt schlafen. Wir haben morgen einen langen Ritt vor uns.« Als alle gegangen waren, ging er neben Sioned in die Hocke, legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang ihr Gesicht zu sich empor.
»Es tut mir leid«, wiederholte sie.
»Nein, ich bin es, der es leidtut«, widersprach Camigwen. »Ich wollte nur, dass du ihn noch einmal ansiehst und erkennst, dass du keine Angst haben musst.«
»Du hast die Kontrolle über eine Flammenbeschwörung verloren?«, fragte
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