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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Prinzip des Elektromotors«, sagte Bud.
    Bei seinem Vortrag legte er ihr in einer vertraulichen, fast
intimen Geste die Hand aufs Steißbein.
    »Und nach dreißig Kilometern
Beschleunigung…«, sagte sie.
    »Hat man die Fluchtgeschwindigkeit erreicht, ohne dass
man diesen ganzen Kram mit Raketen und Abschussrampen und
Countdowns gebraucht hätte. Und dann kann man hinfliegen,
wohin man will – sogar bis zur Erde.«
    »Das ist wirklich ein phantastisches Konzept«,
sagte sie.
    »Ja. Aber wie das meiste von dem, was wir auf dem Mond
tun, haben Menschen auch das schon ersonnen, lang bevor sie die
Gelegenheit hatten, hierher zu kommen und es zu bauen. Die Idee
einer elektromagnetischen Abschussvorrichtung geht auf die 1950er
Jahre zurück, glaube ich. Ein Science-Fiction-Autor hat sie
entwickelt. War damals eine Berühmtheit…«
    »Könnte man einen Massetreiber nicht auch auf der
Erde bauen?«
    »Im Prinzip schon. Aber die Atmosphäre wäre
ein Problem. Man würde mit interplanetarischer
Geschwindigkeit einen Meter über dem Boden fliegen. Auf der
Erde würde man bei der Fluchtgeschwindigkeit – etwa
die fünfundzwanzigfache Schallgeschwindigkeit –
verglühen. Hier oben gibt es aber keine Atmosphäre und
damit auch keinen Luftwiderstand. Dann wäre da noch unsere
geringe Schwerkraft, sodass wir auf eine viel geringere
Geschwindigkeit beschleunigen müssen als auf der Erde: Da
unten brauchte man eine zwanzigmal so lange Startrampe –
ungefähr sechshundert Kilometer. Und was die Energie
betrifft, so können wir das gute Sonnenlicht gratis
einfangen. Der eigentliche Vorteil besteht aber darin, dass im
Gegensatz zur Raketentechnik die ganze Startausrüstung fest
am Boden bleibt, wo sie hingehört. Mit der Schleuder belaufen die Startkosten sich gerade einmal auf ein paar Cent pro
Kilogramm.«
    Er geriet ins Schwärmen angesichts der
Möglichkeiten, die die Schleuder und ihre fortentwickelten
Nachfolger dem Mond eines Tages bieten würden. »Von
hier können wir Schwerlastkomponenten zu den Lagrangepunkten
oder in den Erdorbit befördern, sogar zu den Planeten und
darüber hinaus. Und das alles für einen Bruchteil des
Aufwands und der Kosten eines Starts von der Erde. Früher
träumten die Menschen, den Mond als Sprungbrett für die
Erschließung des Sonnensystems zu nutzen. Diese Träume
starben jedoch, als sich herausstellte, dass auf dem Mond Wasser
nur als ›Spurenelement‹ vorkommt. Doch auf diese
Art wird der Traum wieder wahr werden.«
    Mit leiser Wehmut berührte sie seinen Arm. Sie genoss
seine Leidenschaft, seine Energie. Doch in einer Hinsicht hatte
er eine verblüffende Ähnlichkeit mit Eugene Mangles: Wo
Eugene von seiner Arbeit besessen war, war Bud offenbar vom Mond
und seiner Zukunft besessen – wo sie keinen Platz hatte,
wie sie erkannte. »Bud«, sagte sie. »Du hast
mich überzeugt. Doch fürs Erste möchte ich nur,
dass der Mond alles tut, um die Erde zu retten.«
    »Wir arbeiten daran. Obwohl wir alle wissen, dass es
nicht reichen wird.«
    Der Schild vermochte nämlich keinen perfekten Schutz zu
bieten. Er musste so konstruiert werden, dass er den
Maximalenergie-Beschuss des Sonnensturms im sichtbaren Spektrum
des Lichts blockierte. Das bedeutete wiederum, dass er die
zugleich freigesetzte Gammastrahlung und andere Unbilden nicht
abzuhalten vermochte, die mit Blick auf die Gesamtenergie des
Sturms vernachlässigbar, aber potenziell verheerend für
die Erde waren. »Wir sind schließlich keine
Zauberer«, sagte sie.
    »Ich weiß. Das sage ich meinen Leuten auch immer.
Dennoch ist es kein gutes Gefühl, dass es trotz aller
Anstrengungen nicht reichen wird… Schau. Ich glaube, sie
führen einen Test durch.«
    Die Ladungskugel lag schon auf der schimmernden Schiene. Der
Kran zog sich zurück. Sie sah, wie die Kugel sich in
Bewegung setzte: erst langsam, ein schwerfälliger Start, der
von ihrer Masse kündete, und dann immer schneller. Es war
ganz unspektakulär. Es gab keine
›Spezialeffekte‹: keine lodernden Flammen, kein
wabernder Rauch. Als die Generatoren ihre Energie an die
Abschussvorrichtung abgaben, spürte sie jedoch ein Prickeln
im Bauch; vielleicht eine biochemische Reaktion auf die
mächtigen Ströme, die nur ein paar hundert Meter
entfernt flossen.
    Die Kugel beschleunigte immer schneller und verschwand aus dem
Blickfeld.
    Bud ballte eine Hand zur Faust. »Heute können wir
nicht mehr tun, als ein weiteres Loch

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