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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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bei den alten Römern, den
Ägyptern und den Azteken –, wobei die Kraft der Sonne
als Vollmacht für den Einzelherrscher diente. Vielleicht
wurde in dieser Situation die plötzliche Bösartigkeit
der Sonne von Leuten, die nach Macht strebten, in ähnlicher
Weise ausgenutzt. Ein solcher Verdacht schürte
Verschwörungstheorien unter denjenigen, die trotz der
Erinnerung an den 9. Juni glaubten, dass die Aufregung wegen des
Sturms auf der Sonne nur eine Masche sei, eine Machtergreifung
durch eine Kabale von Unternehmern oder eine Geheimregierung
– ein Staatsstreich, der aus einer neuen
›Mitte‹ entstand, die auf Angst und Unwissenheit
gegründet war.
    »Niemand glaubt es«, sagte Perdita.
»Niemand glaubt mehr an Helden, Mama – bestimmt nicht
an kernige Astronauten und ums Gemeinwohl besorgte Politiker. So
funktioniert das Leben heute nicht mehr.«
    »Vielleicht hast du Recht«, sagte Siobhan gereizt.
»Aber was können wir tun, außer es zu versuchen?
Und, Perdita – wenn es uns am Ende doch nicht gelingt, den
Planeten zu retten –, wie wirst du dich dann erst
fühlen?«
    Perdita zuckte die Achseln. »Ich werde weitermachen, bis
es…« Sie mimte mit den Händen eine Explosion.
»… Krawumm macht, schätze ich. Was
könnte man auch sonst tun?«
    Maria berührte Siobhan an der Schulter. »Perdita
ist noch jung. Wenn man zwanzig ist, hält man sich für
unsterblich. Die ganze Sache übersteigt doch wohl noch ihr
Vorstellungsvermögen.«
    »Meins hätte es auch überstiegen«, sagte
Siobhan. Sie schaute versonnen auf Perdita. »Jedenfalls,
bis ich ein Kind bekam. Danach hatte ich plötzlich ein
persönliches Interesse an der Zukunft… weißt
du, ich bin froh, dass es endlich raus ist. Ich fühlte mich
schuldig, in dem Bewusstsein in London umherzuspazieren und mich
unter die vielen ahnungslosen Leute zu mischen, dass ich ein
verheerendes Geheimnis in meinem Kopf bewahrte wie eine nicht
explodierte Bombe. Es schien nicht richtig. Wer war ich denn,
dass ich eine solche Wahrheit zurückhielt? Auch auf die
Gefahr hin, wirklich eine Panik zu verursachen.«
    »Ich glaube, die meisten Menschen werden es mit Fassung
tragen«, sagte Maria.
    Sie lauschten weiter den Worten der Präsidentin.
     
    »Was im April 2042 geschehen wird, ist
beispiellos«, sagte Präsidentin Alvarez. »Soweit
die Experten es zu sagen vermögen, hat es in der ganzen
Menschheitsgeschichte und auch in den äonenlangen
Erdzeitaltern vor uns kein solches Ereignis gegeben. An einem
einzigen Tag wird die Sonne der Erde so viel Energie
zuführen, wie sie normalerweise in einem Jahr zu uns
schickt. Die Wissenschaftler bezeichnen das als Sonnensturm, und der Name erscheint mir überaus
passend.
    Die Konsequenzen für die Erde sowie für den Mond und
Mars sind gravierend. Ich will in schonungsloser Offenheit zu
Ihnen sprechen. Wir sehen der Sterilisation der Oberfläche
der Erde – der Vernichtung allen Lebens –, der
Zerstörung der Lufthülle und dem Verdampfen der Ozeane
entgegen. Die Erde wird tot wie der Mond sein. Es gibt Links zu
dieser Nachricht, aus denen Sie alle Einzelheiten ersehen
können, die wir haben; es soll keine Geheimnisse geben.
    Wir stehen eindeutig einer tödlichen Bedrohung
gegenüber. Und es sind nicht nur wir selbst, die
gefährdet sind. In diesen Zeiten eines sich erweiternden
moralischen Horizonts – eine Entwicklung, die ich immer
unterstützt habe –, dürfen wir die Gefahr
für die Lebewesen nicht vergessen, die diese Erde mit uns
teilen und ohne die wir selbst auch nicht überleben
könnten. Und nicht zuletzt die neusten Lebensformen, die auf
unsere Welt gekommen sind: die als Aristoteles und Thales
bekannten Juristischen Personen, durch die ich nun mit vielen von
Ihnen spreche.
    Dies ist eine schreckliche Nachricht, und es betrübt mich
zutiefst, sie überbringen zu müssen.« Sie beugte
sich nach vorn. »Aber wie ich Ihnen bereits sagte, es
besteht noch Hoffnung.«
     
    Michail und Eugene saßen in der Clavius-Kantine und
hatten eine Tasse lauwarmen Kaffees vor sich auf dem Tisch. Das
von der Erde übertragene Gesicht der Präsidentin wurde
auf einer großformatigen Wand-Softscreen abgebildet. Die
Kantine war fast leer. Obwohl die meisten Menschen hier in
Clavius im Grunde schon wussten, was Alvarez zu sagen hatte,
bevor sie auch nur zum Sprechen ansetzte, schienen sie es
vorzuziehen, die schlechten Nachrichten allein oder mit ihnen
nahe

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