Sonst kommt dich der Jäger holen
logischer!«
»Aber falsch?«, fragte Felix.
»Ja sicher.«
»Und warum sollte er das machen?«
»Unsere Tochter ist tot, der Hund ist erschossen …«
»Aber so war das doch letzte Woche auch. Was hat sich verändert, Frau Brandl?«
Sie starrte an ihm vorbei. »Ich will es Ihnen nur gesagt haben, dass er es nicht war.«
»Das haben Sie. Aber ich verstehe noch immer nicht, warum er eine Tat auf sich nehmen sollte, die er nicht begangen hat.«
»Er ist nun mal der Nachfolger vom Kreitmayer.«
»Was?«
»Bei Puster. Der Kreitmayer war sein Vorgänger.«
»Sie wollen mir jetzt aber nicht weismachen, dass das deshalb eine logische Folge ist? Fällt der eine Verdächtige aus, rückt sein Nachfolger auf?«
»Außerdem hat mein Mann ein Alibi.«
»Ja, er ist mit seinem Hund Hallodri Gassi gewesen«, erwiderte Felix leicht genervt.
»Der Benny war da.«
»Der Benny?«, wiederholte Felix, während die Sympathie, die er eben noch für die Frau empfunden hatte, erlosch. Ja, so konnte man sich auch rächen. Hinterfotzig und raffiniert war das. Den Sohn der Rivalin hinhängen. Wenn ich mein Kind verloren habe, sollst du auch keins mehr haben.
»Der Sohn von … einer Bekannten. Einer Kollegin, Ex-Kollegin meines Mannes.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Felix um Neutralität bemüht.
»Weil ich ihn gesehen habe, wie ich weggefahren bin, ins Hospiz.«
»Und warum hat Ihr Mann uns das nicht gesagt, dass der Benny da war?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Was weiß denn ich. Vielleicht hat er es vergessen. Wahrscheinlich ist er bald danach mit dem Hallodri los, und da war er ja viel länger unterwegs als der Benny da war. Ich weiß es nicht. Vielleicht auch, weil er nicht gern mit der Polizei redet seit dem Unfall. Das erinnert ihn alles an die Beamten, die uns die Todesnachricht überbrachten. Ich kann doch auch nicht in dem sein Hirnkastl reinschauen.«
»Und wo ist er jetzt, Ihr Mann?«
»In einer halben Stunde ist er wieder da. Da muss ich weg sein.«
»Aber … Sie wohnen doch hier?«
»Da bin ich mir nicht mehr sicher«, sagte Maria Brandl und ging zu ihrem Auto.
»Frau Brandl, warten Sie! Wir müssen uns noch in einer anderen Sache unterhalten.«
Sie stieg in ihren Jetta und ließ den Motor an. Felix ballte eine Faust. Er hatte es ganz falsch angepackt. Maria Brandl fuhr nicht weg, sondern direkt auf ihn zu. Durch die hinabgleitende Fensterscheibe ließ sie ihn wissen: »Ludewig heißt der Benny mit Nachnamen. Benjamin Ludewig. Seine Mutter hat bis vor Kurzem bei Puster gearbeitet.«
66
An unserem dritten, dem gefühlten zwanzigsten Abend, was meine Muskeln anging, hatte Erika eine tolle Idee. Sie träumte schon lange von einem Transalpin Run, wie sie mir anvertraute, und heute konnten wir eine Vollmondfahrt unternehmen mit dem Lift, ob ich das wüsste, dass die Lifte bei Vollmond auch nachts fuhren.
»Klar«, log ich.
»Und während die anderen sich dann in der Hütte die Kante geben, laufen wir bergab.«
»Im Dunkeln?«, rutschte es mir heraus.
»Es ist Vollmond!«
»Wo?«
Sie grinste. »Der wird schon noch auftauchen. Hast du eine Stirnlampe? Du joggst doch bestimmt manchmal nachts?«
»Natürlich.«
Erika zögerte. »Allerdings …«
»Ja?«
»Flipper wirst du nicht mitnehmen können.«
Nun zögerte ich. Flipper war zwar schon mal mit mir in einem Sessellift gefahren, was Erika sich wahrscheinlich nicht vorstellen konnte, doch bei strahlendem Sonnenschein. Die Vorstellung, im Dunkeln mit ihm hoch über dem Boden zu schaukeln, behagte mir nicht.
»Kein Problem«, gab ich mich entspannter, als ich mich fühlte.
»Prima«, lächelte Erika, und später sollte ich mich an dieses Lächeln erinnern. Das war der Moment, in dem ich hätte Verdacht schöpfen müssen, denn eigentlich lächelte sie nicht, sie triumphierte.
Unsere Gruppe bestand aus zweiunddreißig Leuten, zum Teil logierten sie in benachbarten Hotels – bis aus Fischen im Tal kamen die Teilnehmer. Schon am Lift wurde eifrig Obstler ausgegeben. Erika reichte mir ein Tablett voller Schnapsgläser weiter, ohne sich selbst zu bedienen. Auch das hätte mich misstrauisch machen sollen. An der Mittelstation bot sie mir ein zweites Mal an.
Der Ausblick am Gipfel war atemberaubend.
Eigentlich hatten wir gleich zu unserer Nachtwanderung aufbrechen wollen, doch der Hüttenwirt, der uns an der Liftstation in Empfang nahm, bestand darauf, dass die Deandln sein Gselchtes probierten.
»Geräuchertes«, übersetzte ich für
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