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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Stock ließ ich vorsichtshalber aus und den dritten gleich mit. Im zweiten Stock waren die Mädchen wesentlich hübscher. Ich schaute in jedes offene Zimmer, aber es war keine dabei, die mir richtig zusagte. Entweder waren ihre Haare zu lang oder nicht rot genug. Verdammte Kelly! So würde ich sie nie loswerden.
    Ich wagte mich doch in den ersten Stock. Das Zimmer, aus dem ich das letzte Mal geflüchtet war, war verschlossen. Gott sei Dank. Die Mädchen hier waren mit Abstand die hübschesten im ganzen Haus. Ich schaute wieder in jedes Zimmer hinein und vor einem blieb ich etwas länger stehen.
    Dieses Mädchen hatte etwas Besonderes. Ihre Haare waren nicht kurz und auch nicht rot; sie war kein bisschen wie Kelly, aber sie besaß einen Zauber, der mich blöd in ihrer Tür stehen bleiben ließ. Ich brachte keinen Ton heraus. Ich stand nur da und starrte sie an und kam mir wie ein verdammter Idiot vor. Gerade als ich die Flucht ergreifen wollte, stand sie auf und kam auf mich zu.
    »Warum kommst du nicht herein?«, fragte sie.
    »Ic h … ich weiß nicht«, stotterte ich. »Wie viel kostet es denn?«
    Bender hatte mir damals eingetrichtert, dass man zuerst den Preis klären musste, vor allem anderen. Sonst gäbe es hinterher Ärger und man hätte einen Zuhälter am Hals.
    »Das kommt darauf an, was du willst«, erklärte sie. »Wie hättest du es denn gerne?«
    Wie ich es gerne hätte? Darüber hatte ich nun wirklich überhaupt nicht nachgedacht. Kurz und schmerzlos, bitte. Und ohne Ente.
    »Ä h … normal, glaube ich. Was kostet normal?«
    Sie lachte. Es war kein böses Lachen, kein verletzendes. Es war sehr nett und beruhigend. Sie nahm meine Hand und führte mich in das Zimmer.
    »Komm erst mal herein und setz dich«, sagte sie. »Wie heißt du denn?«
    »David«, sagte ich und sprach es englisch aus.
    Ich setzte mich neben sie auf das Bett.
    »Könnten wir nicht doch erst das mit dem Preis klären?«, fragte ich.
    In Gedanken sah ich noch Alabamas Zuhälter aus True Romance und so einen wollte ich absolut nicht am Hals oder woanders haben.
    »Du gefällst mir, David«, sagte sie und es tat so verdammt gut. »Du siehst nicht aus, als ob du viel Geld hast. Sagen wir 3 0 Mark. Ist das okay für dich?«
    »Ja, das ist okay.«
    »Willst du nicht deine Jacke ausziehen?«
    »Ja. Es ist ziemlich warm hier.«
    »Das muss so sein.«
    Ich versuchte meine Jacke auszuziehen, kam aber nicht sehr weit dabei. Etwas blockierte den Ausgang meines linken Ärmels. Ich steckte fest.
    »Komm, ich nehm dir die Tasche ab«, sagte das Mädchen.
    Natürlich, das T-Shirt. Die Tüte baumelte immer noch an meinem Handgelenk.
    »Was ist denn da drin?«, fragte sie. »Was Wichtiges?«
    »Nein«, sagte ich. »Nur mein Leben.«
    »Du schleppst dein Leben in einer Plastiktüte mit dir herum?«
    »Klar. Warum nicht?«
    »Hast du keine Angst, es zu verlieren?«
    »Ich verliere nie etwas.«
    Außer Kämpfen, Hunden, Kellys und den Verstand, manchmal.
    »Trotzdem, du solltest besser darauf aufpassen.«
    »Warum? Es ist meins. Ich kann damit machen, was ich will. Wenn ich wollte, könnte ich es einfach aus dem Fenster werfen.«
    »Das wäre aber sehr dumm von dir.«
    »Ich bin aber nicht dumm. Ich passe schon darauf auf.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Sie zündete eine Zigarette an und steckte sie mir in den Mund.
    »Danke«, sagte ich. »Warum bist du so nett zu mir?«
    »Ich weiß nicht. Warum bist du hier?«
    »Ich weiß es nicht genau. Soll ich dir jetzt das Geld geben?«
    »Nur, wenn du es mit mir machen willst.«
    »Du bist sehr schön.«
    »Bist du deswegen vor meiner Tür stehen geblieben?«
    »Ja vielleicht. Nicht nur. Darf ich dich etwas fragen?«
    »Solang es nich t … ach was, frag ruhig!«
    Das, was sie befürchtete, wollte ich nicht fragen. Ich wollte nicht fragen, warum so ein hübsches Mädchen es für Geld mit fremden, ekelhaften Männern machte. Diese Frage hatte sie bestimmt schon tausendmal gehört und nie eine zufriedenstellende Antwort geben können. Meine Frage war eine ganz andere.
    »Kannst du mir sagen, warum Mädchen so sind?«, fragte ich phänomenal direkt und präzise.
    » Wie sind?«
    Ja, wie eigentlich? Ich wusste selbst nicht genau, worauf ich hinauswollte. Irgendetwas waren sie, die Mädchen. Was war es noch gleich?
    »Na ja, s o … s o … s o … gemein, so unfair, s o … so dumm.«
    »Dumm?«
    »Ja, dumm! Warum verlieben sie sich nie in den Richtigen? Warum verlieben sie sich nicht in einen, der sie über

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