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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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ließ, vielleicht zu schnell.
    »Logisch. Nur mit einem roten«, bekräftigte Felix.
    Sie krabbelte von seinem Schoß und schnallte sich selbst wieder an. »Losfahren!«
    »Zu Befehl!«, lächelte er und schaute dann immer wieder mal in den Rückspiegel, wo die Äuglein ganz schnell zufielen, und dann schlief sie. Stundenlang hätte er sie anschauen können, weil er so viele Stunden vermisste, und er durfte nicht an all jene denken, die er in Zukunft vermissen würde. Nach vorne schauen. Rotes Tretboot.
    *
    Die Uhr zeigte 19:19, als die rechte Hand des Chefs, insgeheim wurde er Der Häuptling genannt, eine rote Mappe auf seinen Tisch legte. »Wir haben das Protokoll der Telefonüberwachung von der Frau Fischer.«
    Er schlug die Mappe auf, überflog den Text, klappte sie zu.
    »Unangenehme Geschichte. Diese TÜ will ich mir anhören. Ruf die anderen dazu. Sofort.«
    Sie nickte und stöckelte aus seinem Büro.
    Er stand auf und überquerte den Flur, um in den abhörsicheren Konferenzraum zu gelangen. Kurz davor drehte er ab zu den Toiletten. Wusch sich die Hände mit Bedacht. Irgendeine Tennislehrerin. Das war nicht zu fassen. Seit neun Monaten waren sie an diesem Fall dran. Für Mittwoch war der Zugriff geplant. Zwei Quellen hatten unabhängig voneinander bestätigt, dass das Treffen an diesem Tag mit der angenommenen Gästeliste stattfinden sollte. Da würden sie alle in der Villa am Wilden Hund sein, und es war verdammt harte Arbeit gewesen, einen Anlass für diesen Zugriff zu finden. Man konnte ja nicht einfach reinspazieren und sich die Ausweise zeigen lassen. Aber jetzt endlich, dank der hervorragenden Arbeit seines Teams und der V-Leute, hatten sie einen Grund. Morosow, ein Auftragskiller, der in Großbritannien gesucht wurde, würde sich voraussichtlich unter den geladenen Gästen befinden. Das hatten zwei Quellen unabhängig voneinander gemeldet. Eine der Quellen war ihr erprobtester und zuverlässigster V-Mann. Der hatte zu jeder Zielperson, auf die er in der Vergangenheit angesetzt worden war, in kürzester Zeit einen tragfähigen Kontakt aufgebaut. Alles schien perfekt. Gegen Morosow lag ein internationaler Haftbefehl vor … Er zögerte. Ob Morosow von moros stammte, was Frost bedeutete? Мороз . Da war noch keiner aus dem Team drauf gekommen. Nette Anspielung. Der Auftragskiller, der aus dem Frost kam. Muss ich mir merken, beschloss er. Zur Aufheiterung. Die Lage im Team war extrem angespannt durch die unkontrollierten Entwicklungen in letzter Zeit. In Kiew und in Berlin waren zwei Mitarbeiter aufgeflogen. Dabei hatten sie den Vorteil noch immer auf ihrer Seite. Sie mussten aktuell lediglich zugreifen und abschöpfen. Die Organisation würde zwar Verdacht hegen, aber das tat sie immer. Die wurde bei jedem Anzeichen von etwas Ungewöhnlichem nervös. Diese Tennislehrerin war der Supergau. Die schoss ihre Bälle, ohne zu wissen, was sie damit anrichtete, in das engmaschige Netz aus Agenten, V-Männern, Observationskräften, verdeckten Ermittlern, Legenden, Tarnfirmen, Post- und Telefonüberwachern.
    Wenn alles so lief, wie sie sich das vorstellten, wenn sie die Tennislehrerin und alle anderen Störfaktoren ausschalteten, würde der Gesuchte am Mittwoch tatsächlich zu den Partygästen gehören, die sich auf einen typischen russischen Abend freuten. Wodka, Weiber, Waffen. Und ein Catering vom Feinsten. Sie würden ihnen diese Henkersmahlzeit noch gönnen und nach dem Essen zugreifen, wenn der Wodka und der Wein, die eimerweise fließen würden, erste Wirkung zeigten, sie würden Morosow mitnehmen und dabei – reine Routinemaßnahme, völlig nachvollziehbar in einem solchen Fall – die Identität aller anwesenden Personen feststellen und überprüfen. Zirka achtzig. Davon mindestens zwanzig Prostituierte, zehn Prominente, fünf Politiker, zehn hochkarätige Geschäftsleute, und unter den restlichen Gästen konnten sie mit einem guten Dutzend mitteldünner oder gar mitteldicker Fische rechnen, und vielleicht, hoffentlich, war er unter ihnen. Er , den noch nie jemand fotografiert hatte. Er , wegen dem sie das alles veranstalteten. Diesmal konnte es klappen. Vielleicht hieß er Jewgeni, Евгений . Vielleicht hieß er auch anders. Über ihn gab es kaum gesicherte Erkenntnisse, nur Gemunkel. Niemand wusste genau, wie er aussah. Sein russisches Vorstrafenregister war verschwunden – ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Mafia ihre schützende Hand über ihn hielt. Doch inzwischen waren sie ganz

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