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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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sie brauchte? Und da hieß es immer, Frankfurt wäre multikriminell. Von wegen! Außer einer Gruppe von Marsmännchen, die sich um einen Fahrkartenautomaten versammelt hatte, war kein Schwein zu sehen. Moment mal, was war das? Marsmännchen? Ich ging auf sie zu. Sie waren grün, so viel stand fest, und anscheinend hielten sie den Fahrkartenautomaten für den Herrscher der Erde. Sie traten auf ihn ein und versuchten ihn umzuwerfen, wahrscheinlich um ihn zu entführen und dann 10 0 00 0 Liter Lösebier zu fordern, das sie als Treibstoff benötigten. Vielleicht könnten sie mich mitnehmen und mit einer kleinen Strahlenverletzung an einem Krankenhaus absetzen? Ich kam näher. Sie schienen mich nicht zu bemerken. Der Herrscher der Erde war natürlich wichtiger als ich. Vorsichtig ging ich noch näher an sie heran. Verdammt! Das waren keine richtigen Marsmännchen! Das war eine Horde beschissener Skinheads in ihren hässlichen grünen Bomberjacken. Auch gut. Die würden mich mit Sicherheit in ein Krankenhaus prügeln. Ich stand jetzt direkt hinter ihnen, und als sie mich bemerkten, ließen sie von dem Fahrkartenautomaten ab und drehten sich zu mir um.
    »Ich bin ein Türke«, sagte ich und schloss die Augen.
    Gleich ist es vorbei mit dir, dachte ich. Gleich ist es geschafft. Aber nichts passierte. Ich öffnete wieder die Augen.
    »Ich bin ein Türke und habe fünf deutsche Frauen vergewaltigt.«
    Jetzt aber. Augen zu und durch, doch wieder passierte nichts.
    »Deutschland ist scheiße!«
    Kommt schon, Jungs, schlagt zu! Tut mir den Gefallen.
    »Was is’ denn mit dem los?«, fragte einer von ihnen.
    »Der hat sie nicht mehr alle an der Waffel!«, sagte ein anderer.
    »Der tickt nicht richtig!«, bemerkte ein Dritter.
    »Hey, du Knilch! Sperr mal die Glotzer auf!«
    Ich tat, wie mir befohlen. Es waren immer noch Skinheads, die vor mir standen. Warum machten sie mich nicht fertig?
    »Was soll die Scheiße?«, fragte mich der größte von ihnen.
    »Ihr seid doch Skins, oder?«, fragte ich.
    »Redskins!«, bekam ich zur Antwort.
    Na und? Ob rot oder gelb, ob blau, mir doch egal! Hauptsache asoziale gewalttätige Skins.
    »Mann, siehst du nicht die roten Schnürsenkel? Wir sind Redskins, kapiert?!«
    Stimmt, ihre Schnürsenkel waren alle rot. Meine waren schwarz.
    »Und was bedeutet das?«, wollte ich wissen.
    »Das bedeutet, dass wir keine Faschoglatzen sind. Wir sind links, Mann!«
    Ach so. Sagt das doch gleich! Kein Problem.
    »Heil Hitler! Es lebe der Führer und das deutsche Vaterland!«
    Die Augen geschlossen, die Hand zum Gruß, stand ich da und wartete auf meine Hinrichtung.
    »Der Typ spinnt total.«
    »Der hat sie echt nicht mehr alle an der Waffel.«
    »Soll ich ihm eine verpassen?«
    Na endlich! Endlich hatte es einer kapiert. Los jetzt, mach schon! Wie lange soll ich denn noch hier stehen?
    »Nee, lass mal! Der ist schon bestraft genug. Da kann man nichts mehr kaputt machen. Lasst uns abhauen!«
    Ich hörte, wie sie sich entfernten, und nahm meinen Arm wieder herunter. Sie hatten mich einfach so stehen lassen. Wie den Fahrkartenautomaten. Den hatten sie wenigstens getreten. Was für eine Scheißstadt war das eigentlich, wo noch nicht einmal auf die Skinheads Verlass war? Ich nahm einen tiefen Zug aus meiner Flasche und torkelte weiter. Dann eben kein Krankenhaus. Leckt mich doch alle am Arsch!

zwanzig
    Die Erinnerung an alles, was von diesem Zeitpunkt an noch geschah, ist bis heute nicht ganz vollständig. Ich weiß zum Beispiel immer noch nicht, ob ich die Flasche Wodka noch leer gemacht habe oder wie ich auf diese Bank am Ende von Glei s 18 gekommen bin.
    Ich wollte schlafen oder vielleicht hatte ich auch schon geschlafen. Ich konnte meine Augen kaum noch offen halten, und selbst wenn sie offen waren, sah ich kaum noch was. Ich versuchte auf einer Bahnhofsuhr die Zeit zu erkennen, aber ich sah den kleinen Zeiger nicht mehr. Es war Viertel vor sonst was. Ich wollte einfach nur noch schlafen und ich lag auf dieser Bank, aber irgendetwas störte. Mir war kalt. Ich zitterte am ganzen Körper. Und da hieß es immer, Alkohol wärmt von innen. Von dem, was ich intus hatte, wäre wahrscheinlich der Nordpol geschmolzen, aber ich war beinahe am Erfrieren. Ich versuchte meine Jacke zuzuknöpfen, aber entweder waren die Knöpfe zu groß oder die Knopflöcher viel zu klein.
    Ich stand auf, um irgendwohin zu gehen, wo es nicht kalt wäre, aber nach drei Schritten versagten meine Beine und ich sackte auf den Boden zurück. Auf

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