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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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erwarb.
    Es war eine Schande, dachte Jacob, daß der Mann dies so sah. Es wäre interessant gewesen, seine Ansichten zu hören. Aber er respektierte Keplers offenkundigen Wunsch, in diesen Fragen nicht behelligt zu werden.
    Was Jacobs professionelles Interesse erregte, war die Art und Weise, wie diese Isolation womöglich zu Keplers geistigen Problemen beigetragen hatte. Da war mehr als ein bloßes philosophisches Dilemma im Kopf des Mannes am Werk – etwas, das seine Effektivität als Führer und sein Selbstvertrauen als Wissenschaftler hin und wieder beeinträchtigte.
    Martine, die Psychologin, war oft bei Kepler, und sie erinnerte ihn regelmäßig daran, aus den diversen Röhrchen mit bunten Pillen, die er in seinen Jackentaschen bei sich trug, etwas zu nehmen.
    Jacob spürte, wie alte Gewohnheiten wieder erwachten, ungedämpft von der Ruhe der letzten Monate im Uplift-Center. Er hätte gern gewußt, was für Pillen Kepler da nahm – fast so gern, wie er gewußt hätte, was Mildred Martines wirklicher Job bei Sundiver war.
    Martine war immer noch ein Rätsel für Jacob. In all ihren Gesprächen an Bord des Schiffes war es ihm nicht gelungen, die freundliche Zurückhaltung der Frau zu durchbrechen. Die amüsierte Herablassung, die sie ihm entgegenbrachte, war ebenso prononciert wie Dr. Keplers übertriebenes Vertrauen in ihn. In Gedanken war die dunkelhäutige Frau woanders.
    Martine und LaRoque würdigten die Szenerie vor den Fenstern kaum eines Blickes. Statt dessen redete Martine über ihre Forschungsarbeit zur Wirkung von Farbe und Helligkeit auf psychotisches Verhalten. Jacob hatte bei der Konferenz in Ensenada davon gehört. Als Martine zu Sundiver gekommen war, hatte eine ihrer ersten Anordnungen darin bestanden, sämtliche umgebungsbedingten psychopathogenen Effekte auf ein Minimum zu reduzieren, für den Fall, daß die ›Phänomene‹ sich als Stress-Illusionen erweisen sollten.
    Ihre Freundschaft zu LaRoque war auf der Reise gewachsen, während sie hingerissen seinen zahllosen widersprüchlichen Geschichten über versunkene Zivilisationen und vorzeitliche Erdbesucher gelauscht hatte. LaRoque revanchierte sich für die ihm entgegengebrachte Aufmerksamkeit, indem er die Beredsamkeit spielen ließ, für die er berühmt war. Mehrmals hatten sie mit ihren privaten Unterhaltungen in der Lounge Zuschauer angelockt. Jacob hatte selber auch ein paarmal zugehört. LaRoque konnte einiges an aufmerksamem Interesse erwecken, wenn er sich Mühe gab.
    Trotzdem fühlte Jacob sich in der Nähe dieses Mannes unbehaglicher als bei jedem anderen Passagier. Er bevorzugte die Gesellschaft von redlicheren, offeneren Wesen wie Culla. Jacob mochte diesen Alien mittlerweile. Ungeachtet seiner riesigen, komplexen Augen und der unglaublichen Beißwerkzeuge hatte der Pring in vielen Dingen den gleichen Geschmack wie er.
    Culla hatte eine Menge treuherziger Fragen über die Erde und über die Menschen gestellt. Die meisten davon betrafen die Art des Umgangs, den die Menschen mit ihren Klientenrassen pflegten. Als er erfuhr, daß Jacob sogar bei einem Projekt mitgearbeitet hatte, bei dem Schimpansen, Delphine und seit neuerem auch Gorillas und Hunde zu voller Intelligenz geliftet wurden, begann er, Jacob mit noch größerer Hochachtung zu behandeln.
    Nicht ein einziges Mal bezeichnete Culla die Technologie der Erde als obsolet oder archaisch, obgleich jedermann wußte, daß sie so altmodisch war wie keine zweite in der Galaxis. Schließlich konnte man sich an keine andere Rasse erinnern, die gezwungen gewesen war, alles, aber auch alles von Grund auf zu erfinden – dafür sorgte schließlich die Bibliothek. Culla sprach mit Begeisterung von dem Nutzen, den die Bibliothek seinen Menschen- und Schimpansenfreunden bringen würde.
    Einmal folgte der ET Jacob in den Gymnastikraum des Schiffes und sah mit großen roten Augen Jakob hingerissen beim MarathonKonditionstraining zu, das er auf der Reise schon mehrmals absolviert hatte. Während seiner Ruhepausen stellte Jacob fest, daß der Pring bereits die Kunst des doppelbödigen Witzes erlernt hatte. Die Sexualsitten der Pring waren offenbar denen der zeitgenössischen Menschheit ähnlich, denn der Scherz »...jetzt feilschen wir nur noch um den Preis« schien für beide die gleiche Bedeutung zu haben.
    Mehr als an allem anderen erkannte Jakob an den Witzen, wie fern von daheim der schlanke Pring-Diplomat sich befand. Er fragte sich, ob Culla wohl so einsam war, wie er es in einer solchen

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