Sonst kommt dich der Jäger holen
nie.«
»Kann ja noch werden«, erwiderte Felix locker, zückte seinen Dienstausweis und hielt ihn vor der gläsernen Eingangstür in die Luft. Ein Summer ertönte.
»Grüß Gott«, sagte eine blonde, mollige Frau, an deren Ohren versilberte Pistölchen baumelten.
»Wir sind angemeldet. Herr Happach erwartet uns.«
Nun zog auch Johannes seinen Ausweis hervor, doch die Empfangsdame ignorierte ihn gänzlich.
Sie mussten keine zwei Minuten warten, da holte Direktor Happach sie am Empfang ab. Er war Mitte vierzig, untersetzt, hatte einen Schnauzer und trug die gleiche Kleidung, wie sie im Eingangsbereich an Schaufensterpuppen ausgestellt war. Jagdmode in Tarnfarben: schlammfarbene Hose, braun kariertes Hemd, Wildlederweste.
Schon auf dem Weg zu seinem Büro wandte sich der Direktor an Felix. »Ich dachte eigentlich, wir hätten bei unserem Gespräch am Montag alles geklärt?«
»Es gibt neue Erkenntnisse. Deshalb möchten wir noch einmal mit Ihnen über Ihren verstorbenen Abteilungsleiter Gerd Jensen sprechen.«
Im Büro des Direktors nahm Felix ungebeten Platz auf einem Zweisitzersofa in einer Ecke des Raumes, während Johannes die Geweihe bestaunte, die eine komplette Wandseite gegenüber der Fensterfront bedeckten.
Mit einem »Meine Herren«, nahm Direktor Happach hinter seinem Schreibtisch Platz. Felix schaute Johannes an. Es dauerte eine Weile, bis der begriff und sich vor den Schreibtisch setzte.
»Was für neue Erkenntnisse konnten Sie gewinnen, und inwieweit kann ich weiterhelfen?«, wandte sich der Direktor an Felix.
»Was glauben Sie denn?«, fragte der zurück.
Happachs Gesicht rötete sich leicht. »Ich möchte Sie erneut dringend um Diskretion bitten. Es befleckt den guten Ruf unserer Firma, wenn wir mit einem Jagdunfall in Verbindung gebracht werden. Das geht ganz und gar nicht. Gerade jetzt, wo wir mit der jagdlichen Sparte der Firma Bittermann & Sohn fusioniert haben. Da schauen doch alle auf uns.«
»Diese Fusion hat vor einem halben Jahr stattgefunden?«
»Vor acht Monaten, um genau zu sein.«
»Das bedeutet, dass Sie jetzt mit einem Ihrer größten Konkurrenten an einem Strang ziehen, mit dem Sie sich gleichzeitig einen hart umkämpften Markt teilen.«
»In dieser hochsensiblen Situation ist es absolut erforderlich, dass ausschließlich Erfolgsmeldungen nach außen dringen. Wir können uns keinen Jagdunfall leisten!«, ereiferte sich der Direktor.
»Aber es war doch gar kein Unfall!«, entfuhr es Johannes.
»Wir im Haus hier wissen natürlich, dass unser geschätzter Mitarbeiter Gerd Jensen einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel«, führte Direktor Happach aus. »Doch die Leute draußen erinnern sich nicht an solche Details. Die lesen in der Zeitung Jagdfirma, Jagdwaffe, toter Jäger . Das setzt sich fest in den Köpfen der Leute. Unbewusst. Das wissen die gar nicht, und es ist trotzdem drin und kann sich bei einer Kaufentscheidung zu unserem Nachteil auswirken. Natürlich stirbt mal ein Mitarbeiter. An Krebs oder einem Herzinfarkt. Aber bitte schön doch nicht durch eine Waffe! Das ist ein No-Go in einer Waffenschmiede, verstehen Sie das denn nicht?«
»Gewiss«, sagte Felix.
»Unsere Jäger halten sich an die Regeln der Berufsgenossenschaft. Jagdunfälle passieren immer dann, wenn jemand fahrlässig handelt. Bei dieser Jagd, Herr Kriminalhauptkommissar, es gab im Übrigen keinerlei Beanstandungen, waren zweiundzwanzig langjährige Jäger anwesend. Alles erfahrene und besonnene Männer.«
»Und vier Frauen.«
»Ja, auch sie sehr erfahren. Ausnahmslos Ehefrauen.«
Felix blickte starr zu Boden.
Der Direktor hob die Hände wie ein Priester beim Segen. »Leider hört man immer wieder einmal – aus anderen Revieren, das betone ich – von Jägern, die ihre Waffe nicht entladen, wenn sie den Hochsitz verlassen. Es könnte ja sein, dass ihnen auf dem Weg zum Auto eine Sau begegnet – ich bitte Sie, das ist doch menschlich.«
Felix hob den Blick. »Absolut.«
»Aber bei uns kommt das nicht vor, nicht in unserem Kreis, nicht im Hegering.«
»Herr Happach, ich verstehe Ihre Sorge um das Image Ihres Unternehmens, aber wir wollen die Kirche im Dorf lassen. Wir sprechen hier nicht über einen Jagdunfall. Mein Kollege und ich sind bei Ihnen, weil das K1 Ermittlungen in einem Tötungsdelikt aufgenommen hat.«
Herr Happach verdrehte die Augen. »Hören Sie mir denn nicht zu?«
»Ich höre sehr genau zu.«
»Nichts anderes habe ich gesagt. Es geht um die Außenwirkung!«
»Mir geht es
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