Sonst kommt dich der Jäger holen
behauptet sie, du hast ihren Hund entführt! Ich geb ihr die Handynummer erst recht nicht. Dann sagt sie, es wäre privat, aber du hättest dir mit deinem Dienstausweis Eintritt in ihre Wohnung verschafft. Was ist da los, Felix?«
Felix blinkte und fuhr schräg in eine Einfahrt. Hinter ihm hupte es.
»Wo treibst du dich überhaupt rum! Wieso bist du nicht in der Rechtsmedizin? Was ist das für eine Frau!«
»Chefbauer, das ist wirklich privat, die will was von mir, was ich nicht will.«
»Hast du dir mit deinem Dienstausweis Zugang verschafft zu ihrer Wohnung?«
»Die hat ein narzisstisches Problem, weil ich sie hab abblitzen lassen. Hör zu, Chefbauer, ich ruf sie an, dann beruhigt sie sich wieder.«
»Genau, das machst du. Haben wir die Stalker jetzt schon in der Dienststelle … Was ist denn das Herrgottsakramentnochamal für ein Irrenhaus!«
»Tut mir leid, Chefbauer, dass du da reingezogen wurdest.«
»Was ist das überhaupt für ein Hund?«
»Ihr Schoßhündchen«, sagte Felix.
»Dann lass dich mal nicht beißen.«
*
Der Beamte setzte den Kopfhörer ab und winkte einem Kollegen.
»Ich hab da was. Hör mal rein. Ich glaube, wir sollten den Chef informieren.«
Der Kollege hörte eine Passage an und reckte den Daumen in die Luft. »Jep!«
»Chef! Der Tixel hat offenbar den Hund von der Tennislehrerin bei sich. Womöglich ist er auf dem Weg zu ihr?«
»Ruf die Observation an.«
*
Viel zu oft schaute Felix in den Rückspiegel, wo der große schwarze Flipper aufrecht saß. Als wollte er sich den Weg merken, als würde er sich Verkehrsschilder und Straßenkreuzungen einprägen. Um zurückzufinden. Nein, das hatte er nicht nötig. Bei dem sahen Fährten anders aus.
»Guter Junge«, sagte Felix, und Flipper wedelte leicht.
»Braver Junge«, sagte Felix, weil er das noch mal kriegen wollte. Flipper schaute aus dem Fenster. Er benahm sich anders ohne Franza. Angespannt. Stand bestimmt ziemlich unter Stress. Auch wenn er sich Felix gegenüber freundlich zeigte, hieß das noch lange nicht, dass er ihn akzeptierte. Er akzeptierte die Situation, und Felix hatte öfter mit ihm gespielt als Andrea. So was merkt sich ein Hund.
»Aber nicht, dass du jetzt glaubst, ich fang so zu reden an mit dir wie die Franza.«
Flippers Kopf ruckte nach vorne.
»Franza«, wiederholte Felix. Den Namen kannte er. »Ja, des is dein Frauli«, sagte Felix. »Mit dir zusammen find ich die. Sogar wenn sie bei den Russen ist. Du wirst mich zu ihr führen.« Flipper wedelte. »Jetzt fahrma zu deinem Frauli«, sagte Felix. Und dann dachte er: bescheuert. Vollkommen bescheuert. Gut, dass mich keiner hört.
77
Als ich aufwachte, dauerte es eine Weile, ehe mein Bewusstsein dort ankam, wo ich war. Im Volvo, im Wald, und der Heilige Berg war nicht weit. Aber doch weit genug entfernt, um mich sicher zu fühlen. Nach dem Billard gestern war es zu spät für die Brandls gewesen, dem nächsten Punkt auf meiner Liste. Immer noch war ich überzeugt davon, dass irgendwo in Wallis Umfeld der Hund begraben lag. Vielleicht hatte sie einen russischen Freund gehabt? Oder einen Verehrer aus dem Ostblock? Wenn der Autounfall gar keiner gewesen wäre? Ob sie den Wagen untersucht hatten? Wurden Autos nach Verkehrsunfällen routinemäßig überprüft?
Ich blieb noch ein paar Minuten liegen, lauschte auf die Vogelstimmen und schaute in das gelbrote Grün vor den Fenstern. So war das mal normal gewesen, früher. Nun fehlte er mir wie ein Arm oder Bein. Ich war nicht komplett ohne meinen schwarzen Freund.
Ich fuhr nach Aidenried, parkte den Volvo am Ufer des Ammersees und warf den inneren Schweinehund ins kalte Wasser. Es war lange nicht so gänsehäutig wie befürchtet, ich schwamm mindestens zehn Minuten. Im Dorfladen in Fischen kaufte ich mir eine Butterbreze und einen Cappuccino. Als ich um halb neun vor dem schönen Haus der Brandls parkte, war Herr Brandl am Aufbrechen.
»Mei Frau is ned da«, rief er mir zu und öffnete die Heckklappe seines grünen Suzuki Samurai, der vor dem kleinen Gartenhäuschen neben der Laube parkte.
»Noch immer ned?«
Hallodri begrüßte mich begeistert und schnupperte mich nach SMS von Flipper ab, stippte auch einige Kommentare an meine Hose. Ach, tat das gut, Kontakt mit einem Hund. Ich knuddelte ihn ausgiebig und fühlte mich belebter als nach dem Bad im See.
»Na, und des dauert a no.« Franz Brandl legte den Kopf schräg und musterte mich.
»Wo is denn der … Fury? Ham den die Russen gekidnappt?« Er lachte
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