Sonst kommt dich der Jäger holen
erfreulicherweise abgelenkt, weil drei toupierte Frauen hereinkamen.
»Du, ich muss schnell nach meinem Hund schauen«, sagte ich zu Benny. »Der ist im Auto. Den kann ich nicht so lang allein lassen. Kommst du mit raus, oder wartest du hier?«
Benny grinste. »Bisschen frische Luft schadet bestimmt nicht«, meinte er und genoss die Blicke seiner Kumpels, als wir den Spielsalon verließen. Er war in meinem Alter, vielleicht ein bisschen jünger, allerdings legte er eine Körperspannung an den Tag, die an einen Greis erinnerte. Nach vorn hängende Schultern, lasch baumelnde Arme und ein schlurfender, unentschlossener Gang. Ein paar Minuten neben ihm, und ich fühlte mich wie vergorene Milch. Ich war ein bisschen enttäuscht von Walli. Ich hätte ihr einen strammeren Geschmack zugetraut. Vielleicht waren wir uns doch nicht ähnlich.
»Hab mal ’ne Freundin gehabt«, erzählte Benny ungefragt, »die hat auch super Billard gespielt. Da musst’n Auge dafür haben.«
»Hm«, machte ich. »Und wo ist sie jetzt, die Freundin?«
»Weg«, sagte Benny.
»Tut mir leid«, sagte ich und wagte kaum zu hoffen, dass wir über Walli sprechen würden.
»Macht nichts«, sagte er. »Weg ist normal bei mir.«
»Wie meinst denn das?«
Er blieb stehen. Leicht schwankend. »Bei mir geht immer alles weg, das ist normal. Autos, Frauen, Jobs. Weg.«
»Na ja«, wiegelte ich ab. »Da wird’s dir nicht langweilig. Kommt ständig was Neues. Da täten sich andere zehn Finger danach abschlecken.«
Ein breites Grinsen überzog seine Züge. Wenn man den Teigüberschuss aus seinem Gesicht schneiden würde, käme bestimmt ein hübscher Kerl zum Vorschein.
»Das is super. Was Neues. Ja genau. So is das.«
»Eben«, nickte ich.
»Wo ist denn jetzt dein Hund?«, wollte er wissen.
»Kennst dich aus mit Hunden?«, wich ich aus.
»Klar.«
»Hast du auch einen?«
»Weg.«
»Logisch.«
»Alles weg bei mir. Immer. Das is so. Von Anfang an. Weg.«
»Ja, ja, so was gibt’s.« Ich schlug mir auf den Kopf. »Du, ist das ansteckend?«
»Wie? Ansteckend?«
»Ich hab ja ganz vergessen: Mein Hund ist weg. Ich hab den ja bei meiner Freundin gelassen.«
»Alles muss raus.«
»Nein, die soll ihm was beibringen. Das ist ne Hundetrainerin.«
»Da musst du mal in die Hundeschule, die lernen besser, wenn es viele sind«, stellte Benny fest.
»Ich wollte eh Hundesport machen. Agility oder so.«
Abrupt blieb er stehen. »Du, ich glaub, ich geh lieber wieder rein.«
»Aber wieso denn?«, rief ich wie eine Idiotin. Er konnte doch jetzt nicht die schwarze Kugel im falschen Loch versenken, wo ich sie mir so schön vorgelegt hatte!
»Ich glaub, du, äh, also von Frauen mit Hunden … nein danke, du.«
»Aber ich hab meinen Hund doch gar nicht da.«
»Egal. Du hast einen. Das reicht mir schon. Das pack ich nicht. Nix für unguat. Servus.« Er reichte mir seine Hand, schlaff und weich, und schwankte zurück zu seinen Kumpels.
75
Nachdem es die ganze Nacht hindurch geregnet hatte, roch die Luft an diesem strahlend schönen Mittwochmorgen wie frisch gewürzt. Felix war einer der ersten im Büro. Er hatte keinen frühen Termin, er hatte einfach nicht mehr schlafen können. Wie sich herausstellte, war auch Bert schon im Büro. »Hast du kurz Zeit?«, fragte der Kriminalkommissar und berichtete ein neues Detail zum Eisdielenfall. Mohamed, der eigentlich nichts gesehen haben wollte, weil er auf der Toilette gewesen sein wollte, erinnerte sich jetzt, weil er vielleicht doch nicht auf der Toilette war. Im Anschluss ließ Bert Felix wissen, dass sie im Keller der Vermieterin von Jensen eine Mappe gefunden hatten mit Beweismitteln gegen dessen Chef in Kiel. Offenbar hatte der Kontakte zur Russenmafia. Chefbauer hatte das umgehend ans BKA gemeldet. Von denen hatte Laura grünes Licht bekommen, Jensens Chef in Kiel zu vernehmen, allerdings nur zu der bayerischen Sache Jensen.
»Ach deswegen habt ihr die Frau Wolfram gestern hier gehabt. Und ich dachte, Laura und Johannes wären schon auf der Heimreise?«
»Ja, stell dir vor, ihr Aufenthalt an der See wurde vom Chefbauer persönlich verlängert. Das habe ich auch noch nie erlebt, wo er sonst immer so knausert.«
»Vielleicht haben wir ja für den Fall eine andere Kostenstelle, vielleicht zahlt diese Reise das BKA «, grinste Felix.
»Versteh einer die Psychologie von einem Ekahaka«, grinste Bert, fragte dann: »Alles klar, Felix?«
»Alles klar.« Felix klopfte Bert auf die Schulter, wartete ungeduldig,
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