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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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vorsichtig: »Trotzdem mag man es kaum glauben, dass ein
Gehirn wie das von Eugene hinter solch einem Gesicht
sitzt.«
    Michail schaute mit unverhohlener Sehnsucht auf Eugene.
»Ich glaube, sein Gesicht und sein Körper sind eher
Fluch statt Segen für ihn. Jeder wird ihn für einen
›Luftikus‹ halten, wie meine amerikanischen
Kollegen sagen. Niemand nimmt ihn ernst. Sogar ich finde sein
Aussehen…«
    »Ablenkend?« Sie lächelte. »Willkommen
im Club, Michail.«
    »Aber was in diesem schönen Kopf vorgeht, ist
geradezu beunruhigend«, sagte Michail unwirsch.
    Bud beendete die Pause.

 
{ 13 }
NEUTRINOS
     
     
    Als Eugene Mangles sprach, richteten alle Blicke sich
neugierig auf ihn. Sie hörte bei ihm einen amerikanischen
Kleinstadtakzent heraus, und zudem hatte er eine Stimme wie ein
Teenager im Stimmbruch. Er wirkte auf jeden Fall jünger als
Mitte zwanzig, und er hatte so gar nicht den Habitus eines
Wissenschaftlers.
    Und seine Präsentation über die Anomalien, die er im
Herzen der Sonne entdeckt hatte, waren in technischer Hinsicht
zweifellos exakt, trugen aber nicht zur Erhellung bei.
    Siobhan wusste selbst auch viel über Neutrinos. Es gibt
derzeit drei bekannte Verfahren zur Neutrinogewinnung: durch
Fusionsprozesse im Herzen eines Sterns wie die Sonne, durch das
Hoch- und Herunterfahren eines Kernreaktors und durch den
Urknall, die Geburtsstunde des Universums selbst – das
titanische Ereignis, mit dessen
großmaßstäblichen Folgen Siobhan sich in ihrer
Disziplin befasste. Der besondere Nutzen der Neutrinos für
Sonnenastronomen besteht darin, dass Materie für sie fast
transparent ist. Deshalb sind die Neutrinos ein ideales Vehikel
zum Studium der inneren Struktur der Sonne, einschließlich
des Fusionskerns – ein Ort, von dem sogar das Licht nur mit
Schwierigkeiten entweichen kann.
    Soweit war alles klar. Als Eugene jedoch schließlich mit
bildschirmfüllenden Gleichungen und Grafiken in mehreren
Dimensionen aufwartete und in einen ungeahnten Redeschwall
ausbrach, fragte Siobhan sich, wie er jemals die mündliche
Doktorprüfung bestanden hatte.
    Schließlich schritt sie ein. »Eugene. Schalten Sie
bitte einen Gang zurück; ich befürchte, dass wir Ihnen
sonst nicht mehr zu folgen vermögen.« Er funkelte sie
indigniert an. Aber das war der Kern der Sache; sie musste das
auf jeden Fall verstehen. »Sie zeigen uns also Ergebnisse
Ihrer Neutrinomessungen.«
    »Ja, klar. Von den drei Neutrinoflavours, zwischen denen
eine Wechselbeziehung…«
    Sie tat das mit einer Geste ab. »Sie sehen Schwingungen
im Neutrinofluss.«
    »Ja.«
    »Und dies reflektiert wiederum Schwingungen in den
Fusionsprozessen im Kern«, hakte sie nach.
    »Präzise«, sagte er sarkastisch.
»Der Neutrinofluss ist auf lokale Änderungen von
Kerntemperatur und -druck zurückzuführen. Es ist mir
gelungen, diese Änderungen als dynamische Schwingungen des
Gesamtkerns zu modellieren.« Er bildete komplexe
mathematische Gleichungen ab, die Siobhan als nichtlineare
Wellengleichungen identifizierte. »Wie Sie
sehen…«
    »Eugene«, sagte Michail sanft, »können
Sie das auch irgendwie bildlich darstellen?«
    Die Frage schien Eugene zu überraschen.
»Natürlich kann ich das.« Mit einem Fingertippen
auf die Softscreen rief er die Abbildung einer Sphäre auf.
Sie wurde von einer Art Gitternetz überlagert, das
Ähnlichkeit mit Längen- und Breitengraden hatte. Das
Muster verblasste und pulsierte rhythmisch.
    Bud Tooke stieß einen Pfiff aus. »Und das da ist
der Kern der Sonne? Unserer Sonne? Das verdammte Ding
hallt wie eine Glocke.«
    Rose Delea verschränkte die Arme und verzog das Gesicht.
»Verzeihen Sie einem popligen Geologen seine Skepsis, aber
der Kern eines Sterns ist doch ein verdammt massives Teil. Wie
kann es da plötzlich anfangen zu schwingen?«
    Nun richtete Eugenes Bannstrahl sich auf sie. »Aber das
ist doch trivial.«
    Trivial: Unter Akademikern war dieses Wort ein
absoluter Totschlagbegriff. Roses Gesicht geriet zu einer Maske
der Feindschaft.
    »Erklären Sie es Schritt für Schritt«,
sagte Siobhan schnell.
    Der Wissenschaftler sagte: »Das geht auf die Arbeit von
Cowling in den 1930er Jahren zurück. Cowling zeigte, dass
die Rate der Erzeugung von Fusionsenergie sich mit der vierten Potenz der Temperatur ändert. Wodurch die
Bedingungen im Kern der Sonne extrem von Temperaturschwankungen
abhängig sind…«
    Er hatte Recht, wurde Siobhan sich

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