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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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die Richtung von unten nach oben ändert. Deshalb ist es ein
Gleichgewichtspunkt.«
    »Ich weiß – ach so. Sie meinen, wir
hätten heute einen Wendepunkt des Projekts
durchlaufen?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich meine, Sie sollten die Schlagzeilen lieber den
Journalisten überlassen. OK. Was kommt als
Nächstes?«

 
{ 23 }
HEATHROW
     
     
    Im März 2040 – nachdem wieder ein freudloses
Weihnachten gekommen und gegangen war und wo es nur noch wenig
mehr als zwei Jahre bis zum Sonnensturm-Tag waren, beschloss
Miriam Grec, der Schild-Baustelle einen persönlichen Besuch
abzustatten. Und das bedeutete, dass sie zum ersten Mal in ihrem
Leben ins All flog.
    Als sie an diesem Tag von der Euronadel wegfuhr, fühlte
sie sich schuldig und aufgeregt zugleich – wie ein Kind,
das die Schule schwänzte. Aber sie brauchte eine Auszeit;
ihre Freunde und Feinde wären sich in dieser Hinsicht
wohl einig, sagte sie sich sarkastisch.
    London Heathrow war seit einem Jahrhundert ein Flughafen
gewesen und fungierte nun auch als Raumhafen. Und das
Raumflugzeug, das auf einer langen, gehärteten Startbahn im
wässrigen Sonnenlicht stand, sah wunderschön aus, sagte
Miriam sich.
    Die Boudicca war eine schlanke, etwa sechzig Meter
lange Nadel. Sie hatte beängstigend kleine Stabilisatoren an
Bug und Heck, und die Tragflächen waren
Delta-Stummelflügel. An den Flügelspitzen waren dicke,
asymmetrische Gondeln mit den Hauptraketentriebwerken montiert
– das heißt, im Vakuum des Raums arbeiteten sie wie
Raketentriebwerke, und in der Erdatmosphäre funktionierten
sie wiederum wie ein Düsenantrieb. Die Oberfläche des
Flugzeugs war eine mattweiße Keramikhaut, und die
Unterseite war mit einer glänzenden schwarzen Schicht
überzogen, einem Hitzeschild für den Wiedereintritt in
die Atmosphäre. Sie bestand aus einer Substanz, die ein
ferner Abkömmling der Hitzeschildkacheln war, die den
altehrwürdigen Raumfähren so viele Schwierigkeiten
bereitet hatten.
    Trotz der Bodenunterstützungsfahrzeuge, die sich um das
Flugzeug geschart hatten und der Dampfwolken, die die Tanks mit
kryonischem Brennstoff einhüllten, sah das Flugzeug wirklich
wie ein Objekt von einem anderen Stern aus, das rein
zufällig auf der Erde gelandet war. Aber es war doch ein
irdisches Schiff, ein Weltraumveteran. Die glänzende
Hülle war mit den Düsen von Steuertriebwerken
perforiert, um die Öffnungen war die Hülle verschrammt
und mit Blasen übersät, und mehrere Wiedereintritte
hatten Brandspuren an der Unterseite hinterlassen.
    Und das Flugzeug war very british. Während das
Leitwerk auf der einen Seite den Sternenkreis der eurasischen
Union trug, wurde es auf der anderen Seite von einer animierten
britischen Flagge geziert, und auf die Tragflächen und den
Rumpf waren die berühmten Kokarden der Royal Air Force
aufgemalt – ein Hinweis darauf, dass dieser hochfliegende
Raumvogel auch in der Lage war, militärische Aufgaben zu
übernehmen.
    Das Design ging auf innovative Studien in den 1980er Jahren
zurück, die von Firmen wie British Aerospace und Rolls-Royce
in Gestalt von Reißbrett-Flugzeugen mit Namen wie Hotol und
Skylon erstellt wurden. Diese Studien hatten jedoch bis in die
2020er Jahre auf Eis gelegen, bis durch neue Werkstoffe,
Triebwerkskonstruktionen und den erneuten Vorstoß ins All
eine Flotte wiederverwendbarer Raumflugzeuge plötzlich zu
einer kommerziellen Option wurde. Und als die Flugzeuge dann
tatsächlich flogen, waren die Briten ungeheuer stolz auf
ihre schönen neuen Spielsachen.
    Die Wahl eines weiblichen Namens war nur angemessen, sagte
Miriam sich: Bestimmt war dieses Raumflugzeug das schönste
Stück britischer Luft- und Raumfahrttechnik seit der
Spitfire. Aber der von der Öffentlichkeit ausgesuchte Name
der keltischen Königin, die sich einst den Römern
widersetzt hatte, schien ein Affront in diesen Tagen der
paneurasischen Harmonie – obwohl Miriam sich fragte, ob die
zweite Wahl besser gewesen wäre: Margaret
Thatcher…
    Allerdings musste man selbst in diesen Zeiten eines
vereinigten Eurasiens unterschwellige nationale Gefühle
respektieren, solang sie sich auf eine konstruktive Art und Weise
artikulierten. Zumal, wie Nicolaus nicht müde wurde zu
betonen, dieses Jahr 2040 ein Wahljahr war. Also ließ
Miriam sich vor dem schimmernden Rumpf fotografieren und setzte
dazu ein Lächeln auf.
     
    Sie bestieg eine kleine Rolltreppe und betrat das Flugzeug
durch

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