Sonst kommt dich der Jäger holen
dicht an ihm dran, dank der herausragenden Arbeit der geheimen Informanten. Und jetzt gefährdete diese Tennislehrerin ihre komplette Arbeit. Die Russen waren nervös. Sie hielten die Tennislehrerin womöglich für einen Spitzel. Im Worst-Case-Szenario würde das Treffen abgesagt.
Er wollte sich dieses Desaster nicht ausmalen. Soweit durfte es nicht kommen. Alles musste laufen wie geplant. Sie waren bestens vorbereitet. Die Techniker hatten jede Menge Natur präpariert, die Kameras waren installiert, sie würden lückenlos jedes Autokennzeichen notieren und vor allem: die Handynummern. So könnten sie vielleicht genug zusammentragen – Kontaktdaten, Kalender, Reisebewegungen, Quittungen, Tankbelege, um endlich an Jewgeni heranzukommen, um ihm endlich mehr nachzuweisen als falsches Parken.
Er riss ein Papierhandtuch aus dem Spender, trocknete sich die Hände ab, knüllte das Handtuch zu einer Kugel und warf sie mit Schwung in den Papierkorb. Sie landete daneben. Kein gutes Zeichen. Kurz überlegte er, ob er sich bücken sollte. Ja, er überlegte sogar, ob es ihre Chancen steigerte, wenn er sich bücken würde. Dann schämte er sich und verließ den Toilettenvorraum. Er ließ nicht mit sich handeln. Niemals.
65
Zwei Stunden waren sie auf dem See gewesen, und Sinah hatte ihre gesamte Brotzeit an die Enten verfüttert. Felix hatte ihr ein bisschen Rudern beigebracht, obwohl die kleinen Hände die Ersatzriemen kaum umschließen konnten. Es war ein schöner Sonntagnachmittag gewesen, so schön, dass er ihn bitter bezahlen würde mit seiner Sehnsucht. Sie waren auf dem Heimweg, Sinah schlief wie meistens im Auto, da fiel Felix ein, dass es kein großer Umweg wäre, bei den Brandls vorbeizufahren. Vielleicht würde der Brandl ihm sagen, wo seine Frau sich aufhielt. Das wäre ihm lieber als ein Telefonat. Er schaute den Leuten gern in die Augen.
Als er vor dem stimmungsvollen Haus des Paares parkte, entdeckte er nicht den Mann, sondern die Frau. Maria Brandl lud einen Koffer in einen Jetta. Felix überlegte. Er wollte nicht offiziell mit ihr sprechen, lediglich die Nachricht von Alice Ludewig überbringen. Sinah wachte nur kurz auf, als er den Sicherheitsgurt löste. In seinen Armen träumte sie weiter.
»Grüß Gott«, grüßte Frau Brandl, ohne ihm besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Er könnte einer von den Spaziergängern sein, die an Wochenenden zu Dutzenden an ihrem Haus vorbeikamen, stehen blieben, es bewunderten. Doch dafür war es nun schon zu duster. Maria Brandl öffnete ihre Gartenpforte, gleich wäre sie im Haus verschwunden.
»Frau Brandl?«
Ein Ruck ging durch ihren Körper, sie drehte sich um.
»Auch wenn ich nicht so aussehe im Moment, ich bin von der Polizei, Tixel ist mein Name. Wir haben einmal telefoniert. Ich bin auch nicht im Dienst heute, aber ich wollte …«
»Das gibt’s nicht!«, rief Maria Brandl, kam näher. »Gerade wollte ich Sie anrufen!«
»Mich?«, fragte Felix verblüfft.
Maria Brandl rückte dicht auf. Felix konnte ihren Atem spüren. Sie schaute Sinah an, nein, sie scannte sie ein. Hunger im Blick.
»Nicht direkt Sie. Die Polizei. Allgemein. Ich habe Angst um meinen Mann.«
»Ich setze meine Tochter ins Auto, bin gleich wieder bei Ihnen«, sagte Felix.
»Ich verlade inzwischen mein Gepäck«, sagte Frau Brandl. »Ich muss zum Autoreisezug nach München.«
Kurz darauf standen sie an der Gartenpforte. Maria Brandl bat ihn nicht ins Haus. Offensichtlich war sie in Eile. Das gefiel Felix nicht, denn er brauchte Zeit, um das Gespräch auf Alice Ludewig zu bringen. Dummerweise wusste er nicht, ob Maria Brandl wusste, dass ihr Mann die Affäre der Polizei gestanden hatte, dass dies der Auslöser für seine Beichte zu Hause gewesen war.
»Warum haben Sie Angst um Ihren Mann, Frau Brandl?«
»Weil dem jetzt alles wurscht ist.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Ich habe Angst, dass er jetzt behauptet, er hätte den Jensen umgebracht. Das unterstellen Sie ihm doch sowieso schon dauernd. Ich habe Angst, dass er etwas zugibt, was er nicht gemacht hat.«
Felix beschloss zu bluffen. »Wir haben den Täter.«
Maria Brandl lachte laut auf. »Den Kreitmayer! Das habe ich auch schon gehört. Da lachen ja die Hühner. Der ist so schlecht zu Fuß, der würde das doch gar nicht schaffen, vom Parkplatz in den Wald, nein. Außerdem hat der schon immer eine große Klappe gehabt.«
»Er hat es gestanden«, blieb Felix fest.
»Und wenn mein Mann gesteht? Das ist doch viel
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