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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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der geht auf die Rechnung von Kommissar Zufall. Der Jensen hat überhaupt nichts mit uns zu tun. Der wollte nur heim zu seiner Familie.«
    »Deswegen erpresst man aber seinen Ex-Chef nicht.«
    »Wenn man keine andere Möglichkeit sieht.«
    »Und was hat er davon? Jetzt ist er tot«, wagte sich der Neue vor.
    »Wissen die Kollegen vom Mord das eigentlich, mit der Erpressung – dass Jensen seinen Chef in Kiel unter Druck gesetzt hat?«
    »Nach unserem Zugriff geben wir ihnen den Tipp. Dass da nichts dran ist, können sie dann selber rausfinden. Der war zu der Zeit in Hawaii.«
    »Malediven.«
    »Der Mord ist noch immer nicht aufgeklärt.«
    »Aber es war keiner von unseren Russen. Weil die nämlich gar nicht da waren. Die sind zum fraglichen Zeitpunkt auf keinem Film. Das Haus war leer.«
    Der Häuptling hob die Hand, um die Gespräche zwischen seinen Mitarbeitern zu stoppen. »Für uns geht es jetzt ausschließlich darum, uns weiterhin optimal auf den Zugriff vorzubereiten, alle Eventualitäten auszuschließen und für absolute Ruhe zu sorgen, damit alles so läuft wie geplant. Jede Unruhe ist einzudämmen. Wie die Tennislehrerin«, sagte der Chef. Es war so still im Raum, dass sie wieder nur sein Schnaufen hörten. Er nickte dem Mann hinter dem Computer zu, und Felix Tixels Stimme ertönte.
    »Warum meldest du dich nicht? Wir haben eine Vereinbarung. Wo steckst du?«
    »Was für eine Vereinbarung?«, fragte der Chef in die Runde und erhielt keine Antwort.
    »Ist das eine private Vereinbarung? Haben die was miteinander? Ist der nicht verheiratet?«
    »Lebt in Trennung. Eine Tochter.«
    »Das gefällt mir nicht, wenn die was miteinander haben«, brummte der Chef, »das macht das Ganze noch unberechenbarer, das gefällt mir gar nicht. Haben wir den Tixel auch aufgeschaltet?«
    »Freilich.«
    »Sein Diensthandy ebenfalls?«
    »Er hat bloß ein Diensthandy. Kein Telefonanschluss in seiner Wohnung, wo er im Übrigen nicht gemeldet ist.«
    »Da schau her. Also will er zurück zu seiner Frau?«, frotzelte die Kollegin.
    Der Häuptling warf ihr einen seiner Spezialblicke zu. Auf Eis.
    »Die nächsten vier Mitteilungen sind wahrscheinlich verschlüsselt«, lenkte der Mann hinter dem Computer ab. »Sie kamen als SMS . Von ihr und von ihm.«
    Der Chef nickte.
    Der Techniker räusperte sich: »Das sind die von ihr an ihn«, er las vor: »Ich wär gern dein rotes Telefon. Mit dir reite ich bis ans Ende der Welt. Und von ihm kamen zwei SMS mit folgendem Inhalt: Ohne Quiz kein Eintritt: Wie nennt der Volksmund die Bäckerei am Bereiteranger? Und die zweite: Wird Flipper als Wasserträger eigentlich entlohnt? Oder braucht er einen Anwalt?«
    »Das war’s?«, fragte der Chef.
    Der Mann am Computer nickte.
    »Es gibt keine Bäckerei am Bereiteranger«, teilte einer der Anwesenden mit.
    »Irgendwelche Ideen, was das bedeutet?«, fragte der Chef gereizt in die Runde.
    Niemand meldete sich.
    »Wer steckt hinter diesem Flipper? Was ist das für ein Deckname?«
    »Chef, das ist der Hund von ihr, also von der Tennislehrerin. Der Hund, der die Waffe ausgebuddelt hat.«
    »Und der heißt Flipper? Die hat doch einen an der Klatsche.«
    »Vielleicht bedeutet das alles gar nichts«, mischte sich die Kollegin erneut ein. »Vielleicht ist es ein Insiderjoke.«
    »Das glaubst du doch wohl selber nicht«, empörte sich ein anderer, der aber auch keine Idee hatte, worum es gehen könnte.
    »Was meint ihr«, fragte der Chef und versetzte sie in allerhöchste Alarmbereitschaft, denn nach ihrer Meinung wurden sie normalerweise nicht gefragt, nur nach Fakten. »Sitzt der Tixel bei uns im Boot?«

67
    Ich stürmte in mein Zimmer. Flipper empfing mich wedelnd hinter der Tür unserer kleinen Suite. »Flipper«, keuchte ich, außer Atem von meinem Lauf. Ich fiel auf die Knie und umarmte ihn, vergrub mein Gesicht in seinem dichten, weichen Fell. Er entwand sich, sprang zu seiner Decke und schnappte sich sein Lieblingsstofftier. Mit ruckartigen Kopfbewegungen forderte er mich auf, es ihm wegzunehmen. Los, zieh! Ich wollte aber nicht ziehen. Ich wollte ihn einfach nur festhalten, weil ich so froh war, dass er da war. Und lebte. Aber Flipper war kein Mensch. Flipper war ein Hund. Mit seinen eigenen Spielregeln. Dem konnte ich nicht erzählen, dass Erika mehrere Identitäten hatte, die unsere gefährden konnten. Den konnte ich nicht nach seiner Einschätzung der Lage fragen. Für Flipper zählte nur das Jetzt. Jetzt war ich da, und das war gut. Da gab ich auf.

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