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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Sie arbeitet an der Konstruktion eines
Weltraumaufzugs. Wissen Sie, eine Seilbahn bis zum
geostationären Orbit – der Weg, ins Weltall zu
reisen. Ist natürlich noch Zukunftsmusik. Aber sie
versichert mir, dass es technisch auf jeden Fall machbar
wäre.« Er verzog das Gesicht. »Zu dumm, dass wir
nicht jetzt schon einen solchen Aufzug haben; er hätte uns
viele Raketenstarts erspart. Und was ist mit Ihrer Familie? Ihrer
Mutter und Ihrer Tochter – sind sie hier in
London?«
    Sie zögerte und schüttelte dann den Kopf. »Ich
habe sie in einem Neutrino-Observatorium
untergebracht.«
    »In einem was…? Oh.«
    Es handelte sich um ein aufgelassenes Salzbergwerk in
Cheshire. Alle Neutrino-Observatorien wurden tief unter der Erde
eingerichtet. »Ich bekam einen Tipp von Michail Martynov
auf dem Mond. Natürlich hatte ich nicht als Einzige diese
Idee. Ich musste ein paar Strippen ziehen, um sie beide dort
unterzubringen.«
    Was ein definitiver Verstoß gegen die Regeln der
Eurokratie war.
    Der europäische Ministerpräsident hatte seinem
Stellvertreter gestattet, den Bunker von Liverpool zu beziehen,
sodass es zumindest zwei unabhängige Kommandozentralen gab.
Aber er hatte darauf bestanden, dass die gesamte Verwaltung,
einschließlich solcher halbamtlicher Personen wie Siobhan,
sich über der Erde aufhielt – hier in der Euronadel in
London. Es war eine Frage der Moral, sagte er; diejenigen, die an
diesem schicksalhaften Tag Regierungsverantwortung trugen,
durften ihre Macht nicht dazu missbrauchen, sich vor den Augen
der Öffentlichkeit Schlupflöcher zu suchen.
    Nach allem, was Siobhan wusste, mochte der
Ministerpräsident hinsichtlich der Moralfrage Recht haben;
sie war schließlich keine Politikerin. Aber die Bestimmung,
dass man seiner Familie nicht helfen durfte, war eine so
drastische Einschränkung, dass sie sich nach einer
ausgiebigen Gewissensprüfung nicht in der Lage sah, sie zu
befolgen. Aus diesem Grund fiel es ihr aber auch sehr schwer,
gegen Bud und seine Helden auf dem Schild disziplinarische
Maßnahmen zu ergreifen, die schließlich genau dem
gleichen Impuls nachgegeben hatten.
    Toby vermochte sie auch kaum aufzumuntern. »Sie
dürfen nicht glauben, dass Sie die Einzige sind. Es ist eine
Schande, dass Sie nicht bei Ihrer Familie sein
können.« Er setzte sich wieder in den Sessel und
zündete sich eine Zigarette an. Das war ein Tag, um Regeln
zu brechen, wie es schien.
     
    In den letzten Monaten und Wochen hatten die Aktivitäten
auf der Erde und im Weltraum sich zunehmend gesteigert.
    Die meisten großen Städte wurden nun durch Kuppeln
wie die Londoner überwölbt oder durch Sperranlagen aus
Ballons und Luftschiffen geschützt. Alle lebenswichtigen
Systeme waren mit Redundanzen versehen, Glasfaserkabel waren als
Backup für Kommunikationsverbindungen tief unter der Erde
verlegt und Lebensmittel- und Wasservorräte angelegt worden.
Wenn der Schild versagte, würde keine dieser Anstrengungen
das Geringste nützen – dessen war Siobhan sich sicher.
Falls der Schild jedoch – in den Worten von
Präsidentin Alvarez – ein tödliches Ereignis zu
einem überlebensfähigen milderte, käme es auf
jedes gerettete Menschenleben an.
    Und irgendwie mussten die Regierungen auch zeigen, dass sie
wenigstens versuchten, etwas zu tun – alles, was nach
menschlichem Ermessen möglich war. In psychologischer
Hinsicht hatte es zumindest funktioniert. Fast bis zum Ende hatte
die Gesellschaft zusammengehalten und die Prognosen einiger
Kommentatoren mit pessimistischem Menschenbild Lügen
gestraft, dass im letzten Stadium Anarchie ausbräche.
    Dennoch hatten sich Auflösungserscheinungen gezeigt. Der
Appell, weiter zu arbeiten, hatte wohl gefruchtet, als die
Katastrophe noch Jahre entfernt war. Als dieser Abstand aber auf
ein paar Wochen geschrumpft war, war fast jeder von einer
wachsenden Rastlosigkeit befallen worden. Unentschuldigtes
Fernbleiben von der Arbeit und Bagatelldelikte hatten sich
gehäuft, und wegen der immer größeren
Flüchtlingsströme, die vom ungeschützten Land zu
den überwölbten Städten strebten, hatten die
meisten Regierungen schließlich das Kriegsrecht
verhängen müssen. Polizei, Feuerwehr, Armee und
medizinische Dienste waren bis ans Limit beansprucht worden
– sie waren schon erschöpft, hieß es, bevor die
eigentliche Krise auch nur ausgebrochen war.
    Die Bilder glichen sich auf der ganzen Welt, wie Siobhan aus

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