Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
Sioned ihr Pferd und bestaunte die Ausdehnung des Lagers. Andere Prinzen waren schon früher eingetroffen und hatten ihre Zelte aufgeschlagen, und Sioned erklärte Cami und Ostvel, um wen es sich im Einzelnen handelte. Die beiden waren mit ihr vorausgeritten, um die Gegend zu inspizieren, ehe der Hauptteil von Rohans Gefolge eintraf.
    »Die gelbe Gruppe da drüben beim Wald, das ist Prinz Saumer aus Isel. Er ist so weit wie möglich entfernt von Prinz Volog untergebracht – sie teilen sich ihre Insel und sind darüber beide sehr unglücklich, deshalb halten sie sich während des Rialla voneinander fern. Die orangefarbenen Zelte gehören Prinz Durriken. Der wird da unten gebraten werden, so weit fort von den Bäumen.«
    »Wer hat dir denn all dieses Wissen eingebläut?«, wollte Cami wissen. »Urival?«
    »Prinzessin Milar. Lasst sehen – rot ist Prinz Vissarion aus Grib, das alberne Pink steht für Seldeen aus Gilad, Grün für Chale aus Ossetia – der ist leicht zu erkennen, Cami. Erinnerst du dich noch daran, als er die Schule der Göttin besucht hat und alles war überschwemmt von grünen Uniformen?« Mühelos identifizierte sie auch die Farben und ihre Eigentümer, jetzt froh über die Instruktionen der Prinzessin. Scharlachrot, schwarz, blattgrün, das Türkis ihrer eigenen Heimat Syr – sie kannte sie alle. Ihr fiel auf, dass die violetten Zelte des Hoheprinzen fehlten, und als sein Name bei ihrer Auflistung fehlte, warf Ostvel ihr einen neugierigen Blick zu.
    »Will der seinen großen Auftritt haben?«
    »Den wird er haben«, bestätigte sie. »Er wird morgen Vormittag den Faolain herabsegeln und mit allen ihm gebührenden Ehren empfangen werden. Sieht aus wie im Karneval, findet ihr nicht? All diese Farben, so bunt durcheinander?«
    »Und die Menschen genauso«, bemerkte Camigwen. »Besonders die Prinzessinnen. Nein, ich werde nicht den Mund halten, Sioned! Zwei Gewänder – mehr wolltest du dir von Prinzessin Milars Damen nicht nähen lassen – zwei, wo du bei mindestens fünfmal so vielen Anlässen erscheinen musst!« Sie wandte sich mit blitzenden Augen in ihrem Sattel um. »Wie lange sind wir jetzt schon Freundinnen? Weißt du denn nicht, wie sehr ich dir Glück wünsche? Warum willst du nichts tun, um es festzuhalten?«
    »Erst wenn er die Prinzessinnen genau angesehen hat und mich dann noch erwählt, weiß ich, dass er mich wirklich will.«
    »Zum Teufel mit den Prinzessinnen!«, explodierte Camigwen.
    »Die anderen sind fast hier«, unterbrach Ostvel die beiden Mädchen. »Wir müssen einen guten Platz für unser Lager finden. Streite später mit ihr, Cami, wir haben eine Menge zu tun.«
    »Wie kann ich mit ihr streiten, wenn es ihr gleichgültig ist?« Camigwen folgte Ostvel den Hügel hinab, während Sioned auf das bunte Treiben hinabschaute und sich dabei auf die Lippe biss.
    Bis zum Abend war auch die Abordnung aus der Wüste in ihren blauen Zelten untergebracht. Nachdem Sioned ihren Teil entsprechend Camigwens Anweisungen erledigt hatte, schlüpfte sie fort, um die Gegend zu erforschen. Das Rialla würde erst morgen offiziell beginnen, mit der Ankunft des Hoheprinzen, und sie würde für Rohan extra Augen, extra Ohren, extra Zunge sein müssen. Sie musste so tun, als wollte sie ihn nicht, und musste sich öffentlich wie auch privat still und bescheiden verhalten – und versuchen, ihr wachsendes Verlangen zu ignorieren, sich auf die königlichen Töchter zu stürzen und ihnen die Haut in Streifen abzuziehen.
    Aber etwas anderes beunruhigte sie, das weitaus ernster war, und das war jener Lichtläufer, den Roelstra korrumpiert hatte. Andrade hatte ihr unterwegs Fragen gestellt, aber Sioned war nicht in der Lage gewesen, ihr die gewünschten Einzelheiten über ihn zu nennen. Sie war jedoch sicher, dass er, wer immer es auch war, auch in jener Nacht anwesend gewesen war, als Prinzessin Tobin beim Lauf über das Mondlicht fast den Schattentod gestorben wäre. Es war ein Jammer, dass sie diesen Faradhi nicht identifizieren und aufsuchen, ihm nicht helfen konnte. Sioneds Herz krampfte sich zusammen, wann immer sie sich sein verzweifeltes Flehen um Vergebung in Erinnerung rief.
    Als die Sonne unterging, wurde in den Zelten Licht gemacht, wodurch sie aussahen wie riesige, bunte Lampions. Sioned blieb stehen – geschützt durch ihre Ringe – und sah den Schattenvorstellungen zu, die die Menschen gaben, ohne sich bewusst zu sein, dass ihre Bewegungen sich deutlich vor dem Licht abzeichneten. Eine

Weitere Kostenlose Bücher