Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul

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zusammen.«
    »Wieso wurde die Jagd nicht abgeblasen, wenn der Leiter fehlte?«, fragte Johannes.
    Claudia schmunzelte. »Geblasen wird nicht mehr. Von wegen Waidmannsromantik. Heutzutage verständigen sich die Jäger mit ihren Handys, weil das Wild ja auch nicht auf der Brennsuppn dahergeschwommen ist, wie man in Bayern sagt.«
    »Ich bin von hier.«
    Claudia ignorierte den Einwurf. »Wenn der Jäger in sein Horn bläst, bleibt das Wild zu Hause und stellt sich tot. Um deine Frage zu beantworten: Ein anderer Jäger hat wohl die Leitung übernommen. Es gab dann allerdings eine Verzögerung im Zeitplan. Meiner Meinung nach sollte man hier noch mal nachforschen.«
    Johannes deutete auf den Papierstapel vor sich. »Äh, darf ich?«
    Claudia zog eine Schublade auf und reichte ihm einen Zettel.
    Johannes notierte etwas, ließ seinen Kugelschreiber sinken: »Der Zeitpunkt dieser Drückjagd war also langfristig bekannt?«
    Claudia nickte. »Eine solche Veranstaltung muss immer angemeldet sein.«
    »Es sollte wie ein Jagdunfall aussehen.«
    »Das liegt nahe. Allzu große Mühe hat der Täter sich allerdings nicht gegeben. Da wäre mehr drin gewesen, auch wenn die Schusshöhe auf den ersten Blick stimmt. Wir wissen nicht mit Sicherheit, von wo der Täter geschossen hat, weil wir nicht wissen, wo genau das Opfer stand, wenn es denn stand. Vielleicht hat der Mann sich auch gerade gebückt, vielleicht kniete er. Wir haben Gras- und Erdspuren in der Knieregion der Hose. Aber wann hat er gekniet? Als er erschossen wurde, was fast wie eine Hinrichtung anmuten würde? Oder zufällig, davor? Er hat nicht mehr lang gelebt, ein paar Atemzüge bloß, wie du ja selbst schon anhand des schaumigen Blutes beschrieben hast. Das steht auch im Gutachten von der Rechtsmedizin. Wahrscheinlich ist er noch zwei, drei Schritte gestolpert, natürlich nach hinten, die Wucht des Geschosses war enorm. Dann ist er auf den Rücken gefallen und hat sich«, Claudia räusperte sich, »in einer Art Schutzreflex zusammengerollt.« Sie räusperte sich erneut. »Ich mag das ja gar nicht, wenn sie so daliegen in Embryohaltung.«
    »Äh, wieso?«, fragte Johannes.
    Sie ignorierte seine Frage. »Wir haben Hunderte von Bäumen untersucht, und die sportlichen Kollegen von der BePo sind zum Teil sogar hochgeklettert. Wir haben ein Dutzend Bäume mit Spuren gefunden, abgebrochene Äste, Schab- und Schleifspuren an der Rinde, zertretenes Geäst am Stamm. Aber ob das der Täter war? In der Nähe gibt es zu allem Übel auch noch einen Waldkindergarten. An den Bäumen können wir natürlich keine Spuren sicherstellen. Aber wir haben selbstverständlich Rinde mitgenommen und versuchen DNA zu gewinnen. Die Spurenlage ist katastrophal.«
    Johannes räusperte sich. »In dem Moment, in dem eine dergestalt präparierte Munition aufprallt, zerlegt sie sich in ihre Einzelteile, deshalb auch der Riesenausschuss am Rücken des Opfers. Das bedeutet, man findet das Projektil nicht im Ganzen, sondern nur noch Trümmer, Fragmente. Das ist meistens zu wenig, um festzustellen, aus welcher Waffe geschossen wurde.«
    Claudia verkniff sich ein Grinsen ob des Eifers ihres jungen Kollegen. »Wir haben natürlich alle Waffen sichergestellt. Was glaubst du, wie die vom K7 gestöhnt haben, als wir mit achtundzwanzig Waffen ankamen.«
    »Bei zweiundzwanzig Jägern?«
    »Die restlichen sechs waren Leihgaben der Waffenfirma, die die Jagdgäste mal ausprobieren durften.«
    »Mit allen wurde geschossen?«
    »Mit fast allen.«
    Claudia schob Johannes eine graue Mappe zu. »Die Kollegen von der Spurensicherung schließen einen Unfall definitiv aus. Der Schuss in den Oberkörper spricht dafür, dass der Täter auf Nummer sicher gehen wollte. Er ist bestimmt ein guter Schütze, und er wird sich mit Waffen auskennen …«
    »Also doch ein Jäger?«
    »Und es war ihm daran gelegen, sein Opfer zu töten, was wir an der Munition ablesen können. Doch er hat sich nicht getraut, in den Kopf zu schießen. Vielleicht war er dafür zu unsicher, oder er hat uns für blöd gehalten und damit gerechnet, wir würden an einen Jagdunfall glauben. Aber bei einem Jagdunfall wäre ein Kopfschuss komplett unglaubwürdig, rein von der Höhe her. So groß ist keine Sau, außer du hast einen Abpraller.«
    »Und die Hülse haben wir auch nicht, nehme ich an?«
    »Wir haben ein Dutzend Bäume im Angebot, die sind zum Teil massiv eingewachsen, und du weißt ja selbst, wie weit eine Hülse fliegen kann, und sie ruft nicht Hier! ,