Sonnenlaeufer
Sterbenden ein Messer ins Herz gestoßen hatte, befahl er, die Hände in Satteltaschen zu legen, eine Tasche für jeden noch lebenden Soldaten.
»Die bringt ihr jetzt nach Norden, zu euren Herren. Ihr …« Er deutete mit seinem Schwert auf den Mann in den besten Kleidern. »Seid Ihr eine Art Hauptmann? Das dachte ich mir. Ihr werdet das Privileg haben, nach Süden zu gehen, nicht nach Norden. Ihr werdet dies als Geschenk von mir zum Hoheprinzen Roelstra bringen und ihn darüber informieren, was hier geschehen ist. Sorgt dafür, dass ihm ganz klar wird, dass ich ihm nicht nur seine Hand abschlagen lassen werde, wenn wir uns das nächste Mal begegnen, sondern seinen Kopf.« Nach einer kurzen Pause fuhr er milder fort: »Ich schlage vor, Ihr macht einen Bogen um Skybowl. Ehe Ihr zu Fuß dort anlangt, werden meine Männer Eure Kameraden dort niedergemetzelt haben.«
»Zu Fuß!«, brach es aus dem Hauptmann heraus. »Aber wir haben kein Wasser!«
Rohan bedachte ihn mit einem ruhigen Lächeln. »Das hatten meine Gemahlin und ich, als wir von Feruche hierhergingen, auch nicht. Du hast den längeren Weg, mein Freund. Brich jetzt auf, ehe ich meine Meinung ändere und euch alle hier an Ort und Stelle töten lasse.«
Rohan wendete sein Pferd und ritt nach Stronghold zurück. Im Innenhof stieg er ab. Niemand wagte es, sich ihm zu nähern. Als er langsam zu seinen Gemächern emporstieg, begegnete er seiner Schwester, die nach unten eilte. Sie hinkte, und ein Verband war um ihren Schenkel gewickelt. Trotz seiner enormen Müdigkeit empfand er Sorge.
»Rohan! Ist das wahr?« Sie packte seinen nackten Arm, und ihre kühlen Finger berührten seine sonnenverbrannte, blasige Haut ausgesprochen schmerzhaft.
»Nicht jetzt, Tobin.« Er zog sich von ihr zurück und ging weiter hinauf.
»Antworte mir! Stimmt es, dass ihr ein Kind haben werdet?«
Er blieb abrupt stehen.
»Rohan! Sie hat mir erzählt, ihr würdet einen Sohn bekommen! Ist das wahr?«
»Das hat sie dir also erzählt, ja?« Er drehte sich um und schaute in die schwarzen Augen seiner Schwester. Tobin hörte die Bitterkeit und Leere in seiner Stimme, als er antwortete: »Ja. Es ist wahr. Ich werde einen Sohn haben.«
Rohan zog sich zurück und ließ Tobin verwirrt stehen. Er schloss die Tür seiner Gemächer hinter sich.
Lange blieb er neben dem Bett stehen und blickte auf seine Frau hinab. Sie lebten. Wie er es versprochen hatte. Er war nicht umsonst in der Wüste aufgewachsen. Was Sand und Felsen an Nahrung und Feuchtigkeit boten, hatten sie geteilt – und überlebt.
Er folgte den feinen Linien ihres hageren Gesichts, das so seltsam friedvoll war. Leid ließ die meisten Menschen altern, aber Sioneds Gesicht war ein Wunder kindlicher Reinheit, während sie schlief. Ihre Lippen waren zu einem winzigen Lächeln verzogen, und jede Linie ihres Gesichts drückte Erleichterung aus.
Er hatte ihr ihr Leben versprochen. Sie hatte ihm einen Sohn versprochen. Konnte sie Ianthes Bastard an ihre Brust drücken, konnte sie auch nur in Erwägung ziehen, ihn von seiner Mutter zu trennen? Und konnte er das Kind jemals ansehen, ohne an die Frau zu denken, die es geboren hatte?
Wenn Sioned es konnte, dann musste er es auch. Die Göttin würde ihm helfen.
Er legte sich neben sie, starrte auf die Decke. Überrascht stellte er fest, dass noch immer so viel Wasser in ihm war, dass er weinen konnte.
So fanden Tobin und Ostvel sie, als die Dämmerung hereinbrach. Beide schliefen. Tobin war gekommen, um ihre Verletzungen zu versorgen, und Ostvel, um ihnen zu essen zu bringen. Sie wechselten einen Blick miteinander, und dann fragte die Prinzessin ihn.
»Sie hat nichts von einem Kind zu dir gesagt, ehe sie aufbrach?«
»Nichts. Glaubt Ihr, ich hätte sie sonst ziehen lassen?« Ostvel schüttelte den Kopf. »Allerdings glaube ich kaum, dass irgendwer sie hätte aufhalten können. Aber warum hat Ianthe sie freigelassen?«
»Vielleicht sind sie entkommen.«
»Aus Feruche? Die einzige Möglichkeit, die Burg zu verlassen, ist die Erlaubnis, das zu tun.«
Sie beobachteten das Paar noch eine Weile: Sioned sah friedlich aus im Schlaf, Rohan mitgenommen. Tobin erkannte, dass die Jugend aus dem Gesicht ihres Bruders gewichen war, und sie war traurig über diesen Verlust.
»Wir werden zweifellos alles darüber erfahren, was sie uns wissen lassen wollen«, sagte sie.
»Ohne Zweifel«, stimmte Ostvel zu. »Und jetzt lassen wir sie besser schlafen.«
Kapitel 27
Später am Tag trat der warme
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