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Sonnenstürme

Sonnenstürme

Titel: Sonnenstürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Osira’h schien ebenfalls traurig und betroffen zu sein, obwohl sie ihre Mutter nach Udru’hs Angaben nie gesehen hatte. Stumm betrachteten sie das Gesicht, vereint im Kummer. Jora’h bedauerte, dass er seine Erinnerungen an Nira und die Liebe für sie nicht mit Osira’h teilen konnte. Erneut überraschte ihn seine Tochter mit ihrer Aufmerksamkeit und einem tiefen intuitiven Verständnis – sie schien ebenso um Nira zu trauern wie er.
    Eine Zeit lang gab sich Jora’h Erinnerungen und Gram hin. Er hätte nie gedacht, dass ihn sein Vater bewusst täuschen könnte. Inzwischen wusste er es besser…
    Mit den Fingern der freien Hand strich Jora’h über die angesengte Rinde der nahen Bäume. »Ich wünschte, deine Mutter könnte ihrem Wald näher sein. Wenn sie ihn doch noch einmal sehen könnte. Sie liebte Theroc so sehr… Und jene Bäume erholen sich jetzt von dem Angriff der Hydroger.« Und du, Osira’h, musst irgendwie einen Frieden mit ihnen aushandeln, dachte er.
    Er ließ Osira’hs Hand los und tastete nach Niras Gesicht, murmelte Entschuldigungen und hätte fast geweint. »Was du erleiden musstest, tut mir schrecklich Leid, Nira. Ich hätte alles für dich getan, aber jetzt ist es zu spät. Ich kann es nicht wieder gutmachen… Aber vielleicht bin ich imstande, das ildiranische Volk zu retten.«
    Osira’h blieb an seiner Seite. Sie wirkte beunruhigt und verwirrt, aber auch entschlossen. »Wenn ich Erfolg habe, wenn ich eine Brücke zu den Hydrogern baue, damit sie aufhören, Ildiraner zu töten… Ist dann alles gerechtfertigt?«
    »Hast du Zweifel?« Er musterte sie und spürte ihre kraftvolle Präsenz durchs Thism, ohne Osira’h so sondieren zu können wie seine anderen Kinder. Fast erschien es so, als schirmte sie sich ab.
    »Ich zweifle nicht daran, wozu ich fähig bin und warum es getan werden muss.« Das Mädchen zögerte. »Aber… keiner der Menschen auf Dobro ist freiwillig hier. Meine Mutter war ebenso gefangen wie sie. Schließt du das Lager?«
    Jora’h fröstelte und wusste, dass Udru’h mit Osira’h nicht über solche Dinge gesprochen hätte. »Das möchte ich sehr. Aber die Hydroger greifen uns immer wieder an, und die Klikiss-Roboter sind keine zuverlässigen Verbündeten mehr. Wir stehen so dicht vor dem Ziel – wie soll ich die Arbeiten einstellen, bevor du Gelegenheit bekommst, deine Fähigkeiten zu beweisen? Die Menschen hier wurden nach Dobro gebracht, lange bevor ich etwas von dem Projekt wusste. Wenigstens erinnern sie sich an nichts anderes und kennen kein anderes Leben.«
    »Meine Mutter kannte ein anderes Leben«, sagte Osira’h, und dabei zeigte sich sonderbare Strenge in ihrem jungen, unschuldigen Gesicht.
    Jora’h richtete einen verblüfften Blick auf Jora’h. »Woher weißt du das? Wie kommst du darauf?«
    »Sie… hat mit einigen der Gefangenen darüber gesprochen«, erwiderte Osira’h mit plötzlicher Nervosität. »Aber sie glaubten ihr nicht die Geschichten über freie Welten fern von dieser.«
    Erneut musterte Jora’h seine Tochter, die so tapfer neben ihm stand. »Osira’h, du ahnst nicht, wie sehr ich bedauere, dass du deiner Mutter nie begegnet bist. Sie war eine wundervolle Person, schön und lustig. Sie gewann mein Herz wie keine andere Frau, und jetzt kannst du sie nicht mehr kennen lernen.«
    Osira’h berührte Jora’h vorsichtig an der Schulter, und er spürte einen warmen Fluss überraschender Liebe. »Ich kenne sie bereits. Es gibt keine Geheimnisse.«
    Jora’h sah sie an, aber mehr sagte das zurückhaltende Mädchen nicht.

66 NIRA
    Während ihrer Jahre der Gefangenschaft hatte sich Nira nichts mehr gewünscht, als aus dem Zuchtlager zu entkommen. Nie wieder wollte sie das verhasste Gesicht des Dobro-Designierten sehen oder die schrecklichen Brutpartner. Damals hatte sie voller Sehnsucht durch den Zaun geblickt, über die nur dünn besiedelte Landschaft hinweg, und sich dabei gewünscht, zum Weltwald zurückzukehren… oder nur allein zu sein.
    Inzwischen lagen lange Monate völliger Isolation hinter ihr, und sie hatte mit niemandem sprechen können, sah man von Udru’hs kurzem Besuch ab. Und er war gewiss kein Gesprächspartner, den sie sich wünschte. Zum Glück hatte der Designierte sie auf der Insel gelassen, in ihrer kleinen, ruhigen Welt.
    Allein beobachtete sie die Wolken, hörte den Wellen zu und spürte den warmen Wind im Gesicht. Sie wanderte zwischen sonderbaren, farnartigen Bäumen, die mit dicken Stämmen aus dem sandigen Boden der

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