Sonnensturm
eine Luke im gewölbten Rumpf.
Sie fand sich in einer kleinen Kabine wieder. Wenn sie
erwartet hatte, dass das schöne Äußere des
Flugzeugs sich durch eine entsprechende Eleganz im Innern
fortsetzte, wurde sie sofort enttäuscht. Es gab ein Dutzend
Sitze in langweiligen Reihen, wie Sitze der Ersten Klasse auf
einem Langstreckenflug – aber das war es dann auch schon.
Es gab nicht einmal Fenster.
Sie wurde von einem großen Mann mit kerzengerader
Haltung begrüßt. Er trug eine Uniform der Eurasian
Airways und eine Schirmmütze. Sein Haar war
silberweiß, und er musste schon Ende siebzig sein; er hatte
aber ein markantes, gut geschnittenes Gesicht, klare blaue Augen,
und als er sprach, war ein erfreulicher Oberklasseakzent zu
vernehmen. »Frau Premierministerin, ich freue mich, Sie an
Bord zu begrüßen. Ich bin Captain John Purcell, und es
ist mir eine angenehme Aufgabe, Ihren Flug zum Schild so angenehm
wie möglich zu gestalten. Nehmen Sie bitte Platz; der
heutige Flug ist für Sie reserviert, und Sie haben die freie
Auswahl…«
Miriam und Nicolaus setzten sich eine Reihe auseinander,
sodass sie den Luxus größerer Beinfreiheit genossen.
Purcell half ihnen beim Anlegen der käfigartigen, robusten
Sicherheitsgurte und bot ihnen dann etwas zu trinken an.
Miriam nahm ein Bucks Fizz. Nicolaus wollte kein
Getränk.
Er war leicht gereizt. Miriam wurde sich bewusst, dass er
schon seit einiger Zeit einen nervösen Eindruck machte. Sie
sagte sich, dass wohl jeder das Recht hatte, nervös zu sein,
wenn er ins All geschleudert wurde – auch heute noch. Aber
vielleicht steckte doch mehr dahinter. Sie erinnerte sich, dass
sie sich vorgenommen hatte, ihn aus der Reserve zu locken.
»Wissen Sie, an was mich das erinnert? An die
Concorde«, rief Nicolaus über die Schulter. »Die
gleiche Kombination aus Hightech-Äußerem und einer
spartanischen Kabine.«
Purcell wurde hellhörig. »Haben Sie das alte
Flugzeug einmal geflogen, Sir?«
»Nein, nein«, sagte Nicolaus. »Ich bin nur
vor ein paar Jahren mal in einem außer Dienst gestellten
Museums-Exemplar herumgekrochen.«
»War das die Maschine auf der RAF-Basis Duxford?…
Ich hatte die Concorde nämlich geflogen, bevor sie um die
Jahrhundertwende ausgemustert wurde.« Er grinste Miriam an,
fast als ob er sie anbaggern wollte und strich sich das
Silberhaar glatt. »Ich bin schließlich auch nicht
mehr der Jüngste. Aber das Raumflugzeug ist ein ganz anderer
Vogel. Er ist natürlich auch für den Passagiertransport
zugelassen, wurde aber in erster Linie als Frachtflugzeug
konzipiert. Im Grunde ist er nicht viel mehr als ein fliegender
Brennstofftank.«
»Wirklich?«, fragte Miriam leicht nervös.
»O ja. Von den dreihundert Tonnen Gesamtgewicht sind nur
zwanzig Tonnen Nutzlast. Und wir werden fast den ganzen
Brennstoff verbrauchen, nur um von der Erde wegzukommen.«
Er schaute sie fragend an. »Madam, Sie müssen doch ein
Infopaket erhalten haben. Sie wissen, dass wir ohne Antrieb
zurückfliegen werden? Die Rückkehr zur Erde ist eine
Frage der Energieabgabe, nicht der Zufuhr…«
Sie hatte natürlich keine Zeit gehabt, die
Hochglanzbroschüre auch nur in die Hand zu nehmen, aber so
viel wusste sie schon noch.
»Dann sind wir also eine fliegende Bombe«, sagte
Nicolaus.
Auch wenn sie ihm die Nervosität zugute hielt, wunderte
Miriam sich doch über diese Aussage.
Purcells Augen verengten sich etwas. »Ganz so
fahrlässig sind wir dann doch nicht, Sir. Und nun
möchte ich Ihnen unsere Notfallprozeduren erläutern,
wenn Sie gestatten…«
Diese erwiesen sich auch als ziemlich beunruhigend. Bei einem
Druckabfall würden sie zum Beispiel von einem
›Drucksack‹ umschlossen und wären dann so
hilflos wie ein Hamster in einer Plastikkugel. Die zugrunde
liegende Idee war, dass Astronauten in Raumanzügen einen in
dieser Verpackung zu einem Rettungsschiff bringen
würden.
Captain Purcell lächelte; er wollte damit Kompetenz und
Ruhe ausstrahlen. »Frau Premierministerin, wir behandeln
unsere Passagiere nicht mehr wie Kinder. Es sind natürlich
alle Maßnahmen getroffen worden, um Ihre Sicherheit zu
gewährleisten. Ich könnte Ihnen das Flugprofil
erläutern und beschreiben, wie unsere Ingenieure sich
bemüht haben, das zu schließen, was sie ganz
unromantisch ›Fenster der
Nicht-Überlebensfähigkeit‹ nennen. Dieses
Raumflugzeug basiert aber auf einer noch jungen Technologie. Man
muss ›das
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