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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Jenny-Baby?«
    »Hm?« Im Sessel zusammengerollt schien sie mit ihren Gedanken woanders zu sein und hörte nicht zu.
    »Wann hat Oskar vor, aus deinem verdammten Bauch zu krabbeln? Denk mal nach, du kleines Aas.« Er sagte es so beiläufig, als bäte er um eine Zigarette.
    »Du kannst mich«, entgegnete sie im gleichen Ton.
    Ich stand wie angewurzelt, erfüllt von Haß, Unsicherheit, hilfloser Enttäuschung. »Wie lange?« Es war ein erstickender Aufschrei. »Die Natur läßt sich nicht hetzen, Paps. Was hältste denn von sieben Monaten?«
    »Sie sind völlig übergeschnappt.«
    Wilby ließ das Buch sinken. Einen langen Augenblick war er sehr still, die Augen hinter der dunklen Brille verborgen. Schließlich sagte er: »Paps, ich hab' dich gewarnt. Du hörst wohl nicht zu, was?«
    »Sie auch nicht. Möchten Sie nicht in die Anstalt zurück?«
    Es war riskant, aber mir war ein Verdacht aufgestiegen, dem ich unbedingt nachgehen wollte.
    »In das Sanatorium, aus dem Sie ausgerissen sind«, sagte ich.
    Wilby blieb stumm, passiv.
    Zu meiner Überraschung kicherte Jenny. »Er ist nicht ausgerissen, er ist einfach weggegangen. Sie konnten ihn nicht mehr ausstehen.«
    »Jenny –«, sagte Wilby.
    »Ja?«
    »Möchtste 'ne Tracht, hier vor dem Mann?«
    »Er würde's nicht zulassen.« Ich spürte, daß sie mich ansah, obgleich ich den Blick nicht von Wilby ließ, abschätzend, lauernd. »Nicht wahr, Sam?« – ein leichtes Beben vibrierte in ihrer Stimme.
    Zum Teufel mit ihr. Meine Ahnung wegen Wilby hatte mich nicht getrogen. »Meine Frau kommt heim.«
    Nun richtete Wilby sich auf. Jenny drehte die plärrende Musik ab, und in der plötzlich entstandenen Stille hörte ich ihr Kleid rascheln, als sie zu mir trat.
    »Ach ja?« fragte Wilby lässig. »Wann?«
    »Diese Woche«, antwortete ich.
    »Du merkst es wohl nicht, wenn du verloren hast, was?«
    »Also … wenn Sie nicht fort sind, habe ich keine andere Wahl, als Sie verhaften und einsperren zu lassen, ohne Rücksicht auf die Folgen für mich. Begreifen Sie das?«
    »Einsperren?« fragte Jenny.
    »Willste der kleinen Jenny Angst einjagen, Mann?«
    »Einsperren?« wiederholte Jenny. »Wilby, was –«
    »Einsperren«, sagte ich, »euch beide!«
    »Weshalb, Paps? Was haben wir denn getan?«
    »Hausfriedensbruch«, erklärte ich. »Erpressung.«
    »Erpressung?«
    »Ihr Wort steht gegen meines«, sagte ich.
    »Und wer wird uns glauben?«
    »Genau.« Meine Beherrschung erreichte die haarscharfe Grenze, wo sie in Unsicherheit umschlug. »Sie sagten doch selbst, daß die Leute sowieso glauben, was sie glauben wollen. Na, wenn sie euch beide sehen –«
    »Kapito, Paps. Willst es riskieren?«
    »Wollen Sie?«
    »Wenn man nichts riskiert, weiß man gar nicht, ob man lebt.«
    »Eines kann ich Ihnen versichern: Ich werde nicht dulden, daß meine Frau heimkommt und Sie hier vorfindet.«
    »Warum nicht?« fragte Jenny heftig. »Sind wir vielleicht nicht gut genug –«
    Wilby unterbrach sie mit einer knappen Handbewegung. »Soll das vielleicht heißen, daß 'n Mann wie du – geachtet, Anwalt, Achte Luftflotte und so weiter – etwa lügen würde?«
    Es war gespenstisch, wie er seinen Finger auf den wunden Punkt legte. Schon seit meiner Kindheit hatte ich eine übertriebene, fast krankhafte Aversion gegen Lügen, gleichgültig wie nebensächlich oder gerechtfertigt.
    »Ich frage nur, Paps, weil du wirklich kein routinierter Lügner bist.« Er grinste wieder. »Weißte, Jenny und ich haben uns nachmittags die Zeit vertrieben und die Briefe deiner Engländerin gelesen. Demnach weiß sie nicht, ob die alte Dame gesund wird oder abkratzt. Und demnach gehst du ihr sehr ab, Mann, sie hat ja so 'ne Sehnsucht nach dir, und das beschreibt sie auch. Das hat wahrscheinlich Jenny so heiß gemacht. Du hast ja 'nen ganz schön hitzigen Schwanz, was, Casanova?« Da holte ich aus. Ohne zu denken, ohne Vorwarnung. Mein Glas zerschellte am Boden, meine Faust streifte seinen struppigen Bart, weil ich sein Gesicht nicht voll traf; ich hatte es einen Moment dicht vor mir und roch seinen säuerlichen Atem, dann bohrte sich meine Hand in die Polster. Im gleichen Augenblick wurde sie mir verrenkt, Schmerz durchzuckte meine Eingeweide, dann wurde mir schwarz vor Augen – pechschwarz. Ich fand mich hilflos gekrümmt auf der Couch wieder und keuchte nach Luft, die nicht kam, mir war sterbensübel, und als ich versuchte, meine Schwäche zu überwinden und mich zusammenzureißen, hatte ich einen

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