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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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langsam empor, als sie näher kamen.
    »Mit dem Rand auf seiner Ebene bleiben«, mahnte daSilva. »Nicht den Instrumentenkontakt verlieren.«
    Der Pilot warf ihr einen grimmigen Blick zu und wandte sich mit schmalen Lippen wieder seinen Instrumenten zu. Das Schiff begann zu rotieren.
    Der Alien stieg schneller und kam näher. Der fächerförmige Körper schien sich durch das Plasma zu wühlen wie ein Vogel, der Höhe zu gewinnen sucht.
    »Der spielt mit uns«, sagte daSilva leise.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil er sich so heftig nicht anstrengen muß, um über uns zu bleiben.« Sie befahl dem Piloten, die Rotation zu beschleunigen. Die Sonne stieg auf der rechten Seite höher und kroch zum Zenit.
    Das Gespenst flatterte weiter auf eine Position über ihnen zu. Es schien sich nicht daran zu stören, daß es sich zu diesem Zweck mit dem Schiff um sich selbst drehen mußte. Die Sonne rollte über ihnen dahin und versank dann wieder. Nach weniger als einer Minute ging sie auf der anderen Seite wieder auf, um gleich wieder zu sinken.
    Der Alien blieb über dem Schiff.
    Der Pilot beschleunigte die Rotation. Jacob knirschte mit den Zähnen und widerstand dem Drang, sich an Fagins Stamm festzuklammern, während das Schiff innerhalb von Sekunden Tag und Nacht durchlebte. Zum erstenmal seit Beginn der Reise zur Sonne wurde ihm heiß. Das Gespenst blieb mit aufreizender Beharrlichkeit über ihnen, die Photosphäre strahlte auf und verschwand wie eine Blinklampe. »Okay, geben Sie’s auf«, befahl daSilva.
    Die Rotation verlangsamte sich. Jacob schwankte, als sie schließlich ganz aufhörte. Er hatte das Gefühl, eine kühle Brise umfächele seinen Körper. Erst heiß, jetzt kalt – er wurde doch hoffentlich nicht krank? »Es hat gewonnen«, sagte daSilva. »Sie gewinnen immer, aber es war den Versuch wert. Allerdings würde ich es gern einmal mit eingeschaltetem Kühllaser probieren. Ich frage mich, was passiert, wenn wir mit halber Lichtgeschwindigkeit rotieren.«
    »Heißt das, Sie hatten eben die Kühlung abgestellt?« fragte Jacob.
    Jetzt konnte er nicht anders. Er legte eine Hand an Fagins Stamm. »Sicher«, antwortete die Kommandantin. »Glauben Sie denn etwa, wir wollten Dutzende von unschuldigen Toroiden und Hirten braten? Deshalb mußten wir ja ein Zeitlimit einhalten. Wenn das keine Rolle spielte, könnten wir uns eine Ewigkeit lang damit vergnügen zu versuchen, dieses Wesen auf die Ebene unserer Instrumente zu bringen – bis die Hölle zufriert!« Wütend starrte sie zu dem Gespenst hinauf. Schon wieder eine so anrührende Redensart. Jacob hätte nicht genau zu sagen gewußt, was ihn an dieser Frau mehr faszinierte: ihre offene, unumwundene Art oder ihre altmodische, wunderliche Ausdrucksweise.
    Jedenfalls waren damit das Hitzegefühl und die darauf folgende kühle Brise erklärt. Für kurze Zeit hatte die Hitze der Sonne hereinsickern können.
    Ich bin nur froh, daß es nicht mehr war, dachte er.

16. ... und von Erscheinungen
    »Wir kriegen hier nur ein verschwommenes Bild«, meldete der Techniker. »Anscheinend wird das Bild des Gespenstes durch die Stasisschirme irgendwie gekrümmt, denn es sieht verzerrt aus... wie durch eine schiefe Linse gebrochen. Tja...« Achselzuckend reichte er die Fotos herum. »Besser kriegen wir es mit der Handkamera nicht hin.«
    DaSilva betrachtete das Bild, das sie in der Hand hielt. Es zeigte die blaue, streifige Karikatur eines Mannes, eine Stockpuppe mit spindeldürren Beinen, langen Armen und riesigen, gespreizten Händen. Das Foto war aufgenommen worden, bevor die Hände sich zu Fäusten geballt hatten, unscharf, aber erkennbar.
    Als Jacob an die Reihe kam, konzentrierte er sich auf das Gesicht. Die Augen waren leere Höhlen, der schiefe Mund ebenfalls. Auf dem Foto erschienen sie schwarz, aber Jacob erinnerte sich, daß die wirkliche Farbe der Chromosphäre Dunkelrot war. Die Augen waren also rotglühend, und der Rachen verzerrte sich, als stoße er bösartige Flüche aus, und alles war rot.
    »Aber eines muß man noch sagen«, fuhr der Techniker fort. »Der Kerl ist durchsichtig. Hydrogen-Alpha geht einfach durch ihn hindurch. Man bemerkt es nur bei den Augen und beim Mund, weil das Blau, das er dort absondert, es nicht verwischt. Aber soweit wir feststellen können, hält sein Körper nichts davon auf.«
    »Tja, wenn das nicht die Definition eines Gespenstes ist, dann kenne ich überhaupt keine«, meinte Jacob und gab das Foto zurück. Zum hundertstenmal blickte er

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