Sonnenstürme
Es gab keine Möglichkeit für ihn, Relleker zu zwingen, etwas zu unternehmen, um den Siedlern auf Crenna zu helfen. Entgegen allen Erwartungen hatte er es bis hierher geschafft, und jetzt sah er sich plötzlich neuen Hindernissen gegenüber, und die Zeit genügte nicht, sie alle zu überwinden. Davlin ärgerte sich über die eigene Hilflosigkeit. War er so weit gekommen, nur um hier zu versagen und Crennas Kolonisten zu enttäuschen?
Die Gouverneurin seufzte. »In ein oder zwei Tagen treffen zwei Versorgungsschiffe ein«, sagte sie. »Eine Frau namens Kett… mit der Unersättlichen Soundso. Vielleicht kann sie Ihnen helfen.«
Nun lächelte Davlin.
Als Rlinda Kett und Branson Roberts mit ihren beiden Schiffen landeten, eilte Davlin sofort zu ihnen. »Sie haben gesagt, ich sollte mich mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn ich jemals Hilfe brauche.« Er fand es sehr beunruhigend, auf jemanden angewiesen zu sein. »Jetzt brauche ich welche.«
Rlinda grinste breit, als er die Situation erklärte. »Ha! Ich freue mich, Ihnen helfen zu können. Sie haben mich doch nicht für einen jener Regierungstypen gehalten, die ein gegebenes Versprechen zurücknehmen, oder?«
Sie und Roberts leerten die Frachträume ihrer Schiffe, luden auch die Container aus, die für andere Kolonien bestimmt waren. »Ich setze es einfach auf Rellekers Rechnung. Hundertdreißig Personen, sagten Sie? Sind sie wenigstens dünner als ich?« Dabei klopfte sie sich auf die breiten Hüften.
»Das versichere ich Ihnen.«
»Na schön. Machen wir uns auf den Weg.«
Die Unersättliche Neugier und die Blinder Glaube erreichten das dunkle Crenna-System. Davlin saß neben Rlinda Kett im Cockpit und war viel aufgeregter als zu jenem Zeitpunkt, als sie ihn auf Crenna abgesetzt hatte. Seine Anspannung wuchs, während sie sich dem Ziel näherten.
Die Blinder Glaube meldete sich. »Wir sind hier, aber jemand hat die Sonne ausgeschaltet. Sieht gar nicht mehr nach einem Planetensystem aus.«
»Pass bloß auf, dass du nicht geradewegs in die Sonne hineinfliegst, BeBob. Manchmal schenkst du der Navigation nicht genug Beachtung.«
»Das nehme ich dir übel, Rlinda.«
»Aber ich höre keinen Widerspruch.«
Rlinda Kett korrigierte den Kurs und beugte sich zum Cockpitfenster vor. Infrarote Filter erlaubten es, verblassende Farben zu erkennen, die letzte Wärme, die der Planet ans All verlor. Ohne das nukleare Feuer der Sonne war das ganze Crenna-System nicht mehr als eine abkühlende Leiche. Die Atmosphäre des Planeten war bereits gefroren. Eine dicke Schicht aus Eis und Kohlendioxidschnee bedeckte den Boden. Seen und Bäche existierten nicht mehr; das gesamte Leben auf der Oberfläche war ausgelöscht.
Davlin schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, die Menschen haben in den Höhlen überlebt.«
»Wann hat diese Eiszeit begonnen?«, fragte Roberts per Funk.
»Vor weniger als zwei Wochen. Es gibt noch Wärme im Innern des Planeten, und die Sonne ist nicht völlig kalt. Crenna empfängt etwa ein Prozent der vorherigen Strahlung.«
»Zum Glück haben wir unsere Schaufeln mitgebracht«, sagte Rlinda. »Zeigen Sie mir den Weg, Davlin.«
Bevor er aufgebrochen war, hatte Lotze einen batteriebetriebenen Peilsender unweit der Luke über dem nach unten führenden Schacht zurückgelassen. Bürgermeister Ruis wusste davon nichts – Davlin hatte ihn nicht darauf hinweisen wollen, wie schlimm es bald an der Oberfläche sein würde. Er schaltete den Empfänger ein, und es dauerte nicht lange, bis er das Signal fand, das viel schwächer war als erwartet. Kummervoll stellte er fest, dass sich auch der Peilsender unter einer dicken Schicht aus Schnee und Eis befand.
»Ich übermittle Ihnen die Navigationsdaten.«
Kleine Flocken aus gefrorenem Kohlendioxid umgaben die beiden Schiffe, als sie durch den dünnen Rest der Atmosphäre sanken. Davlin bediente die Kommunikationskontrollen. »Crenna-Kolonie, hier spricht Davlin Lotze.« Er wartete, hörte aber nur statisches Rauschen. »Bürgermeister Ruis, hören Sie mich? Ich habe Hilfe mitgebracht.« Er versuchte mehrmals, einen Kontakt herzustellen, ohne Erfolg.
Rlinda sah auf die Instrumente und schüttelte den Kopf. »Kein Grund, die Hoffnung zu verlieren, Davlin. Die dicke Eisschicht auf dem Boden absorbiert einen großen Teil der Signalenergie.«
Als die beiden Schiffe die Zielposition erreichten, blickte Davlin auf die gefrorene Atmosphäre hinab. Eis und Schnee hatten den Hangar und die Gebäude der Stadt unter sich
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