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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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belügen können.
    »Nun, Neffe.« Andrades Stimme an seiner Seite erschreckte ihn. »Deine kleine Unterhaltung wird bald beginnen. Ich freue mich schon darauf.«
    Im Licht des frühen Abends wirkte sie müde. Ihr helles Haar war staubig, und die Falten ihres Gesichts wiesen nach unten. »Ich hoffe, im Zelt schläfst du heute Nacht besser«, meinte er besorgt.
    »Ich schlafe erst wieder gut, wenn du und Sioned …« Achselzuckend brach sie ab. »Aber ich vermute, dazu kommt es erst, wenn du deinen Plan erfolgreich umgesetzt hast.«
    »Wird das je dazu kommen?«
    »Nicht für einen Prinzen. Ich habe darauf gewartet, dass du mich fragst, was ich über Roelstra weiß. Er weiß durch seine Spione wahrscheinlich alles über dich.« Ihre Augen sahen ihn gequält an, aber ehe er irgendetwas sagen konnte, fuhr sie kühl fort: »Wenngleich ich hoffe, dass es nur Dinge sind, die du ihn ohnehin wissen lassen willst.«
    Rohan nahm ihren Arm, und sie schlenderten durchs Lager. »Ich bin mehr an seinen Töchtern interessiert.«
    »Darauf möchte ich wetten. Er hat sie in der Felsenburg festgehalten, deshalb nehme ich an, dass sie gierig nach Freiheit sind. Allerdings werden dir natürlich nur die legitimen Töchter vorgeschlagen werden, wegen der anderen brauchst du dir also keine Gedanken zu machen.«
    »Ich werde sie mir alle anschauen. Je mehr, desto lustiger.«
    »Der Drache inmitten der Herde, hmm?«, konterte sie lächelnd. »Ich entdecke immer mehr von deinem Vater in dir, Rohan – auf deine eigene, süße, rücksichtslose Art. Da diese Mädchen wahrscheinlich kein Herz haben, kannst du auch nichts zerbrechen. Aber du wirst ihren Stolz verletzen, und das ist noch gefährlicher.«
    »Auch dein Stolz ist verletzt worden«, bemerkte er sanft. »Hast du irgendetwas über diesen Faradhi herausgefunden?«
    »Nein, aber das werde ich«, antwortete sie grimmig. »Roelstra wird mir dafür geradestehen. Ich warte, bis du mit ihm fertig bist, aber lass mir noch ein paar Stücke übrig.«
    »Er hat deinen Lichtläufer benutzt, um mich auszuspionieren – er ist uns beiden Rechenschaft schuldig. Aber erzähl mir von seinen Töchtern.«
    Das tat sie. Andrade berichtete ihm alles, was sie wusste, und Rohan hörte aufmerksam zu. Naydra war hübsch, sanft und gefügig; Lenala war dumm, Ende des Berichts. Ianthe und Pandsala waren die beiden, vor denen er sich hüten musste.
    »Ianthe ist die Schönste und scheint die Intelligenteste zu sein, also wird sie schon längst die Vorzüge einer Ehe mit dir erkannt haben. Es würde mich überraschen, wenn sie sich nicht eines Nachts in dein Zelt stehlen würde. Was Pandsala angeht, so ist sie fast ebenso hübsch und beinahe ebenso intelligent wie Ianthe. Zumindest hat man mir das erzählt.«
    »Wer?«, fragte er, obwohl er wusste, dass sie seine Frage nicht beantworten würde.
    »Das braucht dich nicht zu kümmern. Denk du nur an Sioneds Gefühle. Tobin und ich werden tun, was wir können, um dich vor ihrem Zorn zu schützen. Hast du eigentlich schon entschieden, wie und wann du deine kleine Komödie beenden willst?«
    »Ich dachte, ich warte ab, was sich entwickelt«, antwortete er. »Ist das das Abendessen, was ich da rieche?«
    »Eines schönen und nicht mehr fernen Tages wirst du mir schon eine richtige Antwort geben müssen. Ja, das ist das Abendessen, und ich bin am Verhungern. Chay und Tobin kommen heute zu einem Familienessen in mein Zelt. Du würdest mir einen Gefallen tun, wenn du dich dazu gesellen würdest, damit ich ein wenig intelligente Unterhaltung habe. Ich weiß nicht, wie lange ich es aushalten kann, den beiden dabei zuzusehen, wie sie sich ansehen.«
    Stunden später, als Rohan das Zelt seiner Tante in der Dunkelheit verließ, versuchte er das Gefühl von Freiheit wieder einzufangen, das er während der Reise verspürt hatte. Jetzt war es unmöglich. Die Unterhaltung bei Tisch hatte sich ausschließlich um das Rialla gedreht. Morgen würden sie Waes erreichen, und schon am ersten Tag würden die Prinzen ihre Gespräche aufnehmen. Rohan ging langsam zu seinem Zelt und stand noch eine Weile davor und starrte düster auf die vergoldeten Pfosten mit dem stilisierten Drachenkopf an der Spitze. Ostvel hatte Wachen eingeteilt, die das königliche Zelt heute Nacht umstanden. Das war eine gute Übung für die Zeit des Rialla s, wo das notwendig sein würde. Einer von ihnen blieb jetzt stehen und salutierte.
    »Zieht Ihr Euch jetzt zurück, Herr?«
    »Nein. Noch nicht.«
    »Sehr wohl,

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