Sonnenstürme
Thism gefestigt. Er konnte diese Qual ertragen, wenn auch nur für kurze Zeit.
Er flog mit Höchstgeschwindigkeit, donnerte über den Himmel nach Süden, über Dobros Äquator hinweg zum unbesiedelten Südkontinent. Als er einen großen, seichten See sah, wusste er, dass er sein Ziel fast erreicht hatte. Stunden waren bereits vergangen, Stunden der Einsamkeit, aber er setzte den Flug fort.
Es war nicht so schlimm. Noch nicht. Er war stark, ja, stark genug… zweifellos stärker als Jora’h.
Nach dem plötzlichen Tod des früheren Weisen Imperators, während das Thism zerbrochen und alle Ildiraner verwirrt und ohne Verbindung gewesen waren, hatte der Dobro-Designierte die erhoffte Chance genutzt.
Als Jora’h, zu jenem Zeitpunkt noch Erstdesignierter, festgestellt hatte, dass Nira noch lebte, war dieser bereit gewesen, die Arbeiten auf Dobro einzustellen, Jahrhunderte sorgfältiger Experimente einfach wegzuwerfen und die Zukunft des Ildiranischen Reiches zu gefährden – alles nur, weil er eine Frau liebte. Und nicht einmal eine ildiranische Frau, sondern eine menschliche, deren telepathisches Potenzial und Verbindung mit dem intelligenten Weltwald einzigartige Gelegenheiten boten.
Jahrelang hatte Udru’h seinen besten Linsen-Ildiranern und mentalen Experten zugehört, während sie mit Osira’h und ihren Geschwistern arbeiteten. Die ganze Zeit über hatte er gelächelt und zugesehen, dabei aber auch die eigenen Fähigkeiten verbessert und neue geistige Methoden erlernt. Er hatte gelernt, wie man das Bewusstsein von geistigem Ballast befreite, gewisse Gedanken hinter unsichtbaren Barrieren verbarg und Geheimnisse vor Entdeckung schützte.
Zuerst war es ein Spiel, dann eine Herausforderung – und schließlich eine echte Fähigkeit, von der die anderen Ildiraner nichts wussten, weil sie so etwas nie für möglich gehalten hätten. Udru’h hatte immer befürchtet, dass sein Bruder unbesonnene Maßnahmen ergreifen würde. Zwar konnte er dem rechtmäßigen Weisen Imperator nicht widersprechen und musste allen Anweisungen Jora’hs gehorchen, aber er bereitete sich auf bestimmte Möglichkeiten vor.
Nachdem der Dobro-Designierte gelernt hatte, wie man bestimmte Gedanken vom Thism fern hielt, beschäftigte er sich mit Meditation und anderen mentalen Techniken und fand schließlich einen Weg, den geistigen Fäden seines Bruders auszuweichen. Ohne eine mentale Sondierung mit besonderem Nachdruck würde Jora’h nicht herausfinden, dass der Dobro-Designierte log.
Während der dunklen Tage des noch nicht vollzogenen Machtwechsels hatte Udru’h das Chaos genutzt, Nira aus dem Zuchtlager geholt und fortgebracht. Seinen Anweisungen gemäß hatten die Wächter die grüne Priesterin bewusstlos geschlagen – sie waren dabei so gründlich gewesen, dass Nira fast gestorben wäre. Die Mediziner hatten sie am Leben erhalten, in einem drogeninduzierten Koma.
Und dann, vor der Wiederherstellung des Thism, hatte Udru’h einen Ort für Nira gefunden und sie versteckt.
Wenn man berücksichtigte, was diese Frau für Jora’h bedeutete… Der Designierte wusste, dass sie eine Trumpfkarte für ihn sein konnte, wenn seine Pläne fehlschlugen.
Dieses Geheimnis vertraute Udru’h absolut niemandem an. Er konnte nicht dafür sorgen, dass sich jemand anders um Nira kümmerte – sie musste ganz allein bleiben und ohne Hilfe zurechtkommen. Der Dobro-Designierte hatte einen perfekten Käfig geschaffen, eine große Zelle, aus der die grüne Priesterin nicht entkommen konnte und die ihr das Überleben ermöglichte, ohne dass jemand anders wusste, wo sie sich befand.
Während der Krise nach dem Tod des früheren Weisen Imperators war Udru’h von Ildira nach Dobro zurückgekehrt, hatte die mit Drogen betäubte, komatöse Frau aus der Obhut der Wächter geholt und sie zur südlichen Hemisphäre des Planeten gebracht, weit fort vom Zuchtlager, in eine ganz andere Klimazone. Er hatte eine kleine Insel mit üppiger Vegetation in der Mitte eines großen Sees gefunden, Nira dort zurückgelassen und sich dann erneut auf den Weg nach Ildira gemacht, um bei der Kremation des verstorbenen Weisen Imperators zugegen zu sein. In all dem Durcheinander hatte Jora’h die kurze Abwesenheit seines Bruders nicht einmal bemerkt.
Jetzt, Wochen später, kehrte Udru’h zu der Insel zurück, um sich zu vergewissern, dass Nira noch lebte. Als er die Insel erreichte, sah er, dass die Frau eine Unterkunft aus Holz für sich errichtet hatte. Ihre smaragdgrüne
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