Sonnenlaeufer
er: »Sioned hat übrigens etwas erwähnt wie ›Schleichen im Dunkeln‹.«
Bei dieser Bemerkung zuckte ein echtes Lächeln um Rohans Lippen. »Ach ja, hat sie das gesagt?«
»Ist das ein neues Spiel?«, erkundigte sich Riyan eifrig. »Darf ich mitspielen?«
Ostvel zwinkerte Rohan zu. »Wenn du älter bist! Jetzt sag deinem Prinzen gute Nacht.«
»Gute Nacht«, echote Riyan gehorsam. »Vergesst das Drachenspiel nicht.«
»Gewiss nicht. Schlaf gut.«
Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, aß er mit solchem Appetit weiter, dass Walvis ihn gelobt hätte. Zusammen mit Sioned kämpfte der ständig gegen seine Neigung, zu viel zu arbeiten und zu wenig zu essen. Als Rohan mit dem Essen fertig war, lehnte er sich bequem zurück, ein Weinglas in der Hand. Wie sie es sich einst scherzhaft versprochen hatten, trafen er und Sioned sich häufig spätabends im Garten. Die Bediensteten grinsten und taten so, als bemerkten sie nichts. Sie hielten sich streng an die Regel, dass nichts und niemand den Prinzen und seine Prinzessin stören durfte, wenn sie verschwanden, es sei denn, Roelstras Armeen ständen vor den Toren. Diese köstliche Spielerei war genau das, was Rohan heute brauchte, und als es dunkel war, nahm er eine volle Weinflasche und die Gläser und verließ das Zimmer.
Barfuß, nur in seine dünne, seidene Robe gehüllt, schritt er die geheimen Stufen hinab und durch den leeren Garten bis hin zur Grotte. Sioned war wie hingehauchte Erregung überall an seinem Körper, wie eine kühle Brise, die durch sein Herz und seinen Geist fuhr. Er stand am Wasserfall und schloss die Augen. Er spürte ihre Gegenwart schon einen Wimpernschlag, bevor sich ihre Arme um seine Taille legten und sie ihren Körper an seinen Rücken schmiegte. Er genoss das Entzücken, als ihre Lippen seinen Nacken streiften.
Ihre ersten Worte jedoch brachten den Zauber und seine Zufriedenheit zum Schmelzen. »Du hast dich den ganzen Nachmittag über mit diesen Berichten eingeschlossen. Wir haben Probleme, nicht wahr?«
»Nichts, was nicht noch Zeit hätte.«
Sie ließ ihn los, und er wandte sich zu ihr um. »Erzähl es mir, Rohan.«
Traurig hielt er die Flasche und die Gläser hoch. »Und ich dachte, wir würden …«
»Oh, aber das werden wir doch auch«, versicherte sie ihm und besiegelte ihr Versprechen mit einem Kuss. »Aber ich habe dich den ganzen Tag lang nicht gesehen. Komm, sprich mit mir, Geliebter.«
Sie setzten sich nebeneinander ins weiche Moos. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Den Wein stellten sie für später beiseite. Ihre Arme hatten ihm Freude geschenkt und ihre Liebe ihm Kraft gegeben. Aber was er am meisten an ihr liebte, war vielleicht der Trost, den ihr Verstand ihm spendete. Die meisten Prinzen hatten bloß Gemahlinnen; er jedoch hatte in Sioned eine Prinzessin gefunden, die den königlichen Reif verdiente, den er ihr geschenkt hatte.
Er erzählte ihr von den Drachen, und da er sie in den Armen hielt, konnte er die Reaktion ihres Körpers fühlen. Sie konnte eine so kühle und neutrale Miene aufsetzen wie Andrade, aber wie die trommelnden Finger seiner Tante ihre Laune verrieten, so brauchte Rohan nur Sioneds Hand zu berühren, um ihre wahren Gefühle zu kennen. Sie war jetzt angespannt, und die geschmeidigen Muskeln waren hart.
»Wir müssen das Treffen mit den Vasallen in diesem Jahr streichen«, erklärte sie, als er geendet hatte. »Dann wird niemand da sein, der eine Jungdrachen-Jagd verlangen könnte.«
»Ich habe auch schon daran gedacht. Feylin hat recht. Die Drachen werden nicht hierher zur Felsenburg kommen, also werden die Vasallen ohnehin keinen Spaß haben. Aber wir müssen sie trotzdem zusammenrufen. Dies ist das erste Rialla nach sechs Jahren. Wir müssen alle lange und gründlich miteinander reden, und diejenigen, die erst nach der Seuche ihr Erbe angetreten haben, müssen sich uns anderen in aller Form anschließen.«
»Wirst du ihnen von dem Drachengold erzählen? Sie haben sich schon gefragt, woher du das Geld für das Dranath genommen hast, weißt du. Als Farid im letzten Jahr hier war, hat er erzählt, sein Volk wüsste, woher das Gold stammt …«
»Aber sie haben bisher keine Silbe davon verlauten lassen, seit zwanzig Jahren nicht«, erinnerte er sie.
»Natürlich nicht. Aber diejenigen, die nicht in den Höhlen arbeiten, glauben, es wäre eine Mine wie alle anderen. Sie kennen die Verbindung zu den Drachen nicht. Vielleicht sollten wir den Vasallen es auch so erzählen.«
»Ich
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