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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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ich mir die Welt wünschen würde. Und ich weiß, dass Hunde eine Seele haben.«
    »Deshalb verstehst du dich so gut mit der Frau Fischer ihrem Hund.«
    »Besser als mit seiner Chefin«, grinste Felix und wollte wissen: »Hast du einen Termin mit ihr vereinbart?«
    »Sie hat noch nicht zurückgerufen.«
    »Das wird sie wohl auch nicht. Ruf sie noch mal an. Nein, schick eine Vorladung raus. Die Dame braucht eine Deluxe-Einladung.«
    »Aber, Felix, wenn der Jensen den Hund von dem Brandl erschossen hat …«
    »Den Hund von seiner toten Tochter, Johannes. Das ist noch mal was anderes. Und viel schlimmer. Das ist so schlimm, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst.«

27
    »Für meinen Mann war das so schlimm, das kann man sich gar nicht vorstellen«, sagte Frau Brandl zu mir, und ihre Augen schimmerten feucht. »Wie der Hund tot war, da ist ihm das Mädel zum zweiten Mal gestorben. Das mit der Walli und meinem Mann, das war von Anfang an eine ganz spezielle Geschichte. Die Walli war ein Säugling, da hat der Franz sie schon immer mit sich rumgetragen. Im Sommer hat er sie sich vorn in die Jacke reingesteckt und ist mit ihr am Hochsitz gesessen die halbe Nacht. Und wie sie dann größer geworden ist, hat er sie überall mit hingenommen. Ein Herz und eine Seele, das haben alle gesagt. Sie schauen sich ja auch gleich wie fotokopiert. Da wenn ich Ihnen jetzt Babyfotos von meinem Mann zeig, dann wissen Sie nicht, ob das die Walli ist. Wie sie dann größer geworden ist, hat es schon nachgelassen, weil sie nicht mehr mit auf die Jagd wollte, und sie hat viel lernen müssen am Gymnasium. Aber die Papatochter, die ist sie immer geblieben.«
    »Und wie war das für Sie?«
    »Ich hab mich dran gewöhnt. Das waren immer die zwei und ich. Egal, worum es ging. Ich wollte im Urlaub ans Meer, die zwei in die Berge. Ich wollt ein kleineres Auto, die zwei einen Kombi. Ich wollte im Fernsehen einen Krimi sehen, den Naturfilm haben wir angeschaut. Zwei gegen eine. Das war so. Da habe ich mich doch nicht aufgeregt. Wie sie dann in die Pubertät gekommen ist, das war nicht leicht, weil die haben ja beide so einen Sturkopf. Was glauben Sie, dass bei uns die Fetzen geflogen sind. Da war der Franz auch eifersüchtig auf die Buben, die mit seinem Augenstern ins Kino wollten und zum Tanzen. Ich war heilfroh, wie das durch war, was natürlich auch an ihrem ersten Freund gelegen hat, den wir ja von klein auf kennen, der war wie ein Sohn für uns. Wie die Walli dann studiert hat, ist sie jedes Wochenende heimgekommen. Ich glaub, mehr zu ihrem Bapa als zu mir.«
    »Sie erzählen das so, als hätte es Ihnen nichts ausgemacht«, sagte ich verwundert, eingedenk der vielen verletzten Töchterseelen, die sich durch erbarmungslose Workouts beweisen wollten, dass sie die Mütter, die sie nie hatten, auch nicht brauchten, und wenn etwas zählte, dann höchstens Kalorien.
    Frau Brandl lächelte. »Nein, ich war nicht eifersüchtig. Da sind Sie vielleicht noch ein bisschen zu jung, Franza, um das zu verstehen. Glücklich haben die zwei mich gemacht. Meine zwei! Wenn ich sie nebeneinander stehen hab sehen, beide in der gleichen Körperhaltung, da ist mir doch das Herz aufgegangen! Wenn die Walli heimgekommen ist und hallo Mutsch , so hat sie mich genannt, gerufen hat und durchs Haus gerannt ist, immer schnurstracks zum Kühlschrank. Freilich ist da jedes Mal was Spezielles für sie dringestanden. Das muss doch so sein, wenn das Kind heimkommt. Das ist doch bei Ihnen bestimmt genauso, wenn Sie Ihre Eltern besuchen?«
    »Ich bin bei meiner Oma aufgewachsen.«
    »Ich auch«, sagte Frau Brandl. »Da hat sich nichts gefehlt.«
    »Und wie die Walli verunglückt ist, haben Sie und Ihr Mann ihren Hund aufgenommen?«
    »Die Laika war ja so schwer verletzt, dass man geglaubt hat, das wird nichts mehr. Aber mein Mann hat gesagt, sie sollen alles versuchen. Und wie sie über den Berg war, hat sie sich überraschend schnell erholt. Das hätte keiner für möglich gehalten. Ja, wie soll ich sagen: So ist dann die Laika an die Stelle von der Walli gerückt. Und ich war froh darüber – weil er eben nicht redet, mein Mann. Der frisst doch alles in sich rein. Und drum war ich ja so froh um die Laika. Mit der hat er geredet, und ich glaub, wenn die im Wald waren miteinander, dann hat er ihr vielleicht sogar mal sein Herz ausgeschüttet. Bei Hunden brauchen Sie nicht viele Worte, die nehmen Sie als Ganzes und wissen oft mehr über einen als wie man selbst. Das Herz

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