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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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ich mir wegen der gemeinsam verbrachten Zeit ähnlich schau, ging es mir durch den Kopf. Ob ich das überhaupt jemals hinkrieg? Es dauert eine Weile, bis die Isar ihre Kiesel geschliffen hat. Und wenn ich so weitermachte, würde ich eher Flipper ähnlicher.
    »Ich wollt nur den Hallodri heimbringen«, sagte Franz Brandl, »ich hab noch einen Termin, um sieben bin ich wieder da.«
    Er beugte sich zu seiner Frau und gab ihr einen Kuss. Sehr langsam machte er das, und seine Lippen verharrten eine Weile auf ihrer Wange. Einen Kuss, als würde er ihr etwas anvertrauen, das sie für ihn aufbewahren sollte, bis er wieder heimkam. Was der Kommissar wohl gerade machte?

26
    »Das ist Schlamperei, Claudia!«, rief Felix ins Telefon. »Ja, ich weiß, dass du umziehst, und da hat man den Kopf voll. Aber ein Hund, der bei einem Unfall dabei war, ist nicht automatisch bei dem Unfall gestorben, auch wenn du Hunde nicht ausstehen kannst und dir dein Knie wehtut. Der Hund war nicht tot, der hat noch gelebt. Ein Doktor in Weilheim hat ihn zusammengeflickt, und er ist erst vor ein paar Wochen erschossen worden, wie der Bert erfahren hat. Und wenn du … Claudia? Claudia!«
    Felix knallte den Hörer auf die Gabel. Johannes, der vor seinem Schreibtisch saß, zuckte zusammen.
    »Frau von Dobbeler hat das Gespräch beendet«, erklärte Felix.
    »Sie hat ja auch Urlaub«, sagte Johannes.
    »Aber vorher hat sie keinen gehabt. Ich verlass mich doch nicht drauf, wenn mir irgendeiner von der freiwilligen Feuerwehr zwischen Tür und Angel erzählt, dass der Hund praktisch bloß noch Matsch war. Da frage ich doch mal nach. Und wenn ich das mache, dann erfahre ich, o Wunder, dass der Matsch eben doch noch gelebt hat und der Brandl Franz den Hund höchstpersönlich in die Tierklinik gefahren hat, wo sie ihn wieder hochgepäppelt haben, den Matsch.«
    »Äh, aber ist das denn so wichtig, ob und wann der Hund gestorben ist?«
    Felix hob die Hände zum Himmel. »Jetzt haben wir endlich einen Grund, warum dieser verstockte Brandl was gegen den Jensen gehabt haben könnte. Der hat dem den Hund erschossen.«
    »Wie?«
    »Wer mir den Hund erschießt«, sagte Felix und sah ganz anders aus, als Hauptkommissar Tixel für gewöhnlich aussah, »den mach ich kalt, den mach ich fertig, den mach ich alle. Da kenn ich nix.«
    »Äh, Felix?«
    »O-Ton, Johannes.«
    »Aber nicht vom Brandl? Oder hast du noch mal mit dem geredet?«
    »Nein, nicht vom Brandl. Von einem Polizeihundeführer.«
    »Tatsache?«
    »Ja. War ein Freund von mir. Und ich hab ihn verstanden.«
    »Aber wir haben doch keine Beweise dafür, dass der Jensen den Hund erschossen hat? Liegt da eine Anzeige vor? Woher weiß der Bert das?«
    »Es wurde nichts angezeigt. Aber in mir drin zeigt was an«, erwiderte Felix und wies auf seine Brust. »Woher kommt diese abgrundtiefe Genugtuung von dem Brandl, die er kein bisschen verbirgt? Der fühlt sich im Recht. Für den ist die Welt jetzt wenigstens ein kleines bisschen wieder im Lot. Du hast ihn selbst gesehen. Der macht doch den Eindruck eines Mannes, der Wiedergutmachung erfahren hat durch den Tod von Jensen, so wie er sich überhaupt nicht anstrengt, Mitgefühl zu heucheln.«
    »Ein Hund ist ein Hund, ich meine, ein Hund ist ein Tier. Das kann man nicht vergleichen.«
    »Ach nein? Kann man nicht?«
    »Nein, weil Hunde ja zum Beispiel nicht denken können.«
    »Ach, sie können nicht denken?«
    »Also, nur wenig?«, fragte Johannes unsicher.
    »Wenn du einen Säugling und einen Hund in manchen Bereichen vergleichst, dann ist der Hund vernünftiger.«
    »Ja, das mag schon sein, aber der Mensch entwickelt sich weiter. Er spricht, er fasst logische Schlüsse, er erinnert sich – er hat ein … Selbstbewusstsein, ich glaube, so lautet die Definition, also er ist sich seiner selbst bewusst.«
    »Und deshalb ist er mehr wert, der Mensch, als das Tier?«
    Johannes klickte an einem Kugelschreiber herum.
    »Auch Affen haben ein Ich-Bewusstsein, das ist erforscht, Johannes. Und es wird Ihnen trotzdem bei lebendigem Leib das Gehirn herausgelöffelt. Eine Delikatesse. Die Frage ist nicht, ob Tiere denken können oder sprechen. Sondern ob sie fühlen und, ja, leiden können.«
    »Du hast gestern eine Leberkässemmel gegessen!«, hielt Johannes dagegen.
    »Leberkäs ist ja kein Fleisch in dem Sinn«, sagte Felix. »Und das Beste an dem Leberkäs ist sowieso der Senf. Aber du hast schon recht. Genau das ist das Problem. Ich bin nicht konsequent. Doch ich weiß, wie

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