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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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ich’s nicht gesagt«, murmelte Siobhan
zu Toby gewandt.
    »Ich finde, Sie sollten es uns einfach zeigen, mein
Junge«, sagte Michail.
    Eugene nickte knapp und tippte auf eine Softscreen
außerhalb des Erfassungsbereichs der Kamera.
    Auf dem Datumsfeld startete ein Countdown, und die
rekonstruierten Ereignisse liefen rückwärts ab.
Während Wellen-Modi über die Oberfläche des Kerns
waberten, erschienen auf Rollleisten Details: Frequenzen, Phasen,
Amplituden, Tabellen der Energieanteile der wichtigsten
Schwingungsarten. Während Interferenzen,
Nichtlinearität und andere Effekte auf die dreidimensionalen
Wellen wirkten, kulminierte die Leistung des Kerns und flachte
dann ab.
    »Eugenes Modell ist bemerkenswert gut«,
kommentierte Michail. »Wir vermochten vielen dieser
Resonanzgipfel-Anomalien ein paar der größten
Sonnenwetterereignisse in unserer Geschichte zuzuordnen: die
Kleine Eiszeit, der Sturm von 1859…«
    Siobhan hatte Wellenfortpflanzung in Bezug aufs frühe
Universum studiert und war durchaus imstande, die Qualität
dieser Arbeit zu beurteilen. »Wenn er damit auch nur
annähernd richtig liegt«, sagte sie zu Toby,
»ist das eine der besten Analysen, die ich jemals gesehen
habe.«
    »Der größte Geist seit Einstein«, sagte
Toby trocken.
    Nun traten Änderungen auf dem Bildschirm ein. Die
Schwingungen wurden heftiger. Und es schien Siobhan, dass an
einem Punkt eine Konzentration von Energie erfolgte.
    Unerwartet stieg ein gleißender Lichtknoten aus dem Kern
auf – wie eine apokalyptische Morgendämmerung im Leib
der Sonne selbst. Und sobald der Knoten den Kern verlassen hatte,
brachen diese zentralen Schwingungen ab.
    Eugene stoppte die Projektion und ließ den Lichtpunkt am
Rand des Kerns, aber unter den ihn umhüllenden Schichten der
Sonne verharren. »An diesem Punkt wird meine Modellierung
der Kernanomalie durch eine neue Routine aktualisiert, um das
Verhalten der inerten Strahlungszone zu projizieren, die den Kern
umgibt und…«
    Siobhan beugte sich vor. »Halt, Eugene. Was ist das für ein Ding?«
    Eugene blinzelte. »Eine Massekonzentration«, sagte
er, als ob das offensichtlich wäre. Er zeigte Dichtekurven
an. »An diesem Punkt beträgt die Masse, die innerhalb
von drei Standardabweichungen vom Gravitationszentrum enthalten
ist, zehn hoch achtundzwanzig Kilogramm.«
    Sie führte ein paar schnelle Kopfrechenoperationen aus.
»Das sind ungefähr fünf Jupitermassen.«
    Eugene schaute sie flüchtig an, als ob er sich
darüber wunderte, dass sie eine Übersetzung in diese
Babysprache brauchte. »Ja, ungefähr.« Er setzte
seine Animation fort.
    Diese glühende Materiefaust stieg aus dem Herzen der
Sonne durch ihre Schichten empor. Bei diesem Aufstieg sah Siobhan
Störungen wie sich kräuselnde Wellen, die in den
Masseknoten flossen – ein glühender Schweif fast wie
ein Kometenschweif, der auf dem Weg zur Oberfläche
voraneilte. Sie beobachtete diesen Vorsprung aber
rückwärts, machte sie sich bewusst. In Wirklichkeit
hatte dieser Materieklumpen sich in die Sonne gebohrt, eine
turbulente Spur hinterlassen und durch diese starken Wellen
Energie und Masse in den geschundenen Körper der Sonne
gepumpt.
    »Dann ist die Strahlungszone also auf diese Art und
Weise durchschnitten worden.«
    »Genau«, sagte Michail. »Eugenes Modell ist
elegant: eine einzige Ursache, die viele Wirkungen
erklärt.«
    Der aus der Sonne entweichende Masseknoten erreichte nun die
Oberfläche und ›flutschte‹ aus der
Photosphäre. Wieder hielt Eugene die Animation an. Siobhan
sah, dass der Austrittspunkt in der Nähe des
Sonnenäquators lag.
    Sie sah, dass das Datumsfeld das Jahr 4 vor Christus
zeigte.
    »Dies ist der Moment des Einschlags. Die Masse an diesem
Punkt betrug etwa zehn hoch…« Er warf einen Blick
auf Siobhan. »Ungefähr fünfzehn Jupitermassen.
Beim Abstieg ins Innere der Sonne wurden die äußeren
Schichten des Objekts natürlich abgelöst, aber es
drangen immer noch fünf Jupitermassen zum Kern
vor.«
    »Fünfzehn Jupitermassen«, sagte Toby Pitt.
»Es handelte sich um einen Planeten – einen
jupiterartiger Riesenplaneten. Und vor zweitausend Jahren – fiel er in die Sonne. Ist es das, was Sie sagen
wollen?«
    »Nicht ganz«, sagte Eugene. Er tippte wieder auf
die Softscreen, und die Perspektive änderte sich
plötzlich. Nun war die Sonne eine helle Nadelspitze im
Mittelpunkt eines verdunkelten Schirms, und die Bahnen der

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